Passable Aussichten für die Bürowirtschaft
(Frankfurt) - Das Jahr 2000 schnitt besser als erwartet ab - für die Gesamt-wirtschaft, wie für die Bürowirtschaft. Der Umsatz der traditionellen Sortimente konnte weitgehend gehalten werden. Für Hardware, Software und Verbrauchsmaterial der IT-Branche betrug der Zuwachs mehr als 10%, berichtete der Bundesverband Bürowirtschaft (BBW), Köln, auf seiner Jahrespressekonferenz am 30. Januar 2001 in Frankfurt.
Der wichtigste Markt für Papier, Bürobedarf und Schreibwaren erreichte wieder knapp 18 Mrd. DM. Die Umsätze mit privaten Endkunden liefen besser als mit gewerblichen Endkunden. Und das, obwohl die Zahl der Einschulungen mit -1,7% auf 821 900 weiter rückläufig ist. Doch im Schnitt werden heute 240 DM pro Schüler und Jahr für Schreib- und Zeichenstifte, Hefte, Taschenrechner, Ranzen und Füllfederhalter ausgegeben: 20 DM mehr als noch vor drei Jahren. Vor allem Trendprodukte und ein zunehmendes Mar-kenbewusstsein sorgen für diesen Mehrumsatz.
Die Bürobedarfs- und Schreibgeräteindustrie meldet ein Umsatzplus von 3,5%, getragen von der guten Auslandsnachfrage. Der Inlandsumsatz der traditionellen Sortimente ist jedoch erwartungsgemäß leicht gesunken. Bei gewerblichem Bürobedarf fand ein Ersatz klassischer Sortimenten durch neue Produkte statt, beispielsweise elektronische Organizer und Premium-Handys statt Kalender und Adressbücher, EDV-Archivierung statt Registratur und Ordner. Soweit der Fachhandel alle diese Sortimente kompetent führt, waren es lediglich Umsatzverlagerungen. Wer die technologischen Inno-vationen nicht ausreichend einbezieht, hat zu kämpfen.
Wichtigste Bestimmungsgröße für die Branchenentwicklung ist das Wirtschaftswachstum. Ein um etwa 3% höheres Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2000 führte zu einer Steigerung der Erwerbstätigen von 1,5%, getragen vor allem von den Sektoren Dienstleistungen (+2,3% per 9/00) und produzierendes Gewerbe. Gerade im Dienstleistungsbereich ist der Anteil der Büroarbeitsplätze besonders hoch. Davon profitiert die Branche. Allerdings konnten die stark gestiegenen Preise für Rohstoffe und Energie nicht voll über Preiserhöhungen weitergegeben werden. Ein insgesamt stagnierender Markt, Verdrängungswettbewerb und die zunehmende Orientierung am Preis durch gewerbliche Endkunden sind hierfür die Ursache. Im Web-Handel mit privaten Endkunden spielen Papier- und Bürobedarf sowie Schreibwaren heute noch keine Rolle. Für gewerbliche Endkunden ist es jedoch ein explodierender Bestellweg. Seit bald zwei Jahren sind Web-Shops im Einsatz, vor allem auf der Basis von Angeboten der Genossenschaften Büroring und Branion sowie des Großhandels. Einzelne Händler machen heute schon mehr als 25% ihres Umsatzes über das Internet, mit stark steigender Tendenz. Hier können kundenspezifische Sortimente und Preise eingestellt werden, eine Zuordnung zu Kostenstellen des Kunden und die Hinterlegung von logistischen Anforderungen sind ebenfalls meist möglich. Und das nicht nur für Bürobedarf, sondern für Verbrauchsprodukte des Büros insgesamt, also auch EDV-Zubehör, Kaffee und Filter, Reinigungspapier und Hygieneprodukte sowie Kleinmöbel und Accessiores.
E-Procurement fordert den Handel heraus
Nicht die Geschäftsbeziehung Business-to-Consumer (B2C), sondern vielmehr die des Business-to-Business (B2B) dominiert das Branchengeschehen im Netz. Und das unter dem noch vielfach unbekannten Schlagwort "E-Procurement", der elektronischen Beschaffung von sogenannten C-Artikeln - Produkte, die nicht un-mittelbar in die Produktion einfließen. Bürobedarf steht hier an erster Stelle. Slogans wie "Ein Ordner kostet oft mehr als hundert Mark" sorgen für Aufregung, ja Aufruhr und zeugen davon, wie bürokratisch und ineffizient Beschaffung heute zuweilen noch organisiert wird. Die Beschaffungskosten setzen sich aus den Produktkosten und den Prozesskosten zusammen, erläutert Armin Schröter, Vorsitzender des Bundesverbandes Bürowirtschaft auf der Pressekonferenz, bei der Reduzierung der Prozesskosten können wir als Fachhändler unseren Kunden die größeren Einsparpotentiale erschließen. Das setzt allerdings umfassende EDV-Kompetenz in den Handelsunternehmen voraus, um durchgängige, elektronische Beschaffungsprozesse zu ermöglichen.
Die BBW-Arbeitsgemeinschaft forum bürowirtschaft widmet ihre 25. Arbeitstagung am 26./27. April 2001 in Köln dieser Herausforderung, insbesondere, wie sich Handelsunternehmen in die meist heterogenen und komplexen elektronischen Beschaffungsprozesse einbringen können. Die elektronische Vernetzung wird auch innerhalb der Branche zunehmend praktiziert, auf der Basis von Datenformaten wie EANCOM und neuerdings auch BMEcat. Maßgeblich dafür ist das Bestellsystem PBS easy mit 42 namhaften Lieferanten und über 1.000 meist größeren Händlern, aus denen ca. 12.000 Kunden-Lieferanten-Beziehungen entstehen. Der größte Datenpool der Branche umfasst 40.000 Einzelartikel überwiegend mit beschreibenden Artikeltexten und Bildern. Die Datenversorgung bieten die herstellerorientierte PBS Network GmbH mit PBS easy und seit vergangenem Jahr auch die PBS update GmbH des Großhandels an.
Büroeinrichtung im dritten Jahr mit Wachstum
Vom E-Procurement noch kaum berührt ist die Branche der Büroeinrichtung. Mit ca. 8 Mrd. DM Inlandsumsatz im Jahr 2000, zwischen 5% und 6% mehr als im Vorjahr, ist die Branche seit drei Jahren wieder auf Wachstumskurs. Es ist Bewegung in den Markt der Büroimmobilien gekommen, als wichtigster Faktor sind hier die Folgeaktivitäten durch den Regierungs- und Parlamentsumzug nach Berlin auszumachen, ergänzt durch die Impulse der alle zwei Jahre in Köln stattfindenden, internationalen Fach-messe ORGATEC. Weniger Bedeutung haben die Umrüstungen von Büroarbeitsplätzen in Folge der nun ausnahmslos anzuwendenden Bildschirmarbeits-Verordnung, obwohl noch immer jeder vierte Arbeitsplatz den gesetzlichen Standards nicht entspricht.
Bürofachhandel wächst mit IT
Etwa 90 Mrd. DM der IT-Umsatzes betrifft die Bürowirtschaft. Nach dem Milllenniumsboom des Jahres 1999 war im vergangenen Jahr mit einer Abflachung der Wachstumskurve gerechnet worden. Im Bereich der Hardware war sie deutlicher als bei Software und Services, wo die Branche nach Schätzungen des BBW mehr als 10% zulegen konnte. Etwa 10% der Umsätze werden den bürowirtschaftlich orientierten Fachbetrieben zugeordnet, 35% dem Direktvertrieb, 50% Systemhäusern und anderen IT-Spezialisten.
Zufrieden sind auch die auf Bürotechnik ausgerichteten Unternehmen, denn der Trend zu digitalen und in Netzwerke integrierbaren Kopieren, zu digitalen Laserprintern und inzwischen meist farbfähigen Tintenstrahldruckern sorgen ebenso für eine lebhafte Nachfrage wie die Präsentationstechnik, insbesondere Beamer. Dabei verlagert sich das Output-Volumen eindeutig von Kopieren zu Druckern, was einen erheblichen Preisdruck im Kopierergeschäft verursacht. Nicht zu vergessen ist übrigens und dies betrifft die gesamte Periode 2000/2001 die Zusatznachfrage durch die Euroumstellung bei Kassensystemen und Frankiermaschinen.
Service ist Trumpf im Fachhandel
Als Vertriebsweg für Büroprodukte ist der Bürofachhandel unverändert dominierend, wie kürzlich eine Studie des BBE Unternehmensberatung bestätigte. Die Marktanteile der Fachmärkte und Fachversender wachsen langsam, signalisieren aber eine Veränderung im Verbraucherverhalten. Die Bedeutung von reinen Internet-Anbietern, hier sind vor allem die Plattformen einiger Banken frühzeitig in die Öffentlichkeit getreten, ist vom Marktanteil noch nicht messbar.
Die aktuellste Veränderung in der Branchenstruktur ist die Kooperation der Handelsverbundgruppen Büroring und Prisma. Der Büroring hat seine Schwerpunkte bei gewerblich orientierten Fachhändlern. Bei Prisma hingegen sind Ladengeschäfte organisiert, Kunden des Großhandels, der auch das Kapital an dieser Gruppe hält. Die unterschiedlichen Ausrichtungen ergänzen sich gut, Synergien bei der Warenbeschaffung wie bei Zentralregulierung und Mitgliederservice werden mittelfristig zu mehr Wirtschaftlichkeit führen. Neben Branion, dem Verbund der Genossenschaften Soennecken und Büro Aktuell ist hier nun eine zweite namhafte Gruppe entstanden.
Aussichten für das Jahr 2001
Die Wirtschaftsforscher prognostizieren ein Wachstum zwischen 2% und 3%. Die Umsatzerwartungen der Branchenindustrie liegen leict darüber - eine weiterhin kräftige Auslandsnachfrage voraussetzend. Darin enthalten sind allerdings auch die erst im Jahr 2001 voll wirksamen Preissteigerungen aus den erhöhten Rohstoff- und Energiepreisen. Der IT-Bereich rechnet mit einer Belebung durch die Währungsumstellung auf den Euro, lediglich die Büroeinrichter müssen sich auf die Tatsache einer sich abflauenden Baukonjunktur einrichten, werden das erreichte Umsatzniveau aber aller Voraussicht nach halten können.
Dämpfer bekommt diese Prognose durch zahlreiche unternehmensfeindliche Gesetzesänderungen und vorhaben: Beispielsweise die an der technischen Nutzungsdauer orientierten Abschreibungsfristen, die weit über die betriebswirtschaftliche Nutzungsdauer hinausgehen. Welche Konsequenzen die Ab-schaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung haben, an deren Stelle nun teilweise Regelungen der Kartellrechts und des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) treten, ist noch völlig unklar und bedarf teilweise der Interpretation durch die Gerichte. Das Teilzeitarbeitsgesetz und das verschärfte Betriebsverfassungsgesetz bürokratisieren die Unternehmen zunehmend. Und beim Gewährleistungsrecht, wo die Bundesregierung mit drei Jahren statt bisher sechs Monaten noch weit über die EU-Richtlinie mit zwei Jahren hinausgeht, empört den Handel das unterschiedliche Recht für Hersteller und Handel: Hersteller sollen die Gewährleistungen durch AGB einseitig auf ein Jahr reduzieren können, der Handel nur auf zwei Jahre. Und das, obwohl Ursachen für Mängel fast ausschließlich vom Produzenten ausgeht. Deshalb fordert der Bundesverband Deutscher Handelsverbände (BDH), dem über den Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) auch der BBW angehört, eine allgemeingültige, unabdingbare Gewährleistung für alle Wirtschaftsstufen von zwei Jahren.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Bürowirtschaft e.V. (BBW)
Frangenheimstrasse 6
50931 Köln
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