Parodontale Erkrankungen nehmen deutlich zu / Betroffen sind vor allem Erwachsene und Senioren
(Marburg) - Mehr als die Hälfte der 35- bis 44-Jährigen leiden in Deutschland bereits an einer mittelschweren Form der Parodontitis und 20 Prozent sogar an einer schweren Form der Erkrankung. Dies zeigen die Ergebnisse der Vierten Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS IV), die das Institut der Deutschen Zahnärzte im Auftrag der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) durchgeführt hat. Bei den Senioren sind die Ergebnisse noch drastischer: 48 Prozent der 65- bis 74-Jährigen sind von einer mittelschweren und fast 40 Prozent von einer schweren Ausprägung der Entzündung des Zahnhalteapparates betroffen. Das heißt, etwa zwölf Millionen Bundesbürger leiden aktuell an einer schweren Form von Parodontitis! Die Gefahr: Eine Parodontitis kann zu einem Rückgang von Zahnfleisch und Kieferknochen führen. Bleibt die Entzündung unbehandelt, kann es zur Lockerung von Zähnen und im schlimmsten Fall zum Zahnverlust kommen. Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen zudem, dass eine Parodontitis Auswirkungen auf Allgemeinerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen oder Diabetes haben kann. In diesem Zusammenhang werden auch Einflüsse der Zahnbettentzündung auf Frühgeburten sowie ein geringes Geburtsgewicht diskutiert.
Der Anstieg parodontaler Erkrankungen ist paradoxerweise eine Konsequenz der verbesserten Mundgesundheit der Deutschen, die dank erfolgreicher Karies-Prävention und guter zahnärztlicher Versorgung in den vergangenen Jahren erreicht wurde. Aufgrund des Kariesrückgangs in allen Altersgruppen und durch konsequente Orientierung der zahnärztlichen Versorgung auf die Zahnerhaltung behalten Erwachsene und Senioren ihre eigenen Zähne immer länger. Die erhaltenen Zähne sind jedoch mit zunehmendem Alter wiederum einem höheren Parodontitis-Risiko ausgesetzt, so die Ergebnisse der Studie. Die vorliegenden Daten unterstreichen einmal mehr die Bedeutung der Prävention und einer früheren Erkennung der Parodontitis sowie einer zielgerichteten Therapie und Nachsorge, um den gegenwärtigen und zukünftigen demographischen Veränderungen mit ihren gewaltigen Umschichtungen im Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland gerecht zu werden. Gleichzeitig zeigen diese Daten exemplarisch die wachsende medizinische Bedeutung der Zahnmedizin für jeden Patienten, so die Bilanz von Professor Thomas Hoffmann, Leiter der Abteilung Parodontologie des Zentrums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Technischen Universität Dresden und Mitautor der DMS IV.
Eine Parodontitis wird hauptsächlich durch Bakterien im Zahnbelag (Plaque) verursacht. Ein besonderer Risikofaktor ist zudem das Rauchen. Raucher entwickeln häufiger Parodontitis und haben sehr viel schlechtere Heilungschancen. Mit einer sorgfältigen Zahn- und Mundhygiene zu Hause - inklusive der täglichen Reinigung der Zahnzwischenräume - und der Wahrnehmung der regelmäßigen zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen kann einer Parodontitis in jedem Alter wirkungsvoll vorgebeugt werden.
Abhängig vom individuellen Parodontitis-Risiko sind regelmäßige professionelle Zahnreinigungen notwendig, bei denen der Zahnarzt oder seine Prophylaxeassistentin alle bakteriellen Beläge von Zahnoberflächen entfernen.
Wird eine Parodontitis frühzeitig erkannt, ist in der Regel eine erfolgreiche Behandlung möglich. Mittels des Parodontalen Screening Indexes (PSI) kann der Zahnarzt die Entzündung schon in einem sehr frühen Stadium erkennen. Mit einer speziellen Sonde kann er Rauhigkeiten auf der Zahnoberfläche erfassen, die Blutungsneigung des Zahnfleischs feststellen und gegebenenfalls die Tiefe von Zahnfleischtaschen messen, erklärt Professor Peter Eickholz, Direktor der Poliklinik für Parodontologie an der Universität Frankfurt/Main. In Deutschland ist die PSI-Erhebung eine Kassenleistung und kann einmal in zwei Jahren abgerechnet werden.
Die komplette Entfernung des bakteriellen Zahnbelags von den Zahn- und Wurzeloberflächen so-wie aus den Zahnfleischtaschen ist die Grundlage der Parodontitis-Behandlung. Sind entzündlich veränderte Zahnfleischtaschen auch nach regelmäßiger professioneller Zahnreinigung tiefer als drei Millimeter vorhanden, werden sie in der Regel unter örtlicher Betäubung, das heißt schmerzlos, gereinigt und behandelt. Zu einer schmerzarmen und schonenden Reinigung der Zahnfleischtaschen werden heutzutage Handinstrumente, Schall- und Ultraschall-Instrumente wie auch moderne Laser-Verfahren eingesetzt. Bei sehr weit fortgeschrittenen oder komplizierten Defekten kann eine operative Behandlung erforderlich werden.
Ein Parodontologe kann unter bestimmten Voraussetzungen einen zerstörten Zahnhalteapparat wieder herstellen und den Knochenaufbau fördern (regenerative Parodontaltherapie).
In der Nachsorgephase sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen und weitere professionelle Zahnreinigungen abhängig vom individuellen Erkrankungsrisiko notwendig. Nur so kann die wie-derhergestellte Mundgesundheit dauerhaft gesichert werden.
Individuelle Tipps zur Vorbeugung und Informationen zur Parodontitis-Therapie geben der Zahn-arzt und sein Team.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Grünes Kreuz e.V.
Pressestelle
Schuhmarkt 4, 35037 Marburg
Telefon: (06421) 2930, Telefax: (06421) 22910