Parlamentsgruppe Schienenverkehr im Deutschen Bundestag / Özdemir: Schiene benötigt drei Milliarden Euro jährlich für Aus- und Neubau
(Berlin) - Bei der vom DVF ausgerichteten Veranstaltung der Parlamentsgruppe Schienenverkehr (PG Schiene) hat der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur und Vorsitzende der PG Schiene Cem Özdemir MdB eine langfristige Investitionsstrategie für das System Schiene und mehr Geld gefordert: "Wir haben uns für den Klimaschutz auf minus 42 Prozent CO2 bis 2030 verpflichtet und das geht nur mit einer starken Schiene als Rückgrat der Verkehrswende. Mit der aktuellen Netzkapazität ist das nicht zu schaffen. Das gehört zur Wahrheit dazu. Wir brauchen ein Schienennetz, das mit der Modernität und Leistungsstärke unser Volkswirtschaft Schritt halten kann. Allein für Aus- und Neubau benötigt die Schiene mittelfristig jährlich drei Milliarden Euro. Der Bund als Eigentümer muss hier mit Zielvorgaben steuern und eine langfristige Investitionsstrategie vorlegen."
Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen Bettina Hagedorn MdB sagte, dass der Bund bereits seit Jahren sehr viel Geld für die Eisenbahn bereitstelle: "Die Große Koalition hat seit 2013 die Bundesmittel, mit der die Investitionen und der Bestand der DB unterstützt werden, kontinuierlich massiv gesteigert. Auch im Finanzplan bis 2023 hat das Bundesministerium der Finanzen mit wachsenden Zuschüssen Vorsorge getroffen, denn eine moderne, klimafreundliche Bahn hilft uns, die Klimaziele zu erreichen, sorgt für innovative Mobilität und ist ein Beitrag zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Geld hat nicht gefehlt." Hingegen sei der Personalmangel eine große Investitionsbremse.
Sabine Leidig MdB, stellvertretende Vorsitzende der PG Schiene, sah das allerdings anders: "Wer nur auf die Schiene schaut und nicht alle Verkehrsträger in den Blick nimmt, setzt nicht die richtigen Prioritäten. Seit Jahrzehnten werden viel zu wenige Bundesmittel in Bahnausbau, Modernisierung und Deutschlandtakt investiert, während immer weitere Milliarden in neue Autobahnen fließen. Für mich hat die klimagerechte Verkehrswende höchste Priorität: Die steigenden Mauteinnahmen müssen von der Straße zur Schiene umverteilt werden, sonst bleiben die guten Vorschläge in den Haushaltsverhandlungen stecken."
Auch Dr. Peter Füglistaler, Direktor des Schweizerischen Bundesamts für Verkehr, sagte, dass Deutschland aus seiner Sicht zu wenig in sein Schienensystem investiere. Das deutsche Schienensystem sei heute auf dem Niveau der Schweiz in den 90er Jahren, bevor eine Volksabstimmung zu einem deutlichen Ausbau der Schiene führte. "Die Bereitstellung eines leistungsfähigen Schienennetzes ist eine zentrale Aufgabe des Staates, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu erhalten. Dazu ist der Erhalt des Bestandsnetzes und der Ausbau des Schienennetzes langfristig und nachhaltig zu finanzieren." Auch kritisierte Füglistaler, dass das europäische Zugleit- und Signalsystem ETCS zwar eine gute Idee sei, aber durch seine vielen Systemausprägungen in den jeweiligen Ländern schlecht umgesetzt werde. Er forderte deshalb einen einheitlichen ETCS-Standard, denn es gebe keine Alternative zu ETCS, damit Züge mit diesem System durch alle europäischen Länder fahren können.
Dass ETCS eine wichtige Technik auch für mehr Güterverkehr auf der Schiene sei, betonte Berit Börke, Vorstand Vertrieb TX Logistik AG. "Damit ein deutlicher Modal Shift Richtung Schiene gelingt, müssen zusätzliche Kapazitäten durch den gezielten und finanziell verbindlich gesicherten Ausbau des Netzes geschaffen werden. Eine schnellere Umsetzung des 740-m-Netzes ist zwingend erforderlich, und ausgewählte Strecken für 1.000-m- und 1.500-m-Züge müssen stärker in den Fokus und auf die Agenda rücken. Alles andere wäre kurzsichtig. Über ETCS und digitale Stellwerke wird die vorhandene Gleiskapazität besser ausgeschöpft werden können. Die Umstellung wird aber ohne bundesgeförderte Fahrzeugumrüstung nicht funktionieren."
Frank Sennhenn, Vorsitzender des Vorstandes DB Netz AG, sagte, dass die Bahn konsequent dafür Sorge trage, die Investitionsmittel des Bundes optimal einzusetzen. Voraussetzung dafür seien adäquate zeitliche Vorläufe. "Mit der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung LuFV haben Bund und Bahn mittlerweile ein Finanzierungsregime etabliert, das maßgeblich dazu beiträgt, die Investitionsmittel nicht nur bestmöglich einzusetzen, sondern auch vollständig abzurufen. Mit Blick auf die avisierten zusätzlichen Mittel im Rahmen der Verhandlungen zur LuFV III sind wir also gut gerüstet."
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