Papier-Tarifverhandlungen vertagt: Deutliche Interessensgegensätze
(Hannover) - IGBCE-Verhandlungsführer Frieder Weißenborn reagierte am Freitag (27.09.2024) ernüchtert auf den Verlauf der ersten Gesprächsrunde mit dem Verband „Die Papierindustrie“ (DPI) in Wiesbaden. „Wir liegen noch sehr weit auseinander, die Arbeitgeberseite muss sich deutlich bewegen, bis wir zu einem Ergebnis kommen können“, sagte er. Schon bei der ausführlichen und kontrovers geführten Wirtschaftsdebatte der beiden Verhandlungsparteien zeigte sich, dass man weit auseinanderliegt bei der Bewertung der aktuellen wirtschaftlichen Situation der Branche. „Die Arbeitgeber malen die Situation der Branche in schwärzesten Farben. Dabei ist dieses Bild falsch“, so Weißenborn.
Die IGBCE geht mit einem Forderungspaket aus drei Punkten in die Papier-Tarifrunde: Sie will für die 46.000 Beschäftigten der Branche eine Erhöhung der Entgelte um acht Prozent, jedoch mindestens 280 Euro mehr, einen Bonus in Zeit oder Geld exklusiv für IGBCE-Mitglieder sowie mehr Attraktivität für Schichtarbeit und andere Arbeitszeitmodelle erreichen. „Die Beschäftigten fordern eine Aufholjagd bei den Entgelten. Andernfalls droht sie am Arbeitsmarkt weiter an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren“, erklärte Weißenborn. Zudem entspräche die Forderung nach einem Bonus für IGBCE-Mitglieder dem Wunsch der Beschäftigten. „Dieser Punkt ist für uns von zentraler Bedeutung. Ohne einen Mitgliederbonus werden wir nicht zu einer Lösung kommen.“
Der Arbeitgeberverband DPI wies die Forderungen zurück, ein Entgeltplus von acht Prozent würde die Branche überfordern. Einen Mindestbetrag lehne man ebenso ab wie einen Bonus exklusiv für IGBCE-Mitglieder – dieser würde die Belegschaften spalten.
„Es handelt sich um eine ambitionierte Tarifforderung für die Branche, die aber beileibe keine Überforderung darstellt“, sagte dazu IGBCE-Verhandlungsführer Weißenborn. Das Bild der wirtschaftlichen Lage der Branche sei zwar durchwachsen, Produktion, Auftragseingänge, Kapazitätsauslastung und Produktivität in den Betrieben hätten sich allerdings erholt oder stabilisiert. So habe die Produktion im ersten Halbjahr 2024 laut Daten des DPI um 6,9 Prozent zugelegt.
„Die wirtschaftliche Lage der Branche ist differenziert zu betrachten“, so Weißenborn. „Die derzeitigen Entgeltkosten liegen in der Papierindustrie bei etwa zwölf Prozent der Gesamtkosten.“ Die Beschäftigten seien aus Kostensicht nicht das Problem. „Wir sind die Lösung“, erklärte der IGBCE-Verhandlungsführer. Allerdings fehle es in vielen Betrieben an Personal. „Die finden keine Leute mehr“, konstatierte er. Wer wie die Branche unter massivem Fachkräftemangel leide, müsse dringend etwas tun, um die eigene Attraktivität erhöhen – etwa höhere Entgelte, flexiblere Schichtsysteme, familienfreundlichere Arbeitszeitmodelle.
Die deutsche Papierindustrie mit ihren 46.000 Beschäftigten bundesweit ist Markführer in Europa und der zweitgrößte Exporteur weltweit.
Die Tarifverhandlungen für die Papierindustrie werden nun ab dem 8. Oktober in Langenhagen bei Hannover mit der zweiten Runde fortgesetzt.
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