Pandemie sorgt für drastischen Rückgang: Ausgaben deutscher Unternehmen für Geschäftsreisen 2020 auf historischem Tief / VDR-Geschäftsreiseanalyse: Reisetätigkeit der deutschen Wirtschaft schrumpft um mehr als 80 Prozent
(Frankfurt am Main) - Die COVID-19-Pandemie hat die Ausgaben deutscher Unternehmen und öffentlicher Institutionen für Geschäftsreisen im Jahr 2020 auf ein historisches Tief sinken lassen. Wie die aktuelle VDR-Geschäftsreiseanalyse belegt, reduzierten sich die Ausgaben im Vergleich zu 2019 um 81,7 Prozent und erreichten mit 10,1 Milliarden Euro den niedrigsten Stand seit Beginn der Datenerhebung vor 19 Jahren.
Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 32,7 Millionen Geschäftsreisen (- 83,3 Prozent) und 3,3 Millionen Geschäftsreisende (- 74,9 Prozent). Die heute in Frankfurt am Main vorgestellte VDR-Geschäftsreiseanalyse spiegelt das Reiseverhalten deutscher Unternehmen und Organisationen des öffentlichen Sektors im Jahr 2020 wider.
"Die Ergebnisse zeigen schmerzlich, mit welcher Wucht die COVID-19-Pandemie die Unternehmen und Anbieter aus der Geschäftsreisebranche getroffen hat. Die Analyse belegt zudem noch einmal, welche Bedeutung Geschäftsreisen für den Wirtschaftsstandort Deutschland besitzen. In den Jahren vor der Pandemie haben Firmen und ihre Geschäftsreisenden neben den Ausgaben für Transport und Beherbergung einen stetig steigenden Beitrag zur regionalen Wertschöpfung - etwa in Gastronomie, Einzelhandel, Dienstleistungssektor und Kultur geleistet. Diese Umsätze in direkt und indirekt profitierenden Branchen sind im Corona-Jahr fast komplett weggebrochen", sagte VDR-Vizepräsidentin Inge Pirner.
Deutlich weniger Geschäftsreisen und Reisende
Im Jahr 2020 stürzte die Anzahl der Geschäftsreisen nach dem Rekordwert des Jahres 2019 (195,4 Millionen) auf 32,7 Millionen - gleichbedeutend mit einem Minus von 83,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Etwa vier Fünftel der Umsätze, die Geschäftsreisende sonst vor allem im Gastgewerbe und Transportwesen generieren, brachen im Jahr 2020 weg. Besonders betroffen waren die deutschen Dienstleistenden, da das Gros der Geschäftsreisen schon immer im Inland stattgefunden hat; im Jahr 2020 waren es 83 Prozent (27,3 Millionen). Komplett auf Geschäftsreisen verzichtete nahezu jede dritte Firma aus dem Mittelstand (28,6 Prozent) und 24,2 Prozent der Organisationen im öffentlichen Sektor.
Tendenz zu längeren Reisen in den KMU
Waren die kleineren und mittelgroßen Unternehmen (KMU) bis 2019 tendenziell stets kürzer unterwegs - Tagesreisen machten in dieser Größenklasse zuletzt noch 70 Prozent aus -, haben die wenigen Reisen des Jahres 2020 eher länger gedauert. Die Durchschnittsdauer stieg dementsprechend an - nach der Devise "wenn schon unterwegs, dann länger". Auch die Kombination von dringend benötigten Geschäftsreisen dürfte sich darin wiederfinden. Ein umgekehrtes Bild ergab sich in größeren Firmen, die üblicherweise auch öfter in Übersee zu tun gehabt hätten.
Einbruch auch bei Übernachtungen
Im geschäftlichen Übernachtungsbereich zeigte sich 2020 abermals die Bedeutung der Mittelständler. Kamen im Vorjahr aus den größten Unternehmen etwa halb so viele Buchungen wie aus dem Mittelstand, so machten die Übernachtungen der KMU im ersten Pandemiejahr 2020 etwa drei Viertel der Gesamtübernachtungen aus. Überdurchschnittlich brachen die Zahlen aus dem öffentlichen Sektor (-78,3 Prozent) und aus den Firmen mit mehr als 500 Mitarbeitern (-81,6 Prozent) ein.
Schub für die Digitalisierung und neue Arbeitswelten
Im Mobilitätsmanagement kristallisieren sich zwei Bereiche heraus, die sicherlich auch helfen werden, eine nächste Pandemie noch besser zu bewältigen: 96 Prozent der Unternehmen sehen die - auch schon vor der Pandemie wichtige - digitale Prozessoptimierung gestärkt. 94 Prozent stimmen der Aussage zu, dass Hygienekonzepte auf Reisen weiterhin von Bedeutung sein werden. Die Digitalisierung erschafft neue Arbeitswelten: 84 Prozent der Geschäftsreiseverantwortlichen werden das Arbeiten von überall, also verstärkt auch aus dem Homeoffice, mit in ihre Planungen einbeziehen. 48 Prozent von ihnen werden auch mehr Beratung von Dienstleistern benötigen.
Nachhaltigkeit wird immer mehr zum Wettbewerbsfaktor
Über 90 Prozent der Travel Manager in Unternehmen und 97 Prozent im öffentlichen Sektor geben an, dass sich Nachhaltigkeit bei der Wahl von Leistungsträgern stark oder teilweise zu einem Wettbewerbsfaktor entwickeln wird. Den größten Sinneswandel hat es innerhalb eines Jahres im Mittelstand gegeben: Haben im Jahr 2020 noch 55 Prozent von ihnen diese Frage verneint, so sind es heute nur noch 9 Prozent. Wesentlich mehr Unternehmen in Deutschland als noch vor einem Jahr setzen sich aktiv für die Nachhaltigkeit im Geschäftsreisebereich ein. Besonders zu beobachten ist dieser Wandel bei den kleineren Unternehmen. Im Mittelstand planen oder setzen 73 Prozent der Firmen Maßnahmen für eine bessere CO2-Bilanz um, bei den größeren sind es 85 Prozent.
Videokonferenzen sind Alltag - Mehr innerdeutsche Bahnreisen
Nicht nur coronabedingt, sondern auch unter Nachhaltigkeitsaspekten sind Telefon-/Web- oder Videokonferenzen bei nahezu allen Unternehmen zum Alltag geworden. Die Anzahl von Geschäftsreisen wird aktuell oder künftig in 87 Prozent aller Unternehmen reduziert. Auf innerdeutschen Strecken sind 73 Prozent der befragten Unternehmen vom Flugzeug auf die Bahn umgestiegen und 13 Prozent planen dies in Zukunft. Am wenigsten häufig wird auf Incentives oder Prämienpunkte zugunsten von Nachhaltigkeitsprojekten gesetzt; der einfachere Weg der CO2-Kompensation wird wesentlich öfter gewählt - aktuell von 47 Prozent der Befragten und 30 Prozent planen dies.
Künftig 30 Prozent weniger Geschäftsreisen
Der Mehrwert einer Geschäftsreise wird in Zukunft noch stärker geprüft, wobei die Balance zwischen Unternehmensinteressen, Erwartungen von Kunden und Mitarbeitern weiterhin im Fokus bleiben wird. Eine dauerhafte Reduktion der Geschäftsreisetätigkeit erwarten 80 Prozent der größeren, 72 Prozent der kleineren Unternehmen und 81 Prozent der Interviewten aus dem öffentlichen Sektor. Wie hoch diese Reduktion ausfällt, bleibt abzuwarten, doch wenn ihre Prognosen eintreffen, wird sie durchschnittlich 30 Prozent betragen.
"Die persönliche Begegnung wird auch in Zukunft nicht vollständig durch Videokonferenzen zu ersetzen sein. Vielmehr wird es darauf ankommen, situationssensible Alternativen zu finden. Für notwendige Reisen wird es gerade in der Übergangsphase zur 'Postpandemiezeit' zu einem größeren Planungsaufwand kommen. Arbeitgeber werden sich noch intensiver mit der Frage beschäftigen, wie sie ihre Reisenden am besten unterstützen können", so Pirner abschließend.
Die aktuelle Ausgabe der Geschäftsreiseanalyse kann unter www.geschaeftsreiseanalyse.de bezogen werden.
Über die VDR-Geschäftsreiseanalyse
Die Grundgesamtheit der Untersuchung bilden alle Unternehmen mit Sitz in Deutschland - auch diejenigen mit Aktivitäten im Ausland - sowie Organisationen des öffentlichen Sektors ab zehn Mitarbeitern. Zwischen Januar und Juli 2021 wurden 800 computergestützte Telefon- und Online-Interviews mit Personen geführt, die für das Management von Geschäftsreisen zuständig sind beziehungsweise organisatorisch befugt sind, die gesuchten Daten zur Verfügung zu stellen. Somit spiegeln die Antworten auf qualitative Fragen die zum Zeitpunkt der Befragung aktuelle Situation wider, alle anderen basieren auf den Zahlen des Jahres 2020. Die Geschäftsreiseanalyse 2021 erscheint mit freundlicher Unterstützung von Amadeus | cytric, American Express, ATG Travel Deutschland, Deutsche Bahn, Deutsche Hospitality, easyJet, Emburse Chrome River und SAP Concur.
www.geschaeftsreiseanalyse.de
Quelle und Kontaktadresse:
VDR - Verband Deutsches Reisemanagement e.V.
René Vorspohl, Referent Kommunikation und PR
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