Pressemitteilung | Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB)

Ohne Sport keine Bildung / Europäisches Jahr der Erziehung durch Sport 2004 – Workshop-Ergebnisse

(Frankfurt) - Funktionsträger und Fachleute aus Sport und Politik haben bei der Nationalen Auftaktveranstaltung zum „Europäischen Jahr der Erziehung durch Sport 2004“ in Leipzig die Bedeutung des Sports für die Bildung der Jugend unterstrichen. Durch das Europäische Jahr rückt die von einigen Bildungsverantwortlichen immer noch unterschätzte erzieherische Facette des Sports in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Der Vorsitzende der Deutschen Sportjugend, Ingo Weiss, sagte in Leipzig: „Das Europäische Jahr der Erziehung durch Sport ist aus unserer Sicht eine große Chance für eine Bewusstseinsänderung. Ohne Sport kann ich mir keine Bildung vorstellen.“ Ins gleiche Horn blies Dr. Franz-Josef Kemper, Abteilungsleiter im rheinland-pfälzischen Ministerium des Inneren und für Sport: „Die allgemeine Bildung hängt damit zusammen, wie Kinder die Welt durch Bewegung und Spiel sehen.“ Professor Alfred Richartz von der sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig erinnerte allerdings daran, dass der Sport seinerseits die Basis für eine kompetente Erziehung schaffen müsse. Es reiche nicht aus, so Richartz, „nur Sport machen zu lassen“. Seine Forderung: „Diejenigen, die im Sport erziehen, müssen kompetenter gemacht werden.“

Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn hatte in ihrer Eröffnungsrede festgestellt, dass Sport „ein wichtiger Bestandteil von Erziehung und Bildung“ sei und „keine Nebensache“. Das Statement von höchster politischer Ebene freute die Sportvertreter in Leipzig. Manfred von Richthofen, Präsident des Deutschen Sportbundes, hofft, „dass wir uns jetzt wieder der Diskussion um die tägliche Sportstunde nähern“.

Für das Europäische Jahr der Erziehung durch Sport 2004 hat die Europäische Gemeinschaft 11,5 Millionen Euro bereit gestellt, um insgesamt 200 Projekte auf europäischer und nationaler Ebene zu fördern. Zur Durchführung in Deutschland wurde eine Koordinierungsstelle bei der Deutschen Sportjugend eingerichtet, die eng mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und den Ländern zusammenarbeitet.

Kern der Eröffnungsveranstaltung in Leipzig waren sechs Workshops, in denen nach Grundsatzreferaten aktuelle Themen des Zusammenhangs von Erziehung und Sport diskutiert wurden. Die Inhalte und Ergebnisse der Workshops im Einzelnen:

1. Die Ganztagsschule: Neue Möglichkeiten der Kooperation von Schule und Verein
- Die Chancen von Ganztagsschulen – mit einigen wenigen Risiken – überwiegen.
- Kinder und Jugendliche müssen mit frühzeitigen und bedürfnisorientierten Angeboten erreicht und so zu einem lebenslangen Sporttreiben motiviert werden.
- Eine frühzeitige Einbindung des Vereinssports ist notwendig – nur so können Lehrkräfte und Übungsleiter von- und miteinander lernen und Zukunftsfragen gemeinsam angehen.
- Fazit: Wer sich nicht einmischt, klinkt sich aus. Der Sport gehört dazu.

2. Werteerziehung durch den Schulsport
- Der Schulsport erfüllt eine wichtige Funktion in der Erziehung.
- Die Situation des Schulsports ist teilweise unbefriedigend.
- Die Wertepalette ist über den Fairness-Begriff hinaus zu erweitern.
- Die Werteerziehung muss über punktuelle Maßnahmen hinaus gehen.
- Der Schulsport ändert sich qualitativ und inhaltlich (hin zum Trend).
- Die Einbeziehung der Eltern ist notwendig.

3. (Mit-)Spielen statt Zuschlagen: Sportangebote für gewaltbereite und strafauffällig gewordene Jugendliche
- Der Sport leistet einen wichtigen Beitrag für die Erziehung und soziale Integration gerade von Jugendlichen in schwierigen Lebenslagen.
- Er übt eine große Anziehung auf Jugendliche und insbesondere auf sozial benachteiligte bzw. gewaltauffällige junge Menschen aus.
- Nachhaltige Verhaltens- und Einstellungsänderungen sowie Transferleistungen brauchen eine Vertrauensbasis innerhalb der Gruppe und zu den betreuenden Personen (Beziehungskultur).
- Neben allen Vernetzungsmöglichkeiten ist die Partnerschaft mit der Wissenschaft notwendig und anzustreben.

4. Olympische Erziehung in Schule und Verein
- Coubertins „Olympische Idee“ mit ihren fünf Grundprinzipien (ganzheitliche Erziehung, Leistung, Fairness, Verantwortung Toleranz, gegenseitige Achtung) leitet hin zur Werteerziehung in Schule und Verein.
- Die Olympische Erziehung sollte in der alltäglichen Praxis des Schulsports verankert werden.
- Hierfür sind Vorbilder (Athleten) wichtig und einzubeziehen.
- Die institutionelle Umsetzung ist zu gewährleisten (Universität, Referendariat).
- Olympische Erziehung ist möglich in Kooperation mit Elternhaus, Schule und Verein.

5. Von klein auf aktiv: Bewegungserziehung im Elementarbereich
- Kinderwelt ist Bewegungswelt, wenn alle Erwachsenen – insbesondere Ehrenamtliche in Sport und Politik – sich als Anwälte für Kinder fühlen.
- Kinderwelt ist Bewegungswelt, wenn Erwachsene Kinder entdecken, ihr eigenes Handeln überprüfen und Unterstützung und Hilfen geben.
- Wir müssen Anwälte für Kinder sein, da sie ihre Rechte nicht selber einfordern können.

6. Integration durch Sport – Chancen für Behinderte und Nichtbehinderte
- Der Sport fördert behinderte junge Menschen in ihrer Entwicklung.
- Rahmenaktivitäten erleichtern ihnen parallel zur eigenen sportlichen Karriere den Einstieg in ein Engagement für andere sporttreibende behinderte junge Menschen.
- Damit dienen diese Aktivitäten nicht nur den Sportlerinnen und Sportlern selbst, sondern auch dem Verband, der seinen Nachwuchs bindet.
- Voraussetzung ist, dass körper-, geistig- und lernbehinderte Kinder schon in der Schule durch qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer zum Sporttreiben angeregt und gefördert werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Sportbund (DSB) Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt Telefon: 069/67000, Telefax: 069/674906

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