Offener Brief des Bundesverbands Pflegemanagement zur Krankenhausreform
(Berlin) - Pflege-Expert: innen aus dem Gesundheitswesen betonen seit langem die immense Bedeutung einer qualitativ hochwertigen und flächendeckenden Patientenversorgung sowie die dringende Notwendigkeit einer Umstrukturierung des Krankenhaussystems. Denn insbesondere in den Krankenhäusern sind Pflege und Medizin untrennbar miteinander verbunden. Pflege schafft die Grundlage für eine qualitativ hochwertige Versorgung und sorgt in hohem Maße für die Patientensicherheit.
Bedauerlicherweise sehen wir derzeit nicht, dass die pflegerische Expertise explizit und in ausreichendem Maße in die Entscheidungsprozesse miteinfließt. Die Pflege ist bisher nicht in den Entscheidungsgremien zur Krankenhausreform auf Bundesebene vertreten, was dazu führt, dass wichtige Aspekte der Versorgung nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Der Bundesverband Pflegemanagement erklärt nachdrücklich die Notwendigkeit einer konsequenten Einbindung der Pflege in die Entscheidungsgremien zur Krankenhausreform. Gemeinsam mit den Vertretern der Pflege veröffentlichen wir diese Erklärung. Es ist entscheidend, dass wir gemeinsam die Reform gestalten und eine erfolgreiche Umsetzung in die Praxis gewährleisten.
Themen sind aus unserer Sicht unter anderem die Kinder- und Jugendmedizin, die pflegerische Ausbildung, die hybride Gesundheitsversorgung, die Finanzierung, das Sektorenmanagement, Spezialisierungen und das Change-Management. Von besonderer Bedeutung angemessene Personalbemessung, sowohl allgemein als auch explizit in der Intensiv- und Notfallversorgung. Dies hat nicht zuletzt direkte Auswirkungen auf die Ambulantisierung und die nicht-stationäre Versorgung.
Der Bundesverband Pflegemanagement ist davon überzeugt, dass eine ganzheitliche und erfolgreiche Krankenhausreform nur durch die enge Zusammenarbeit aller relevanten Akteure, einschließlich der Pflege, erreicht werden kann. Bisher wird der Prozess sehr einseitig aus der Perspektive der medizinischen Versorgung dominiert. Wir stehen dazu bereit, aktiv am Prozess mitzuwirken und gemeinsam mit weiteren pflegerischen Expertinnen und Experten unsere Fachexpertise einzubringen, um eine bedarfsgerechte und hochwertige Patientenversorgung sicherzustellen.
Dazu möchten wir uns aktiv beteiligen, Ziele und Maßnahmen zu entwickeln, um die Perspektive der Pflege in die Strukturveränderungen einzubringen. Bezüglich der Herausforderungen und Zielsetzungen stehen wir uneingeschränkt hinter den bisher veröffentlichten Stellungnahmen und Forderungen der Berufsverbände in der Pflege. Folgende Punkte wollen wir als besonders kritisch für eine kurzfristige Nachbesserung hervorheben:
Die vorgeschlagene Reform verkennt nahezu völlig, dass die Gesundheit stationärer Patienten von dem ineinandergreifenden Zusammenspiel zwischen Pflege, Medizin und anderen Gesundheitsberufen abhängt. Pflege ist 24/7 der Garant für ein funktionierendes Gesundheitssystem. Der derzeit rein medizinische Fokus kann dies nicht garantieren und steht im Widerspruch zur Realität des 21. Jahrhunderts. Ein gutes, sicheres und zukunftsorientiertes Gesundheits- und Pflegesystem kann so nicht funktionieren. Eine Krankenhausreform, die ohne die tatsächliche Einbeziehung der Pflegefachpersonen, ohne ihre Handlungsautonomie und ohne eine kompetenzorientierte Abstimmung aller Gesundheitsfachberufe untereinander umgesetzt wird, ist bereits bei ihrem Inkrafttreten reformbedürftig und zum Scheitern verurteilt.
Level-I-Krankenhäuser müssen zwingend einer gleichberechtigten pflegerischen Leitung unterstellt werden. Wenn eine ärztliche Rufbereitschaft ausreichend ist, aber Pflege vor Ort vorhanden ist, muss diese Berufsgruppe eigenständig und rechtssicher Entscheidungen treffen können.
Die vorgeschlagenen Eckpunkte sind in der aktuellen Form nicht dazu geeignet, die drei Ziele der Reform - Versorgungssicherheit, Behandlungsqualität und Entbürokratisierung - zu erreichen. Einerseits wird betont, dass die Ermittlung des Pflegebudgets unverändert bleibt, während andererseits beabsichtigt wird, zukünftig Pflegebewertungsrelationen pro Fall einzuführen. Dieser Ansatz birgt das Risiko einer erhöhten Bürokratie. Es ist besorgniserregend, dass die Qualität der pflegerischen Versorgung und Leistung in den Eckpunkten nicht einmal erwähnt wird. Es scheint, dass die Pflege, ähnlich wie im DRG-System, ausschließlich als Kostenfaktor betrachtet wird. Es muss vielmehr ein unbürokratisches System geschaffen werden, welches aus den ohnehin erhobenen Pflegedaten eine qualitätsorientierte Personalbemessung ermittelt. Ohne eine flächendeckende Digitalisierung mit entsprechender IT-Infrastruktur ist dies jedoch nicht möglich. Diese ist damit zwingend Voraussetzung für die vorrangige Entlastung der Pflege.
In den aktuellen Diskussionen fehlt die Erkenntnis, dass die Pflege keine Betten pflegt, sondern Menschen. Im Mittelpunkt der Pflege steht eine umfassende Versorgung von Menschen, die über das bloße Sättigen, Sauberhalten und Trockenlegen hinausgeht. Beruflich Pflegende sind keine Assistent:innen des ärztlichen Personals, sondern vertreten eine eigenständige Profession mit eigenen Fachbereichen und Disziplinen. In der Konsequenz ist es längst an der Zeit, die pflegerischen Vorbehaltsaufgaben auf eine rechtssichere Grundlage zu stellen.
Der Bundesverband Pflegemanagement fordert daher eine sofortige Einbindung der pflegerischen Expertise in die entscheidenden Landes- und Bundesgremien. Damit wird eine deutlich breitere Akzeptanz der notwendigen Veränderungen geschaffen, die zwingend erforderlich ist, um die Krankenhäuser der Zukunft für Pflege attraktiv zu gestalten. Die reine Fokussierung auf die medizinischen Aspekte schadet nicht nur der Versorgung, sondern auch der Personalgewinnung für die Profession Pflege.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Pflegemanagement e.V.
Sabrina Roßius, Geschäftsstellenleiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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