Pressemitteilung | Deutsche Kinderhilfe - Die ständige Kindervertretung e.V.

Ökonomische Interessen versus Lebensschutz: Gemeinsamer Bundesausschuss kann sich nicht zur Festlegung von Mindestmengen in der Perinatalmedizin durchringen: Ein Beschluss, der Leben kosten wird!

(Berlin) - Seit Jahren fordert die Deutsche Kinderhilfe die verbindliche Einführung von Mindestmengen in der neonatologischen Intensivmedizin, denn Untersuchungen belegen, dass, je höher die Mindestmenge von Frühgeburten in einer Klinik ist, desto höher sind die Überlebenschancen von Frühgeborenen.

Die Erfahrung und Übung von Ärzten, Hebammen und Pflegekräften und damit die Qualität der Versorgung von Frühgeborenen spielt eine entscheidende Rolle für die Überlebenschancen des Neugeborenen. Dies bedeutet, dass Krankenhäuser sog. Frühchen nur noch dann versorgen dürfen, wenn sie jedes Jahr eine festgelegte Mindestanzahl an Frühgeborenen behandeln. Die Folge wäre eine Zentralisierung von Kliniken auf hoch spezialisierte Facheinrichtungen, die für die Versorgung von Kindern mit geringem Geburtsgewicht zuständig wären. In anderen europäischen Staaten ist eine solche Regionalisierung mit nachweisbarem Erfolg geschehen: Die Sterblichkeitsrate früher Neugeborener ist signifikant zurückgegangen (Bsp. Portugal und Schweden).

Mehrere aktuelle Studien aus Deutschland belegen ebenfalls einen direkten Zusammenhang zwischen der jährlichen Fallzahl einer Klinik und der Überlebensrate und gesundheitlichen Entwicklung der Frühgeborenen. Eine Untersuchung aus Baden-Württemberg zeigt für die Gruppe der sehr kleinen Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1500 Gramm, dass das Mortalitätsrisiko für ein Kind, das auf einer Frühgeborenen-Station mit weniger als 50 derartigen Patienten pro Jahr versorgt wird, etwa 80 Prozent höher liegt als für eines, das auf einer größeren Station betreut wird.

Die AOK hat in der sog. Heller Studie dezidiert nachgewiesen, dass die Einführung von Mindestmengen ganz konkret Leben rettet. Bei einer Mindestmenge von 31 Geburten pro Jahr wären dies 91 Kinder, bei 49 gar 110 potentiell vermeidbare Todesfälle. Der heutige (20. August 2009) Vorschlag von 36 Neugeborenen pro Jahr stellte schon einen Kompromiss, eine nur als ersten Schritt zu bezeichnende Maßnahme dar, Experten fordern eine Mindestmenge von 50 Geburten pro Jahr.

"Dass sich heute (20. August 2009) der gemeinsame Bundesausschuss nicht auf die Verabschiedung von Mindestmengen verständigen konnte, ist schlichtweg als Skandal zu bezeichnen. Offenkundig ist es den Vertretern der Krankenhausgesellschaft und den Lobbyisten der Landkreise und Kommunen, die um die Belegungszahlen für ihre Kliniken fürchteten, gelungen, ökonomische Interessen über das Leben von Frühgeborenen zu stellen. Die Selbstverwaltung hat hier glasklar versagt. In einem solchen Fall ist die Politik, namentlich Frau Bundesgesundheitsministerin Schmidt, aufgefordert, unverzüglich zu handeln und gesetzliche Vorgaben zu machen. Jede weitere Untätigkeit kostet im Durchschnitt zwei Frühgeborenen pro Woche in Deutschland das Leben!" so Georg Ehrmann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe, am Rande der Sitzung des Gemeinsamen Bundesausschusses.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Kinderhilfe e.V. Julia Gliszewska, Sprecherin des Vorstandes Schiffbauer Damm 40, 10117 Berlin Telefon: (030) 24342940, Telefax: (030) 24342949

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