Nur eine Äußerung verboten / Kritik am Preissystem bleibt zulässig / "Es ist reine Glückssache, bei der DB AG das wirklich günstigste Ticket zu bekommen"
(München) - Der Fahrgastverband PRO BAHN sieht keinen Hinderungsgrund, sich weiterhin mit dem Preis- und Auskunftssystem der Deutschen Bahn AG kritisch und sachlich auseinanderzusetzen. Das Landgericht Hamburg hat in einer vorläufigen Entscheidung dem PRO BAHN-Bundesvorsitzenden Karl-Peter Naumann nur eine einzige Äußerung untersagt, die in "Bild am Sonntag" abgedruckt war. Die Entscheidung ging PRO BAHN am 15. Januar im Laufe des Tages zu.
"PRO BAHN ist nicht darauf angewiesen, die vom Landgericht Hamburg untersagte Formulierung zu wiederholen", erklärt PRO BAHN-Vorstandsmitglied Rainer Engel. "Aus grundsätzlichen Erwägungen werden wir aber die Deutsche Bahn AG gerichtlich auffordern lassen, in einem Hauptsacheprozess das einstweilige Verbot zu rechtfertigen. Das ist notwendig, denn die bisher vorliegende Entscheidung enthält keine schriftliche Begründung, so dass wir nicht wissen, was die Deutsche Bahn AG dem Gericht überhaupt mitgeteilt hat. In einem Hauptsacheprozess wird sich zeigen, wie weit die Meinungsfreiheit von Verbrauchern in unserer demokratischen Gesellschaft geschützt ist."
Die Kritik der Fahrgäste am neuen Preissystem hält unterdessen unvermindert an. "Wir bekommen derzeit an einem Tag so viele Beschwerden und Anfragen wie früher in einem Vierteljahr", berichtet Engel. PRO BAHN hat inzwischen eine Dokumentation fertig gestellt, die die Probleme des Preis- und Auskunftssystems systematisch darstellt und deren Ursachen beschreibt. Die Dokumentation wird den Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Hintergrundinformation "einstweilige Verfügung"
Nach der Zivilprozessordnung (§ 935 ff ZPO) können Gerichte Entscheidungen in einem Eilverfahren erlassen, "einstweilige Verfügungen" genannt. Solche Entscheidungen können ohne mündliche Verhandlung und ohne sonstige Anhörung des Gegners nach einer sehr summarischen vorläufigen Prüfung ergehen. In vielen Fällen enthalten die Entscheidungen nicht einmal eine schriftliche Begründung. Der Gegner erfährt davon nichts. Der Kläger hat es in der Hand, zu bestimmen, wann dem Prozessgegner die Entscheidung durch einen Gerichtsvollzieher bekannt macht. Der Beklagte kann sich durch "Widerspruch" wehren und eine mündliche Verhandlung erzwingen, in dem ebenfalls nur eine vorläufige Entscheidung ergeht. Stattdessen kann der Beklagte sofort einen Hauptsacheprozess verlangen, der gegebenenfalls durch alle Instanzen - auch bis zum Bundesverfassungsgericht - geführt werden kann. Diesen Weg will PRO BAHN aus grundsätzlichen Erwägungen einschlagen.
Quelle und Kontaktadresse:
PRO BAHN e.V. Gemeinnütziger Fahrgastverband
Schwanthalerstr. 74
80336 München
Telefon: 089/54456213
Telefax: 089/54456214
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