Nur acht Jahre Haft für dreihundertfachen sexuellen Missbrauch von acht Opfern / Ein fragwürdiges Urteil aufgrund eines "Deals" / Anordnung der Sicherungsverwahrung ist zu begrüßen
(Berlin) - Das gestrige (19. August 2009) Urteil des LG München im Fall des Leichtathletiktrainers Ewald K. - das jüngste Opfer war 8 Jahre alt - muss deutlich kritisiert werden:
Zwar hat das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die sogenannte Sicherungsverwahrung anzuordnen, entsprochen, es bleibt aber abzuwarten, ob diese Entscheidung vor dem BGH Bestand haben wird.
Das gewählte Strafmaß - nur acht Jahre - ist jedoch in keiner Weise nachvollziehbar. 15 Jahre ist die Höchststrafe, die zu Recht nur in besonders schweren Fällen angeordnet werden darf. Wer wie hier über Jahre seine Vertrauensstellung ausgenutzt hat, die verschiedenen Opfer bedroht und manipuliert hat, wer das jüngste Opfer seit seinem 8. Lebensjahr über Jahre missbraucht hat, wer acht ihm anvertraute Kinder für ihr Leben traumatisiert hat, der hat eine ganz erhebliche gesteigerte kriminelle Energie gezeigt. Gerade für einen solchen Fall sieht das Gesetz die Höchststrafe vor. Aber Ewald K. wurde Nutznießer eines sogenannten "Deals".
Immer häufiger zu beobachten ist in Missbrauchsprozessen eine ungute Entwicklung hin zu so genannten "Deals". Wenn die Täter gestehen und damit den kindlichen Opfern eine weitere Vernehmung vor Gericht ersparen, wird beim Strafmaß kräftig nachgelassen, so auch im vorliegenden Fall: 15 Jahre wären möglich gewesen. Für die Zusage, ein Geständnis zu machen wurden dem Täter im Vorhinein nur acht Jahre garantiert. Natürlich ist es im Sinne der kindlichen Opfer, nicht erneut vor Gericht und in Anwesenheit des Täters aussagen zu müssen, doch dies wäre nicht notwendig, wenn die Staatsanwaltschaften die Prozesse besser vorbereiten würden. Die Opfer sind vorprozessual vernommen, doch offenkundig nicht auf Video aufgezeichnet worden. Die Strafprozessordnung sieht gerade für kindliche Opfer vor, dass die Videoaufnahme der vorprozessualen Vernehmung, wenn sie bestimmte Anforderungen erfüllt, im Prozess verwendet werden darf. Gerade gestern wurde dieses Instrument in einem Fall, in dem der Stiefvater seine Stieftochter beim Missbrauch gefilmt hat, in Baden Württemberg professionell und Opfer schonend eingesetzt - es gab keinen Anlass für einen Deal. Das setzt allerdings gut geschulte und professionell auf Kinder als Opfer von Straftaten ausgestattete Schwerpunktabteilungen bei Kripo und Staatsanwaltschaften voraus - diese fehlen vielerorts.
Die Deutsche Kinderhilfe fordert seit Jahren eine bessere Qualifizierung von Richtern und Staatsanwälten, damit Delikte an Kindern zum einen möglichst Opfer schonend, zum anderen aber auch Tat angemessen behandelt werden. Über dreihundertfacher jahrelanger sexueller Missbrauch an mehreren Kindern ist eine so abscheuliche Tat, dass für "Deals" kein Raum ist - hier müssen die gesetzlichen Strafrahmen voll ausgeschöpft werden. Ein Prozess muss gründlich und Opfer schonend vorbereitet werden.
Da im vorliegenden Fall ein "Deal" abgeschlossen wurde, wird die Staatsanwaltschaft nicht in Revision gehen - von derartigen Verfahren geht eine fatale Signalwirkung für andere Verfahren aus.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Kinderhilfe e.V.
Julia Gliszewska, Sprecherin des Vorstandes
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