Noch Änderungen an der Reform möglich? Hoffnung auf die Länderkammer
(Berlin) - Wann gab es jemals ähnliche Zeiten der Ungewissheit und größter wirtschaftlicher Probleme für die Krankenhäuser? Mitten in bundespolitischen Turbulenzen nach dem Bruch der Ampelregierung startete gestern in Düsseldorf der 47. Deutsche Krankenhaustag. Wie wird sich die bundespolitische Wetterlage auf die Kliniken auswirken? Während das Generalthema des Kongresses „Orientierung in der Revolution“ lautet, geht es aktuell vor allem auch darum, überhaupt noch Orientierung für die Krankenhäuser zu ermöglichen.
„Daher ist die Kritik an der von den Abgeordneten der Ampelparteien beschlossenen Krankenhausreform als auch die daraus resultierenden Forderungen der Kliniken natürlich äußerst aktuell.“ Das betonte der Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), Dirk Köcher, sowohl vor der Presse als auch in der Eröffnung der viertägigen Großveranstaltung.
„Wir haben es mit einer Situation zu tun, wie wir sie uns bisher nicht vorstellen konnten. Selbst die finanzielle Unterstützung, etwa durch Kommunen und Landkreise, erfolgt schon heute am System vorbei. Kaum ein Träger wird kurz- wie mittelfristig mehr in der Lage sein, diese sich nunmehr seit drei Jahren verschärfende wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser auszugleichen. 80 Prozent der Krankenhäuser schreiben Verluste. Das kann man nicht mehr mit Managementfehlern begründen“, betonte er.
Kongresspräsidentin Dr. Sabine Berninger, Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe Südost e. V. (DBfK), stellv. Vorsitzende des Bayerischen Landespflegerats (BLPR), hatte zuvor bereits eine erhebliche Unzufriedenheit mit der Krankenhausreform konstatiert. Diese sollte ja entscheidende Weichen für Verbesserungen stellen. Doch sowohl aus Sicht der Krankenhäuser als auch der Länder seien hier noch erhebliche Änderungen notwendig. So werde die vorgesehene Vorhaltefinanzierung den Druck auf Ärzte und Pflege weiter erhöhen.
„Wir brauchen Stabilität und Planbarkeit. Beides verweigert uns die Politik nun bereits seit mehreren Jahren, zum Schaden einer zukunftsfähigen und flächendeckenden Krankenhausversorgung“, erklärte Dirk Köcher. Nicht vergessen werden dürfe, dass diese Lage im Jahr 2022 von der Bundespolitik mit herbeigeführt worden sei, erklärte er mit Verweis auf die Herausnahme der Regelung zur Steigerung des Landesbasisfallwertes bei sinkender Leistung. Dies hätte die bestehende Entwicklung zumindest ein Stück weit entschärfen können. Diese Möglichkeit wurde den Verhandlungspartnern auf Landesebene bewusst genommen.
Der VKD-Präsident betonte, zur Stabilität gehöre als allererstes die Kompensation der in den Jahren 2022 und 2023 durch die Inflation entstandenen Finanzierungsdefizite. „Als Vertretung der Praktiker in den kaufmännischen Leitungen der Krankenhäuser in Deutschland sehen wir mit sehr großen Sorgen auf diese Entwicklung.“ Dabei gehe es dem Verband vor allem auch um die Versorgung in den ländlichen Regionen, die durch ungeplante Schließungen am meisten bedroht ist.
Sowohl in der Pressekonferenz der Gesellschaft Deutscher Krankenhaustag als auch in der Eröffnungsveranstaltung und der folgenden Diskussionsrunde wurde immer wieder die Hoffnung deutlich gemacht, dass die Länderkammer die schwer fehlerbehaftete Reform in den Vermittlungsausschuss schicken wird. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß, bemühte den Begriff des High Noon für die aktuelle Situation der Politik und fragte, ob dies nicht eine Situation sei, die aus Sicht der Kliniken auch genutzt werden könne, Veränderungen am Reformgesetzt zu ermöglichen. Es gehe nicht darum das Gesetz scheitern zu lassen, sondern um einen konstruktiven Vermittlungsausschuss, der noch wichtige Veränderungen ermöglichen könne. Dazu gehöre, mehr Gestaltungsspielräume für die Länder zu schaffen. Die Reform, wie sie vom Bundestag beschlossen worden sei, werde nicht dazu führen, dass es keine Insolvenzen mehr gebe und auch nicht zum Ende der kalten Marktbereinigung führen. Wenn es keine Änderungen gebe, sei es besser, ohne Reform in kleinen Schritten vorzugehen, ansonsten gebe es erhebliche Unsicherheit, weil dann im Verlauf der Umsetzung immer wieder Änderungen notwendig würden – ein Aspekt, auf den auch der VKD mehrfach hingewiesen hat.
Dr. Sabine Berninger verwies darauf, dass es nicht nur um die Krankenhäuser gehe, sondern auch um das Davor und Danach, also die gesamte Versorgungskette. PD Dr. Michael Weber, Präsident des Verbandes Leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte verwies u.a. darauf, dass Strukturvorgaben im Gesetz wichtig für die Qualität seien, aber noch keine Garantie für Qualität darstellten. Der maximale Druck auf die Kliniken müsse ein Ende haben.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) betonte mehrfach, dass er sich auch gegenüber seinen Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat dafür einsetzen werde, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Sein Ziel sei dabei nicht, die Krankenhausreform scheitern zu lassen, es sei nicht alles schlecht, doch sie müsse mit der Lebenswirklichkeit übereinstimmen. Es gehe nicht nach Bundesschablone. Das mache die Reform in vielen Teilen unmöglich. Die Angst, dass es mit dem Vermittlungsausschuss nicht mehr zum Gesetz kommen könnte, teile er nicht. Man könne die strittigen insgesamt fachorientierten Punkte zielorientiert sehr schnell abarbeiten. Die Zeit bis zur Auflösung des Parlaments würde ausreichen.
Dem konnte die Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Die Linke) in der Diskussion nicht zustimmen, Sie misstraute dem Prozedere über den Vermittlungsausschuss und würde das Gesetz in seiner beschlossenen Form durchziehen wollen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der zum Schluss der Diskussion noch zugeschaltet wurde, machte allerdings deutlich, dass er für Änderungen im Vermittlungsausschuss im Grunde keinen Spielraum sieht und betonte, ihm gehe es vor allem um eine deutliche Verbesserung der Qualität. Darüber lasse er nicht diskutieren. Ohne die Reform wären die Häuser mit guter Qualität am meisten gefährdet. Das vorgesehene Gesamtsystem der Finanzierung sei aus seiner Sicht passend, da es gute Qualität belohnen würde. Für die Krankenhäuser, die den Transformationsprozess schaffen würden, werde das auskömmlich sein. Wenn an den Regelungen des Gesetzes zur Qualität im Vermittlungsausschuss Abstriche gemacht würden, „würden wir die Reform nicht machen“, erklärte er.
Am gestrigen Nachmittag ging es u.a. um das Thema „Finanzierung im Krankenhaus“.
Der heutige 2. Konferenztag steht unter dem Thema „Menschen machen Medizin“, u.a. geht es um ein ärztliches Personalbemessungssystem, um KI und Digitalisierung als Lösung der Personalprobleme.
Beim Thema „Kommt von der Bundesebene die Entökonomisierung?“ bringt sich VKD-Präsident Dirk Köcher in einem Eingangsstatement zu der Frage ein, welche Maßnahmen zur Stabilisierung der Kliniken ergriffen werden.
Ob die Umsetzung der NRW-Krankenhausplanung in der Praxis ein Vorbild für die gesamte Bundesrepublik sein kann, erörtert Wolfgang Mueller, 1. Vizepräsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD).
Die Moderation übernimmt Andreas Tyzak, Pressesprecher des VKD.
Der 47. Deutsche Krankenhaustag findet vom 11. bis zum 14. November traditionell im Rahmen der weltgrößten Krankenhausmesse Medica statt.
Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e.V. (VKD), Andreas Tyzak, Pressesprecher(in), Oranienburger Str. 17, 10178 Berlin, Telefon: 030 28885911, Fax: 030 28885915