Niedriglöhne - Mindestlöhne
(Düsseldorf) - Für eine unvoreingenommene Diskussion über gesetzliche Mindestlöhne hat sich das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut in der Hans-Böckler-Stiftung ausgesprochen. In vielen europäischen Ländern gibt es positive Erfahrungen mit diesem Instrument. Es kann eine sinnvolle Ergänzung zu tariflichen Mindeststandards sein und das Abrutschen des Lohngefüges verhindern.
Folgende Gründe sprechen aus Sicht des WSI für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes:
- In Deutschland besteht entgegen einer weit verbreiteten Meinung schon lange ein erhebliches Ausmaß an Niedriglohnbeziehern selbst unter den Vollzeitbeschäftigten: Allein in Westdeutschland verdienen 12 Prozent von ihnen weniger als 50 Prozent des Vollzeitdurchschnittslohns und können als arm trotz Vollzeitarbeit gelten.
- Der Anteil der Beschäftigten, die ohne Schutz tariflicher Mindeststandards arbeiten, hat im Laufe der vergangenen Jahre zugenommen. Die Tarifbindung ist zurückgegangen und erfasst in Westdeutschland derzeit noch 70 Prozent, in Ostdeutschland nur noch 55 Prozent der Beschäftigten.
- Die Verhinderung von Schmutzkonkurrenz und Lohndumping in Niedriglohnbranchen durch die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, die auf Antrag der Tarifparteien von den Arbeitsministerien verfügt werden kann, wird aufgrund der Blockadehaltung vieler Arbeitgeberverbände immer schwieriger.
- Aber auch die Existenz von Tarifverträgen und ihre mögliche Allgemeinverbindlichkeit bedeuten nicht in jedem Fall hinreichenden Schutz vor Niedriglöhnen: In einer Reihe von Tarifbereichen gibt es tarifliche Stundenlöhne zwischen 6 und 10 Euro.
- Vier von fünf Betriebsräten halten eine Flankierung der Tarifpolitik durch einen gesetzlichen Mindestlohn für sinnvoll. Lediglich 9 Prozent halten dies nicht für sinnvoll. Das ergab eine repräsentative Befragung des WSI.
- In der Mehrzahl der europäischen Länder gibt es parallel zu tarifvertraglichen Regelungen gesetzliche Mindestlöhne, die nachweislich positive Wirkungen auf das Einkommensniveau aufweisen und keine Gefährdung der Arbeitsplätze bewirkt haben. In Holland und England z, B. ist die Arbeitslosenquote trotz eines gesetzlichen Mindestlohns deutlich niedriger als hierzulande.
Quelle und Kontaktadresse:
Hans-Böckler-Stiftung
Margitta Reicharz, Pressestelle
Hans-Böckler-Str. 39, 40476 Düsseldorf
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