Niedersächsische Bauindustrie tritt Fehlentwicklungen auf dem Baumarkt entgegen
(Hannover) - Im Rahmen der Begegnungen 2001 des Verbandes der Bauindustrie für Niedersachsen war der Präsident des Bundeskartellamtes, Dr. Ulf Böge, am 11. September 2001 Gast der niedersächsischen Bauindustrie. Vor zahlreichen Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung referierte Dr. Böge zu dem Thema: Begegnungen mit dem Wettbewerb: Marktmacht und -Marktmissbrauch.
Zu Beginn der Veranstaltung betonte der Präsident des Verbandes, Michael Munte, dass die Bauwirtschaft in einer konjunkturellen Dauerkrise stecke, deren Ende nicht absehbar sei. Im laufenden Jahr werde die Baurezession die Gesamtwirtschaft mehr als einen halben Prozentpunkt an Wachstum kosten. In der gegenwärtig schweren Konjunkturlage müsse daher alles vermieden werden, was die Wettbewerbssituation auf dem Baumarkt weiter beeinträchtigen könnte.
Ein funktionsfähiger Baumarkt, so Munte, erfordere Rahmenbedingungen, die seriösen Unternehmen Auftragschancen ermöglichten. Die Wettbewerbssituation auf dem Baumarkt unterscheide sich dabei deutlich von der anderer Märkte. So sei in der Bauwirtschaft weder eine Massenproduktion noch eine Lagerhaltung möglich. Vielmehr sei jedes einzelne Produkt ein maßgefertigtes Unikat. Der Baumarkt werde seit langer Zeit von der Nachfrageseite dominiert. Die Unternehmen der Bauwirtschaft seien gezwungen, um jeden Anschlussauftrag zu kämpfen.
Der Verbandspräsident wies darauf hin, dass sich auch die fortschreitende Aushöhlung und Missachtung der geltenden rechtlichen Regeln für die öffentliche Auftragsvergabe negativ auf den Wettbewerb auswirke. Entgegen der VOB würden Ausschreibungen massiv zu Gunsten von Verhandlungsverfahren reduziert, Eröffnungstermine fänden nicht mehr statt, das Nachverhandlungsverbot stehe generell zur Disposition. Die öffentlichen Auftraggeber, insbesondere die Kommunen, versuchten zunehmend, sich der Bindung an die Verdingungsordnungen für Bauleistungen durch eine Flucht ins Privatrecht zu entziehen. Dabei habe sich gerade die VOB über Jahrzehnte als transparentes, manipulationssicheres Instrument bei der Vergabe öffentlicher Aufträge erwiesen. An die Niedersächsische Landesregierung appellierte Munte, gesetzlich sowohl das Land, die Kommunen, als auch deren private Tochterfirmen zu verpflichten, Aufträge auch unterhalb des Schwellenwertes von fünf Millionen Euro nach der VOB/A auszuschreiben.
Die niedersächsische Bauindustrie lehnt nach Aussage ihres Präsidenten jegliche Form illegaler Praktiken auf dem Baumarkt ab und unterstützt alle Instrumente, die geeignet sind, wirkungsvoll gegen Illegalität vorzugehen. Das Ziel der deutschen Bauindustrie sei, so Munte, die Rahmenbedingungen auf dem Baumarkt so zu gestalten, dass nur seriöse und legal agierende Unternehmen auf dem Baumarkt Erfolg hätten. Dazu müssten die bestehenden Vorschriften zum Ausschluss unangemessen niedriger Angebote von der Vergabe öffentlicher Aufträge konsequent angewendet und entsprechende Kontroll- und Reaktionsmechanismen auf Seiten der öffentlichen Hand entwickelt werden.
Besonders wichtig in diesem Zusammenhang sei die konsequente Einhaltung des sog. Niedersächsischen Vergabeerlasses, der die öffentlichen Auftraggeber verpflichte, bei einer erheblichen Abweichung zum nächst höheren Angebot bzw. eklatanten Preisunterschreitungen bei Einzelpreisen Aufklärung vom Bieter über seine Kalkulation zu fordern. Dieser Erlass, der zunehmend Nachahmung auch in anderen Bundesländern fände, bedürfe weiterer Konkretisierung, damit Fehlentwicklungen auf dem Baumarkt noch wirksamer entgegengetreten werden könnten.
Quelle und Kontaktadresse:
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