Pressemitteilung | Deutscher Bauernverband e.V. (DBV)

Neujahrsgrußwort 2025 von DBV-Präsident Joachim Rukwied

(Berlin) - Liebe Bäuerinnen und Bauern,
hinter uns liegt ein ereignisreiches Jahr. Die Wahlen in den Bundesländern, aber auch in den USA, waren eine Zäsur für unser demokratisches Selbstverständnis. Der Krieg in der Ukraine dauert noch immer an und beschäftigt uns täglich. Aber auch wirtschafts- und agrarpolitisch stehen wir in Deutschland vor einem Kipppunkt. Mit jedem Tag wird es offensichtlicher, dass die Wettbewerbsfähigkeit, der Wohlstand und die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft und Landwirtschaft ernsthaft gefährdet sind. Die Unzufriedenheit mit der Politik der vergangenen Jahre ist auch aus diesem Grund nahezu auf einem Allzeithoch. Das vorzeitige Ende der Ampel-Koalition ist deshalb konsequent und folgerichtig, nachdem die Koalitionäre anstelle des angekündigten Fortschritts lediglich von einer Krise in die nächste gestolpert sind und sich im Streit überboten haben, anstatt gute Politik zu machen.

Es braucht einen Politikwechsel

Was also ist notwendig, um dem Wirtschafts- und Landwirtschaftsstandort Deutschland wieder Zuversicht und Perspektiven zu geben? Dafür braucht es eine stabile und vertrauensbildende Regierung, ebenso einen echten Politikwechsel. Wirtschaft und Landwirtschaft benötigen Wettbewerbsgleichheit innerhalb der EU, einen wirksamen Bürokratieabbau für unsere Betriebe, Planungssicherheit und passende politische Rahmenbedingungen ohne Überregulierung. Es braucht eine Politik, die Vorschläge aus der Praxis aufgreift und diese Expertise vermehrt in die Gesetzgebung einfließen lässt. Nur so kann mit praxistauglichen Maßnahmen Zukunft gestaltet werden und nur so kann unsere Gesellschaft wieder Vertrauen in die Politik gewinnen. Dies ist angesichts der enormen Herausforderungen, vor denen wir stehen, dringend notwendig. Wir können es uns weder leisten, unsere Landwirtschaft und Wirtschaft erodieren, noch unsere Gesellschaft weiter zersplittern zu lassen – insbesondere nicht in diesen unsicheren Zeiten, die von geopolitischen Konflikten, Desinformation und dem Klimawandel geprägt sind.

Starker Rückhalt für unsere Branche

Diesen Politikwechsel haben wir bereits bei unseren Bauernprotesten im vergangenen Winter gefordert. Neben unseren konkreten Forderungen nach einer Rücknahme der Streichung des Agrardiesels und der Kfz-Steuerbefreiung haben wir bereits dort aufgezeigt, dass für eine wettbewerbs- und zukunftsfähige Landwirtschaft dringend ein echter Bürokratie- und Überregulierungsabbau erfolgen muss. Damit haben wir einen Nerv getroffen – rund 80 Prozent der Bevölkerung stehen nach wie vor hinter uns. Dieses positive Feedback erleben wir nahezu täglich und das ist für mich persönlich der größte Erfolg. Gleichzeitig haben wir mit unseren Protesten die Bedeutung der Landwirtschaft nicht nur in die Zeitungen und Talkshows, sondern auch an die Esstische dieses Landes zurückgebracht. Auch das ist ein echter Erfolg!

Agenda für die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft erforderlich

Politisch konnten wir ebenfalls einiges erreichen: Die „grünen Kennzeichen“ sind erhalten geblieben – fast eine halbe Milliarde Euro Steuererhöhung wurde damit verhindert – und auch der Erhalt des Agrardiesels wurde gestreckt. Jetzt gilt es, weiter daran zu arbeiten, dass eine echte Agenda für die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit unserer Branche auf die Beine gestellt wird. Mit Blick auf die Bundestagswahl und die neue Bundesregierung haben wir als Deutscher Bauernverband zum Ende des Jahres unsere wichtigsten politischen Forderungen zur praxistauglichen Gestaltung der politischen Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft und die ländliche Räume vorgestellt. In zehn Kernanliegen beschreiben wir die notwendigen Maßnahmen, um in der kommenden Legislaturperiode die zentralen Herausforderungen unserer heimischen Landwirtschaft effektiv zu adressieren – eine tragfähige Lösung beim Agrardiesel zählt dezidiert dazu.

Ernährungssicherheit muss eine zentrale Rolle in der zukünftigen EU-Politik einnehmen

Auch in Brüssel haben wir mit unseren Protesten die agrarpolitische Agenda gedreht. Wir waren der Auslöser für eine Protestwelle in zahlreichen anderen Ländern und einige für uns nicht umsetzbare Auflagen wurden in der Folge bereits zurückgenommen. Die neue EU-Kommission muss nun den Worten Taten folgen lassen und weitere Versprechen einlösen. Auch auf EU-Ebene ist es an der Zeit, verloren gegangenes Vertrauen in die Europäische Union zurückzugewinnen. Dazu bedarf es einer Politik auf Augenhöhe, die die Anliegen der Landwirtschaft und der ländlichen Räume von Anfang an berücksichtigt. Hierzu zählt vor allem, das Agrarbudget nicht nur stabil zu halten, sondern zu erhöhen. Ernährungssicherheit muss unbedingt eine zentrale Rolle in der zukünftigen EU-Politik einnehmen und in diesem Zusammenhang müssen auch die zahlreichen Fehlentwicklungen des Green Deal korrigiert werden. Wir Landwirtinnen und Landwirte stehen zu den Zielen des Green Deal, wir stehen zum Klima-, Natur- und Artenschutz. Bereits heute wirtschaften wir hocheffizient und damit klimaschonend und setzen zahlreiche Biodiversitätsmaßnahmen in der Praxis um. Diesen Weg wollen wir fortsetzen. Die in den vergangenen Jahren vorgeschlagenen Maßnahmen würden jedoch nicht nur die eigentlichen Ziele des Klima- und Biodiversitätsschutzes konterkarieren, sondern auch zum Export der landwirtschaftlichen Erzeugung führen. Das ist nicht akzeptabel. Hier sind intelligentere Lösungen gefragt.

Mercosur-Abkommen darf in dieser Form nicht angenommen werden

Enttäuschend ist, dass beim Mercosur-Abkommen der Agrarteil nicht nachverhandelt wurde. Auch wenn es gesamtwirtschaftlich positiv zu bewerten ist, geht dieses Abkommen einseitig zu Lasten der europäischen Bauern und schwächt unsere Betriebe massiv im Wettbewerb. Damit ist es das Gegenteil der von der EU-Kommission zugesagten Stärkung der europäischen Landwirtschaft. Die geplanten Mechanismen zum Schutz europäischer Standards für Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung sind nach wie vor völlig unzureichend – zum Nachteil des Klima-, Umwelt- und Tierschutzes. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat als nun entscheidende Institutionen dürfen das Abkommen in dieser Form nicht annehmen!

Strukturbruch in der Tierhaltung muss gestoppt werden

Ein Bereich, in dem Perspektiven ganz besonders fehlen, ist die Tierhaltung. In den zurückliegenden Jahren seit 2013 haben durchschnittlich etwa zehn tierhaltende Betriebe pro Tag ihre Tore für immer geschlossen. Allein in der Schweinehaltung haben wir in den letzten zehn Jahren fast die Hälfte der Betriebe in Deutschland verloren. Dieser massive Strukturbruch muss gestoppt werden. Unpraktikable politische und gesetzgeberische Entscheidungen haben hierzu maßgeblich beigetragen und dämpfen selbst bei noch aktiven Tierhaltern die Investitionsbereitschaft. Wer hier nicht handelt, gefährdet nicht nur die landwirtschaftliche Tierhaltung in Deutschland, sondern auch das gewünschte hohe Tierwohl. Für eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Tierhaltung und insbesondere der Schweinehaltung braucht es ein breites Maßnahmenpaket, wie es die Borchert-Kommission einst vorgelegt hat. Erste Bausteine wurden in den zurückliegenden Jahren zwar gelegt, ein umfassendes Gesamtkonzept steht jedoch nach wie vor aus. Unsere Forderungen sind noch immer aktuell: In erster Linie braucht es ein verbindliches und tragfähiges Finanzierungskonzept! Das Bundesförderprogramm ist lediglich ein erster Schritt. Gleichzeitig muss die auf den Weg gebrachte Haltungskennzeichnung umfassend nachgebessert und auch die Herkunftskennzeichnung umgesetzt werden. Auch brauchen unsere Tierhalter dringend Anpassungen im Bau- sowie Genehmigungsrecht, um Stallumbauten tatsächlich zu ermöglichen. Lückenhaftes Stückwerk bringt uns nicht weiter.

Mehr junge Menschen in den Bauernverband

Letztlich müssen sich aber nicht nur die politischen Rahmenbedingungen ändern, auch der Verband selbst wird sich weiterhin wandeln. Im Bauernverband versuchen wir aktiv, immer mehr junge Menschen für die Verbandsarbeit zu begeistern und wollen eine Plattform für die Vernetzung und den Austausch schaffen. Auch beim Thema „Mehr Frauen im Bauernverband“ sind wir auf einem guten Weg. Das Unternehmerinnen-Netzwerk des Deutschen Bauernverbandes wächst weiter und mit der Fortführung des Mentoring-Programmes gelingt es, immer mehr Frauen den Einstieg in die Verbandsarbeit zu erleichtern und für Führungspositionen in der Landwirtschaft und im Verband zu begeistern. Das große Interesse zeigt: Wenn man neue Gesichter sucht, die sich verbandspolitisch einbringen wollen, dann findet man sie auch! Nicht nur auf den Höfen, sondern auch auf allen Ebenen des Bauernverbandes sind die Expertise und der Blickwinkel von jungen Menschen unverzichtbar. Sowohl der Bauernverband als auch die Landwirtschaft im Allgemeinen brauchen das.
Auch deshalb freuen wir uns, dass wir ab Herbst dieses Jahres Stefanie Sabet als neue Generalsekretärin für unseren Verband gewinnen konnten. Sie ist eine profunde Kennerin der Branche und verfügt über ein großes politisches Netzwerk. Damit stellen wir die Weichen für einen weiterhin starken Bauernverband.

Wandel als "ZukunftsBauer" mitgestalten

Veränderung und Weiterentwicklung begleiten die Landwirtschaft seit jeher – und betreffen auch keineswegs nur unsere Branche, sondern die gesamte Gesellschaft. Auch wenn die Herausforderungen und Unsicherheiten groß sind, wollen wir als Bauernverband diesen stetigen Wandel mitgestalten. Unser Anspruch ist es, dies gemeinsam mit viel Innovationsmut und Unternehmergeist als „ZukunftsBauer“ anzugehen. In Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung sind Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung umso wichtiger. Auf dem Land ist es für viele Menschen noch selbstverständlich, sich ehrenamtlich zu engagieren und einen Beitrag zu einem gut funktionierenden gesellschaftlichen Miteinander zu leisten. Auch das ist letztendlich ein Teil dessen, was den „ZukunftsBauer“ ausmacht. Zusammen können wir die demokratische Mitte stärken. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die Zukunft in unserem Sinne zu gestalten und gleichzeitig Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Zeit zu finden.

Nach den zahlreichen schrecklichen Ereignissen des vergangenen Jahres mit Kriegen und Anschlägen wie zuletzt in Magdeburg wünsche ich uns allen ein friedlicheres Jahr 2025.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Bauernverband e.V. (DBV), Claire-Waldoff-Str. 7, 10117 Berlin, Telefon: 030 31904-0

NEWS TEILEN: