Pressemitteilung | eco - Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V.

Neuer Gesetzentwurf gefährdet Internetwirtschaft in Deutschland

(Köln) - Das von der Bundesregierung geplante Elektronische
Geschäftsverkehr-Gesetz (EGG) und der jüngste Entwurf des
Teledienstegesetzes (TDG) werfen Deutschland in die "Steinzeit der Internet-Gesetzgebung" von 1996 zurück, warnt der Verband der deutschen Internetwirtschaft, eco Electronic Commerce Forum e.V. (Berlin/Köln). Es geht dabei um die Haftungsproblematik bei denjenigen Unternehmen, die Verbrauchern und Firmen überhaupt erst den Zugang zum Internet ermöglichen, den Internet Service Providern(ISP).

Nach bisheriger Rechtslage müssen die ISP-Gesellschaften den Zugang zu rechtswidrigen Inhalten nach allgemeinen Gesetzen nur dann sperren, wenn sie "Kenntnis" von den "rechtswidrigen Inhalten" erlangen und wenn die Maßnahme "technisch möglich" und "zumutbar" ist. Doch die im EGG vorgesehene Novellierung des TDG ersetzt den bisherigen Haftungsparagraphen durch eine neue Bestimmung. Die Folgen wären fatal: Der Vorbehalt der Rechtswidrigkeit der Information und die technischen Möglichkeiten und die Zumutbarkeit sollen wegfallen - damit stünde jeder einzelne Provider einer uneingeschränkten Haftung für das globale Internet nach allgemeinen Gesetzen gegenüber.

Als geradezu "fatal" beurteilt der eco-Verband die Formulierung im neuen TDG-Entwurf, wonach die Verpflichtung zur Sperrung oder Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen selbst dann besteht, wenn die Provider-Verantwortung gemäß TDG gerade nicht festgestellt wird. "Das öffnet der Willkür abmahnwütiger Anwälte und unerfahrener Behörden Tür und Tor", befürchtet Harald A. Summa. Auch das ist kein theoretisches Szenario. Erst vor wenigen Tagen hat der Regierungspräsident von Düsseldorf als Aufsichtsbehörde begonnen, gegen Internet Service Provider in Nordrhein-Westfalen ordnungsrechtliche Schritt einzuleiten. "Seine Forderung an deutsche Provider, ausländische Webseiten auf ausländischen Servern zu sperren, zeugt von einem vollständigen Realitätsverlust", urteilt eco-Geschäftsführer Harald A. Summa.

"Konsequent zu Ende gedacht, koppelt sich Deutschland damit vom Internet ab. Ein ISP stellt Firmen und Verbrauchern den Zugang zum gesamten World Wide Web bereit. Er kann jedoch keine uneingeschränkte Haftung für die Inhalte übernehmen, die auf den mehr als 2 Milliarden Webseiten rund um den Globus gezeigt werden", erklärt Harald A. Summa, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft. Er zeigt die Folgen auf: "Da kein ISP die Verantwortung für das WWW übernehmen kann, müsste er den Betrieb mit Inkrafttreten von EGG und neuem TDG einstellen. Damit wäre Deutschland vom Internet abgekoppelt."

Der eco-Geschäftsführer verweist darauf, dass es sich hierbei nicht um ein abstraktes Szenario handelt, sondern dass es bereits einen konkreten Fall gegeben hat: der Prozess um den Ex-Geschäftsführer von Compuserve Deutschland. Er war 1997 zunächst wegen Mittäterschaft bei der Verbreitung von Kinder- und
Tierpornografie übers Internet zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe und 100.000 DM Geldbuße verurteilt worden. "Völlig zu Unrecht", sagt Harald A. Summa: "Das damals vom Gericht geforderte automatische Sperren zweifelhafter Inhalte auf fremden Server ist für den WWW-Zugangsprovider technisch überhaupt nicht zu verwirklichen. Das gilt heute noch genau so."

Zudem fehlt schon die 1999 im Evaluierungsbericht zum Informations- und Kommunikationsdienstegesetzt (IuKDG) von der Bundesregierung selbst angemahnte Klarstellung, wann ein Provider Kenntnis besitzt. "Erfüllt schon ein anonymer Anruf beim Pförtner des Providers den Tatbestand der Kenntnis und beginnt damit bereits die Haftung des Geschäftsführer der ISP-Gesellschaft" wirft eco-Chef Harald A. Summa eine Frage auf, auf die die neue Gesetzeslage schlichtweg keine Antwort hätte.

Der neue TDG-Entwurf erfodert von den Providern nicht mehr ein Handeln bei "Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Inhaltes". Wenn es aber nicht mehr auf die Rechtswidrigkeit ankommt, reicht es für eine Sperrungsverpflichtung aus, dass der Provider irgendwie erfährt, dass er angeblich illegale Informationen verbreitet oder hostet. Das bedeutet für die Provider, dass sie den Ansprüchen Dritter auf eine Sperrung von Informationen einerseits und Schadenersatzansprüchen der eigenen Kunden andererseits ausgeliefert wird.

Die besondere Problematik dabei laut eco-Verband: Wer beurteilt bei Inhalten, was erlaubt und was illegal ist? "Die Gesetzwidrigkeit feststellen kann weder der anonyme Anrufer noch der Pförtner noch der Geschäftsführer", sagt Harald A. Summa.

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft fordert daher eine explizite gesetzliche Regelung des Verfahrens, mit dem die Provider Kenntnis von bedenklichen Inhalten erhalten. Er fordert ferner, die Haftung der Provider auf das technisch Mögliche und wirtschaftlich Zumutbare zu begrenzen. Der Gesetzgeber muss verstehen, dass die Unternehmen, die Deutschland den Zugang zum World Wide Web verschaffen, nicht die Verantwortung für die weltweiten Inhalte des WWW übernehmen können. Daher fordert der eco-Verband auch sicherzustellen, dass die besondere Haftungslage in Bezug auf das Internet, die das TDG regeln will, nicht durch ein Ausweichen auf allgemeine Gesetze ausgehebelt werden kann, wie es in Nordrhein-Westfalen versucht wird.

"Die jetzt vorgelegten abweichenden Formulierungen leisten abmahnwütigen Anwälten Vorschub und liefern die Provider technisch unversierten Aufsichtsbehörden aus", warnt eco-Geschäftsführer Harald A. Summa. Sollte die Bundesregierung den Gesetzentwurf tatsächlich wie geplant im November durch Parlament und Kabinett bringen, kommen massive Probleme auf die Internetbranche in Deutschland zu, erklärt der eco-Verband.

eco Electronic Commerce Forum e.V. ist der Verband der Internetwirtschaft in Deutschland. Ziel ist, die kommerzielle Nutzung des Internets voranzutreiben, um die Position Deutschlands in der globalen Internet-Ökonomie und damit den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt zu stärken. eco-Forum versteht sich in diesem Sinne als Interessenvertretung der deutschen Internetwirtschaft gegenüber der Politik, in Gesetzgebungsverfahren und in internationalen Gremien.

Quelle und Kontaktadresse:
Electronic Commerce Forum e.V. (eco) - Verband der deutschen Internet-Wirtschaft Grasweg 2 50769 Köln Telefon: 0221/9702407 Telefax: 0221/9702408

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