Pressemitteilung | Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W)

Neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind alarmierend

(Berlin) - Die aktuelle Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes zeigt einen neuen Höchststand der Zahl untergebrachter wohnungsloser Menschen in Deutschland. Laut der neuesten Daten ist die Zahl der Menschen, die zum Stichtag 31. Januar 2024 entweder durch die Kommunen ordnungsrechtlich oder in Einrichtungen der freiverbandlichen Wohnungsnotfallhilfe untergebracht waren, gegenüber dem Vorjahr um +18 Prozent auf 439.500 gestiegen. Dabei bildet diese Zahl nur einen Teil des erschreckenden Gesamtausmaßes der Wohnungsnot ab. Nicht erfasst sind diejenigen, die in verdeckter Wohnungslosigkeit bei Familienmitgliedern, Freund:innen oder Bekannten unterkommen, sowie obdachlose Menschen, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben. Auch Personen, die in Frauen- und Gewaltschutzhäusern unterkommen, ganzjährig in Wohnwagen, auf Campingplätzen oder auf Kleingartenparzellen leben oder auf eigene Kosten in Billigpensionen, Schlichthotels oder Monteurswohnungen wohnen, sind nicht enthalten. Sie alle sind wohnungslos, wenn ihnen kein mietrechtlich abgesicherter Wohnraum oder Wohneigentum zur Verfügung steht.

Sabine Bösing, Geschäftsführerin der BAG W, macht deutlich: "Diese extrem hohe Zahl ist besorgniserregend. Wir dürfen nicht vergessen, dass hinter jeder Zahl ein persönliches Schicksal steckt - Menschen, die ihr Zuhause verloren haben und in große Not geraten sind."

In der Statistik machen Ukrainer:innen knapp ein Drittel (31 Prozent) aller untergebrachten wohnungslosen Menschen aus. Paul Neupert, Referent der BAG W, ordnet die veröffentlichten Zahlen so ein: "Wir dürfen aber nicht der Mär der 'problematischen Zuwanderung' als Grund für Wohnungsnot auf den Leim gehen. Das Problem liegt vielmehr darin, dass der Wohnungsmarkt seit langem nicht genug bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnraum bereitstellt, wo er benötigt wird. Viele Haushalte können sich die steigenden Mieten einfach nicht mehr leisten. Unter diesen Bedingungen finden deutsche wie nicht-deutsche Personen kaum noch eine eigene Wohnung und verharren lange in Notunterkünften. Es wäre aber fatal, diese Betroffenengruppen nun gegeneinander auszuspielen."

Der Anstieg der Zahl der Betroffenen von 372.000 im Jahr 2023 auf 439.500 im Jahr 2024 ist, wie schon im Vorjahr, auch das Ergebnis einer verbesserten Erfassung. Gleichwohl erhöht die steigende Zahl den Handlungsdruck auf die Regierung, den verabschiedeten Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit "Gemeinsam für ein Zuhause" (NAP), schnell mit effektiven Maßnahmen in die Umsetzung zu bringen.

"Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist nach wie vor extrem angespannt und führt dazu, dass immer mehr Menschen in Bedrängnis geraten.", so Susanne Hahmann, Vorsitzende der BAG W. "Wir appellieren an die Bundesregierung, vereinbarte Maßnahmen zur Überwindung der Wohnungslosigkeit zügig und direkt umzusetzen."

Die BAG W fordert deshalb:

1. Wohnraum: Es braucht mehr bezahlbaren Wohnraum. Der Bestand an Sozialwohnungen muss deutlich erhöht werden. Sozialbindungen müssen dauerhaft gesichert sein. Um auch wohnungslosen Menschen die Chance auf eine Wohnung zu geben, braucht es in diesem Segment zudem angemessene Quoten für akut wohnungslose Menschen.
2. Hilfen: Um den Weg von der Unterkunft oder der Straße in die eigene Wohnung zu ermöglichen, brauchen die Betroffenen einen niedrigschwelligen Zugang zum professionellen Hilfe- und Unterstützungssystem sowie passgenaue Hilfen. Der Rechtsanspruch gilt auch für Menschen in ordnungsrechtlichen Unterkünften und muss konsequent umgesetzt werden.
3. Prävention: Jede Gemeinde oder Stadt, zumindest aber jeder Landkreis, sollte eine Zentrale Fachstelle zur Verhinderung und Behebung von Wohnungslosigkeit haben. Sie helfen nachweislich, weitere Wohnungsverluste zu verhindern. Hierfür braucht es ein Förderprogramm zu Initiierung durch den Bund.
4. Wohnkosten: Die Ausnahmen bei der Mietpreisbremse wie Kurzzeitvermietungen oder möblierte Vermietungen müssen beendet werden. Die Kappungsgrenze muss zudem auf 11 Prozent reduziert werden, um den rasanten Mietanstieg in vielen Regionen abzumildern. Sie muss auch als Grenze für Indexmietverträge gelten.
5. Schonfrist: Der Gesetzgeber muss klarstellen, dass bei einer Mietschuldenbefriedigung nicht nur die außerordentliche (fristlose) Kündigung, sondern auch die hilfsweise erklärte ordentliche (und fristgerechte) Kündigung des Mietverhältnisses geheilt ist. Wer seine Miete nachzahlt, darf seine Wohnung nicht verlieren.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) Berit Pohns, Pressereferentin Waidmannsluster Damm 37, 13509 Berlin Telefon: (030) 2 84 45 37 0, Fax: (030) 2 84 45 37 19

(jg)

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