Neue Musterwiderrufsbelehrung
(Düsseldorf) - Zum 1. April 2008 steht ein neues Muster zur Widerrufsbelehrung im Fernabsatzhandel zur Verfügung. Die ursprüngliche Vorlage war Gegenstand zahlreicher Abmahnungen und hatte sich daher als untauglich für die Praxis erwiesen.
Gerichte hatten verschiedene Passagen des Musters für rechtswidrig erklärt und damit Massenabmahnern in die Hände gespielt. Bis heute ist die Rechtslage wegen unterschiedlicher Rechtsauslegung verschiedener Oberlandesgerichte so unklar, dass die Verwendung einer Widerrufsbelehrung dem sprichwörtlichen Ritt auf der Rasierklinge gleicht. Nur über eines besteht Einigkeit: Eine Widerrufsbelehrung zu erteilen, die nicht nach einem der vielen ergangenen Urteile angreifbar ist, bleibt für die meisten der Online-Händler nahezu unmöglich. Das Risiko, Opfer einer kostenpflichtigen Abmahnung zu werden trifft insbesondere, aber nicht nur eBay-Händler.
Indessen erwies sich die Änderung des Musters als schwieriges Unterfangen. Schon bald stellte man auch auf Gesetzgeberseite fest, dass das deutsche Verbraucherschutzrecht, welches weit über die Anforderungen der europäischen Vorschriften hinausgeht, so kompliziert ist, dass die Berücksichtigung aller Vorgaben zu einem mehrseitigen Text geführt hätte. Die Verwendung eines solchen Ungeheuers hätte zweifelsohne den bezweckten Verbraucherschutz ins Gegenteil verkehrt.
Zum 1. April 2008 wird nun ein nochmals überarbeitetes Muster in Kraft treten, in dem alle bislang bekannt gewordenen Fehler berücksichtigt sein sollen. Allerdings erscheint zweifelhaft, ob dem Bundesjustizministerium gelungen ist, woran sich Scharen von Rechtsanwälten und Unternehmensjuristen jahrelang die Zähne ausgebissen haben. Bei genauerem Hinsehen erweist sich auch die neue Musterbelehrung als angreifbar. So ist beispielsweise fraglich, ob der vom Muster vorgesehene Verweis auf gesetzliche Normen ohne Darstellung deren Inhalts gegen das AGB-rechtliche Transparenzgebot verstößt. Auch wird das Muster nicht dem Interesse vieler Anbieter gerecht, ein einheitliches Muster verwenden zu können, auch wenn verschiedene Geschäftsmodelle (Abholung oder Versand, Sofortzahlung oder Finanzierung, Ware oder Dienstleistung) angeboten werden.
Das bedeutendste Manko des sicher gut gemeinten Musters hat der Gesetzgeber bislang nicht beseitigt: Das Muster hat lediglich Verordnungsrang und wird damit nach wie vor von den beschriebenen, komplizierten Verbraucherschutzgesetzen verdrängt. Da dieses Problem bekannt ist, will man der Verordnung noch in diesem Sommer zu Gesetzesrang verhelfen. Erst dann wäre der Verwender des neuen Musters auf der sicheren Seite.
Bis dahin fällt es schwer, eine Empfehlung auszusprechen, ob das neue Muster verwendet werden soll. Diese Frage stellt sich auch deswegen, weil eine Übergangsfrist bis Ende September vorgesehen ist, in der die alte Rechtslage parallel fort gilt. In den meisten Fällen wird die Verwendung des neuen Musters ratsam sein, auch weil zunehmend eine Staatshaftung diskutiert wird. Allerdings sollten diejenigen Händler, die in der Vergangenheit bereits Unterlassungserklärungen abgegeben haben, darauf achten, dass die Verwendung des neuen Musters nicht zur Fälligkeit von Vertragsstrafen führt. Jedenfalls steht zu erwarten, dass Abmahner, die jahrelang einfaches Geld verdient haben, nicht ohne weiteres das Feld räumen werden. Die regelmäßige Überprüfung des verwendeten Musters auf Übereinstimmung mit der aktuellen Rechtsprechung ist daher ratsam.
Das neue Muster findet sich unter: http://www.bmj.de/files/-/3052/BGB_Info_VO_120308.pdf.
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