Neue Märkte besetzen! / Erfolgsstrategien für Anwälte und Steuerberater
(Berlin) - Unter diesem Motto stand der am 3. 12. 2007 in Frankfurt am Main durchgeführte Betriebs-Berater Kongress 2007. Die Veranstaltung von 09.00 Uhr 18.00 Uhr war in verschiedene Schwerpunktthemen gegliedert. Zunächst ging es um das Thema Liberalisierung der Berufsrechte. Hierzu sprach RA Dr. Michael Kleine-Cosack, Freiburg. Dieser appellierte nachdrücklich an die Freien Berufe, sich bewusst zu sein, wie viel sich gegenwärtig um sie herum verändert. Die Freien Berufe dürften der Realität nicht immer nur hinterher laufen, sondern sollten die Realität früher und ernsthafter zur Kenntnis nehmen. Freiberufliche Regulierungen stünden allenthalben auf dem Prüfstand. Zwar zeichne der deutsche Gesetzgeber in aller Regel nur das Notwendige nach, so nach Ansicht Kleine-Cosacks beim Rechtsdientsleistungsgesetz, beim Erfolgshonorar und auch im Steuerberatungsgesetz. Viel stärker sei demgegenüber aber der Druck aus Brüssel, was auch verständlich sei, wenn man an die übergeordnete Sichtweise Brüssels denke: Gäbe es zu bestimmten Fragestellungen Regulierungen nur in einzelnen EU-Mitgliedsstaaten, gerieten diese Regulierungen unter einen besonderen Rechtfertigungsdruck.
Eindringlich verwies Kleine-Cosack auf die sog. Optiker-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Das Saarländische Oberverwaltungsgericht habe die Grundsätze dieses Urteils in überzeugender Weise auf das Recht der deutschen Apotheken übertragen. Die Grundsätze dieses Urteils seien aber auch auf andere Freie Berufe analog anzuwenden. Auch § 9 Steuerberatungsgesetz (Erfolgshonorar) müsse geändert werden, weil die Vorschrift so, wie sie ist, nicht im Einklang mit der Verfassung steht. Anschaulich stellte Dr. Kleine-Cosack dar, nach welchem Prüfungsschema der Europäische Gerichtshof Verbote für die freie Berufsausübung in nationalen Vorschriften untersucht und bewertet. Danach dürfen diese Verbote nicht diskriminierend wirken, sie müssen zwingenden Gründen des Allgemeinwohls dienen und sie müssen zu diesem Zwecke verhältnismäßig, also geeignet und erforderlich sein. Dabei unterscheide der EuGH zwischen dem Gemälde und dem Rahmen, wie Dr. Kleine-Cosack sich ausdrückte. Das Gemälde, also den Kernbereich der Berufsausübung, stelle die Erbringung der Dienstleistung selbst dar, während der Rahmen, also der Randbereich der Berufsausübung, Themen betreffe, die nur mittelbar mit der Dienstleistungserbringung zusammenhängen, wie z. B. die Werbung, Sozietätsverbote, Kapitalbindung, Zweigstellenverbote, Verbot der Sternsozietät. Das Bundesverfassungsgericht habe hierzu einen klaren Grundsatz entwickelt: Eine Gefahr muss dort bekämpft werden, wo sie ist; nur dann ist ein Verbot oder ein sonstiger Eingriff verhältnismäßig. Hieraus folgerte Dr. Kleine-Cosack, dass ein totales Fremdbesitzverbot bei Freien Berufen unverhältnismäßig sein dürfte. Weitere Themen, mit denen sich Dr. Kleine-Cosack auseinander setzte, waren die teilweise noch bestehenden Verbote für interprofessionelle Sozietäten, der Abbau von Berufsmonopolen und die sog. Unterschreitungsverbote im Gebührenrecht mancher Freier Berufe. Zum Thema Erfolgshonorar bei Rechtsanwälten merkte Dr. Kleine-Cosack an, dass die Regelung dadurch, dass den besonderen Umständen des Einzelfalles Rechnung getragen werden darf, eine weitestgehende Öffnung erfahren dürfte.
Sodann sprach Rechtsanwältin Birte Meyer, Syndica der Allianz ProzessFinanz GmbH, über neue Perspektiven der Prozessfinanzierung durch Freigabe des Erfolgshonorars.
WP/ StB Dr. Ferdinand Rüchardt, Geschäftsführer der ECOVIS Wirtschaftstreuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, stellte den Zuhörern anschließend dar, wie sich Rechtsanwälte und Steuerberater durch innovative Leistungsangebote einen Wettbewerbsvorteil sichern können. Dabei sprach er u. a. neue Dienstleistungsangebote im Bereich der umsatzsteuerlichen Beratung sowie auch Dienstleistungspakete im Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge an. Oftmals, so stellte Dr. Rüchardt fest, werde in Gebieten, in denen eigentlich der Steuerberater gefragt werden sollte, die Bank vom Mandanten um Rat gefragt. Insgesamt plädierte er dafür, Dienstleistungen nicht aus der Sicht der Freien Berufe zu konzipieren, sondern aus der Sicht der jeweiligen Mandanten.
RA Dr. Matthias Kilian, Vorstand des Soldan Instituts für Anwaltsmanagement e. V., befasste sich sodann mit besonderen Aspekten des Rechtsdienstleistungsgesetzes, des Entwurfs der Bundesregierung zur Neuregelung des Erfolgshonorars und Gebührenfragen.
Der zweite Block der Veranstaltung war dem Thema Spezialisierung im steuerberatenden Beruf gewidmet. DStV-Hauptgeschäftsführer RA/ FAStR Prof. Dr. Axel Pestke schilderte hierzu das Fachberaterkonzept des DStV für vereinbare Tätigkeiten. StB/WP/RA Dr. Raoul Riedlinger, für das Berufsrecht zuständiges Mitglied des Präsidiums der Bundessteuerberaterkammer, berichtete demgegenüber über das Fachberaterkonzept der Kammern für die Vorbehaltsaufgaben. Beide Redner waren sich darin einig, dass die Spezialisierung auch bei Steuerberatern voranschreiten wird und dass es in beiden Bereichen aussagekräftiger Spezialisierungshinweise bedarf.
Ausdrücklich erklärte Dr. Riedlinger, dass die Kammer die Initiative des Deutschen Steuerberaterverbandes, Fachberater für vereinbare Tätigkeiten ins Leben gerufen zu haben, begrüße, auch, weil sie gesehen habe, dass die seit langem propagierte Fortbildung im Bereich der vereinbaren Tätigkeiten einen nachhaltigen Schub dadurch erhalten habe, dass ein konkretes Konzept für die Weiterqualifizierung und - damit verbunden -Fachberaterbezeichnungen angeboten wurden. Noch immer gebe es aber im Kammerbereich gewisse Bedenken; man arbeite aber intensiv daran, eine für den Berufsstand überzeugende Lösung zu finden. In der anschließenden Podiumdsdiskussion, an der neben Dr. Kleine-Cosack, Prof. Dr. Pestke und Dr. Riedlinger auch der Vizepräsident der Bundesrechtsanwaltskammer, RA Dr. Michael Krenzler und der geschäftsführende Gesellschafter der Rödl & Partner GbR, RA/ StB Dr. Christian Rödl teilnahmen, wurde dann weiter um die Aspekte Spezialisierung und Liberalisierung gerungen. Dabei vertraten Dr. Kleine-Cosack und Prof. Dr. Pestke die Auffassung, dass es keinen Grund gebe, der eine Behinderung der DStV-Fachberaterbezeichnungen rechtfertigen könnte. Die Bezeichnungen seien insbesondere nicht irreführend und auch nicht verwechselbar. Eine Verwässerung der Marke Steuerberater trete durch sie nicht ein, weil der Begriff Steuerberater weiterhin an erster Stelle stehe.
Der dritte Teil der Veranstaltung war dem Thema Praxisorganisation gewidmet. Hans-Jürgen Rütter, Geschäftsführer der Von Lauff und Bolz Versicherungsmakler GmbH, mahnte die anwesenden Berufsträger, dem Thema Risiko- bzw. Versicherungs-Management in ihren Kanzleien mehr Bedeutung einzuräumen. Eine gut durchdachte Form der Versicherung sei für wirtschafts- und rechtsberatende Berufe unerlässlich. Anschließend berichteten Dr. Martin Köhler, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Genossenschaftlichen Verrechnungsstelle für Steuerberater in Bad Dürkheim und Sven Ries, Vorstand der Deutschen Anwaltlichen Verrechnungsstelle AG, über das Thema Factoring als Form des Honorarmanagements.
Das Themengebiet Marketing bildete den Abschluss der Veranstaltung. Zunächst berichtete RA/ StB Dr. Christian Rödl darüber, wie aus seiner Sicht Anwälte und Steuerberater durch Netzwerke oder Niederlassungen von der Globalisierung profitieren können. Rüdiger von Schönfels, Gründer der Agentur KOMMposition, stellte dar, was Anwälte und Steuerberater über die Arbeitsweise von Redaktionen wissen müssen, um medial präsent zu sein. Der Abschlussvortrag der Veranstaltung von RA Prof. Dr. Wilhelm Haarmann, Seniorpartner der Kanzlei Haarmann Partnerschaftsgesellschaft in Frankfurt, war dem Thema gewidmet Global Player vs. Start-up und behandelte unterschiedliche Anforderungen an Marketing und Akquise in großen und mittelständischen Kanzleien.
Insgesamt lieferte die Veranstaltung einen guten Überblick über aktuelle Entwicklungstendenzen im Bereich der Freien Berufe und gab praktische Fingerzeige, an welchen Stellschrauben Angehörige Freier Berufe ansetzen können, um Haftungsrisiken zu begrenzen und neue Märkte zu besetzen. An der Veranstaltung nahm auch die Präsidentin des Steuerberaterverbandes Hamburg, StB/ vBP Ute Mascher, teil.
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