Neue HOAI: Provokation oder Diskussionsgrundlage?
(Mainz) - „Viele um ihre Büroexistenz ringende und um ihren Arbeitsplatz kämpfende Architekten können den Referen-tenentwurf der Bundesregierung zur Novelle der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) nur als Pro-vokation empfinden“, so Stefan Musil, Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz anläßlich der Anhörung zum Referentenentwurf am 09. April in Berlin. Auch für Bauherrn wird der Weg zur eigenen Immobilie schwieriger und unübersichtlicher.
Die Vorschläge zu einer HOAI-Reform aus dem Bundeswirt-schaftsministerium führen faktisch zu einer Abschaffung des Preisrechts für Planungsleistungen. Damit sei weder den privaten noch der öffentlichen Bauherren gedient, so das kritische Urteil von Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplanern. Eine Honorarordnung, die die Interessen von Bauherren und Planern nicht hinreichend berücksichtigt, passe nicht in das gesamtpolitische Umfeld mit den Zielen: Klimaschutz, altersgerechtes (Um-) Bauen und freiberuflicher Existenzgründungen. Von der in der Koalitionsvereinbarung zugesicherten systemkonformen Novelle könne keine Rede sein.
So sieht der Referentenvorschlag vor, lediglich entwurfliche und planerische Leistungen bis zur Ausführungsplanung einer Hono-rarreglung zu unterwerfen. Die Vergütung des immer komplexer werdenden Baumanagements und der Bauleitung sollen nicht mehr honorarrechtlich geregelt sein. Diese willkürliche Trennung widerspricht dem notwendigen gesamtheitlichen Denken bei Planung und Ausführung, der Vermeidung von Schnittstellen-problemen und der durchgängigen Haftung. Der Gültigkeitsum-fang der HOAI soll schon bei fünf Millionen Euro Baukosten en-den. Das bedeutet eine 80prozentige Reduktion von bisher 25 Millionen Euro, womit nur noch kleinere und mittlere Baumaß-nahmen von Gebäuden bis hin zum Brückenbau honorarrechtlich erfaßt würden.
Die durch ein schwieriges Rechenverfahren vorgesehene erst-malige Anpassung der Honorare seit 1996 an die gestiegenen Bürokosten ist nicht funktional. Zusammen mit dem Wegfall der den höheren Aufwand abbildenden Umbau- und Modernisie-rungszuschläge führt dies sogar zu einer Honorarminderung.
Die international anerkannte überdurchschnittliche Qualität des Planens und Bauens in Deutschland basiere auf einem vernünf-tigen ordnungsrechtlichen Rahmen, so Präsident Musil. Dazu gehöre auch eine HOAI, die Planungsaufgaben am Verständnis von Bauqualität und Baukultur orientiere. Es kann nicht sinnvoll sein, vernünftige Regelungen aufzugeben, die dann in individuel-len Vertragsverhandlungen zwischen Bauherren und Planern hohe Kosten produzieren oder gar zu Rechtsstreitigkeiten führen. Dies gilt insbesondere bei öffentlichen Baumaßnahmen. Wo all-gemein gültige Regeln fehlen, müssen diese in jedem Einzelfall neu definiert, vereinbart und durchgesetzt werden. Ideal für marktmächtige Gruppen, für private Bauherren aber kein Vorteil.
Die Architektenkammer Rheinland-Pfalz appelliert an die Bundesregierung und die Landesregierung dafür zu sorgen, dass bis zum Sommer ein praktikabler Novellierungsvorschlag auf dem Tisch liegt, wobei sicher der eine oder andere gute Gedanke des Referentenentwurfs sich wiederfinden sollte. Dies gilt zum Bei-spiel für praktikable Vorschläge, welche die Kostensicherheit beim Bauen erhöhen.
Quelle und Kontaktadresse:
Architektenkammer Rheinland-Pfalz
Pressestelle
Hindenburgplatz 6, 55118 Mainz
Telefon: (06131) 99600, Telefax: (06131) 614926