Neue Gemeinschaftsinitiative "Zukunftswege Ost" stärkt Engagierte und Zusammenhalt in ostdeutschen Bundesländern
(Berlin) - Gemeinsam mit vier seiner Mitglieder - der Stiftung Bürger für Bürger (Halle/Saale), der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS (Hamburg), der Cellex Stiftung (Dresden) und der Freudenberg Stiftung (Weinheim a. d. Bergstraße) - ist der Bundesverband Deutscher Stiftungen Mitinitiator einer neuen Gemeinschaftsinitiative zur Stärkung der Zivilgesellschaft in Ostdeutschland, die gestern im Rahmen eines Pressegesprächs im Bundeskanzleramt vorgestellt wurde. Der Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland, Staatsminister Carsten Schneider, übernimmt die Schirmherrschaft.
Langfristiger Wirkungsansatz: Bündelung von Förderinstrumenten, kommunikativen Maßnahmen und Vernetzungsangeboten
- Zukunftswege Ost unterstützt bürgerschaftliches Engagement vorrangig in ländlichen Regionen Ostdeutschlands. Die Initiative setzt sich für eine resiliente Zivilgesellschaft ein, die ein unentbehrlicher Standortfaktor für die Lebensqualität vor Ort und wirksamer Garant demokratischer Räume und Aushandlungsprozesse ist.
- Zukunftswege Ost bündelt bedarfsorientiert vorhandene Ressourcen und Potenziale. Auf dieser Basis entwickelt die Initiative gemeinsam mit starken Partnern vor Ort verlässliche Unterstützungsangebote für die Zivilgesellschaft.
- Zentrales Vorhaben ist ein unbürokratischer Gemeinschaftsfonds aus privaten Mitteln, der bis Juli 2024 aufgesetzt wird. Mit bis zu 5.000 Euro sollen Initiativen und Projekte gefördert werden, die sich für eine demokratische Kultur, ein friedliches Miteinander und die Gleichwertigkeit aller Menschen einsetzen.
- Unter dem Dach der Gemeinschaftsinitiative möchte Zukunftswege Ost Engagierte mit ihren Aktivitäten stärker in den öffentlichen Fokus rücken und überregional sichtbarer machen. Es sollen gerade diejenigen ermutigt werden, die ihre Region mit großem Mut und persönlichem Einsatz unter oftmals schwierigen Bedingungen positiv mitgestalten. Dahinter steht das Anliegen, ein differenzierteres Bild von Ostdeutschland zu zeichnen.
- Zukunftswege Ost will zudem das Stiftungsengagement in Ostdeutschland langfristig stärken und hier Menschen - insbesondere Unternehmer:innen - für die Idee des Stiftens gewinnen.
Carsten Schneider, MdB, Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland und Staatsminister beim Bundeskanzler: "Viele Menschen in Ostdeutschland engagieren sich in Vereinen und Initiativen für das Gemeinwohl, machen so ihre Gemeinden lebenswerter und setzen sich für eine offene tolerante Gesellschaft ein. Sie tragen täglich zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land bei. Für unsere Demokratie ist das immens wichtig. Dafür braucht es eine verlässliche Finanzierung in Ergänzung der öffentlichen Strukturen. Durch die Gemeinschaftsinitiative Zukunftswege Ost sollen zahlreiche ehrenamtliche Projekte umgesetzt werden - gerade auch dort, wo Unterstützung besonders nötig ist. Als Schirmherr möchte ich gern dazu beitragen, dass viele starke Partner der Gemeinschaftsinitiative beitreten und so ihre Wirkung und Reichweite verstärken."
Dringender Handlungsbedarf: Nachhaltige Stärkung des Engagements gerade in ländlichen Räumen Ostdeutschlands erforderlich
Bei aller notwendigen Differenzierung regionaler Unterschiede: Die in Ostdeutschland engagierte Zivilgesellschaft ist anpassungsfähig und versteht es, mit oftmals überschaubaren Ressourcen effizient an der Verbesserung der Lebensqualität und für ein demokratisches Miteinander vor Ort zu arbeiten. Hierin liegt eine besondere Stärke. Gleichzeitig beobachtet der Bundesverband Deutscher Stiftungen mit Sorge, dass sich viele Engagierte - insbesondere jenseits der urbanen Zentren Ostdeutschlands - immer größerem Druck ausgesetzt sehen. Das Erstarken demokratiefeindlicher Kräfte, der von ihnen beförderte Vertrauensverlust nicht nur in staatliche, sondern auch in zivilgesellschaftliche Institutionen, der Mangel an verlässlichen finanziellen Ressourcen und unzureichende öffentliche Aufmerksamkeit führen dazu, dass viele Potenziale ungenutzt bleiben oder sich wirksames Engagement im schlimmsten Fall nicht (mehr) entfalten kann.
Dr. Eva Sturm, Vorständin der Cellex Stiftung und Vorstandsmitglied im Bundesverband Deutscher Stiftungen: "Es ist höchste Zeit, vom Reden ins Tun zu kommen. Viele Engagierte stehen nicht nur finanziell, sondern auch aufgrund eines politisch zunehmend schwierigen Umfelds mit dem Rücken zur Wand. Unsere gemeinsame Kraftanstrengung muss daher über Lippenbekenntnisse, Kampagnen und symbolische Bündnisschlüsse hinausgehen. Es braucht ein Mehr an Sichtbarkeit und öffentlicher Anerkennung, am Ende aber vor allem auch finanzielle Unterstützung. Mit der Gemeinschaftsinitiative wollen wir diese Ressourcen mobilisieren und dort, wo die Bedarfe am größten sind, zum Einsatz bringen."
Breiter Schulterschluss im Fokus: Sektorenübergreifend Verantwortung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie übernehmen
Seit der Wiedervereinigung hat sich der Bundesverband Deutscher Stiftungen regelmäßig in Projekten, Veranstaltungsreihen und Publikationen für das Wirken von Stiftungen, Stifter:innen und der Zivilgesellschaft in Ostdeutschland eingesetzt. Im Sinne seines originären Satzungsauftrags und im Einklang mit seinen strategischen Schwerpunkten wird er dieses Engagement im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative intensivieren.
Annette Heuser, Vorsitzende des Vorstandes, Bundesverband Deutscher Stiftungen: "Das Eintreten für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung. Deshalb unterstützt und stärkt der Bundesverband das Stiftungsengagement und die Arbeit einer mutigen und vielfältigen Zivilgesellschaft - gerade auch in Ostdeutschland. Mit voller Überzeugung sind wir daher von Beginn an Mitinitiator von Zukunftswege Ost. Ich freue mich außerordentlich, dass dieses Vorhaben auf den Impuls gemeinnütziger Stiftungen zurückgeht und unser Sektor so einmal mehr unter Beweis stellt, dass er sich den gesellschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit stellt."
Bürgerschaftliches Engagement in Ostdeutschland: Wichtigste Kennzahlen zum Status Quo
- Von insgesamt 25.254 rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts hatten 2022 lediglich 1.833, also 7,3 Prozent, ihren Sitz in einem der ostdeutschen Bundesländer (exklusive Berlin). Quelle: Pressemitteilung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen vom 10.05.2023, vgl. auch Stiftungsfokus Nr. 17 "Die Stiftungslandschaft in Deutschland. Ost- und westdeutsche Länder im Vergleich", 2022.
- Rund 37 Prozent der Menschen in Ostdeutschland engagieren sich freiwillig. Diese Engagementquote lag bei der letzten Erhebung des bundesweiten Freiwilligensurveys 2014 bis 2019 nur geringfügig unter dem in den westdeutschen Ländern erzielten Wert. Quelle: Fünfter Deutscher Freiwilligensurvey 2019.
- Rund 42 Prozent der ostdeutschen Bevölkerung leben in Gemeinden, in denen keine engagementfördernden Strukturen bestehen (z.B. Bürgerstiftungen, Mehrgenerationenhäuser, Freiwilligenagenturen, Seniorenbüros). Quelle: Stiftung Bürger für Bürger, Studie "Engagementförderung in Ostdeutschland", 2022.
- 2022 waren 102.096 zivilgesellschaftliche Organisationen (eingetragene Vereine, gemeinnützige Kapitalgesellschaften, rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts und gemeinwohlorientierte Genossenschaften) in Ostdeutschland registriert. Zivilgesellschaftliche Organisationen mit jährlichen Gesamteinnahmen von bis zu 10.000 Euro erhalten hier nur etwa 8 Prozent ihrer Mittel aus öffentlicher Förderung.
- Fast alle der ca. 400.000 Unternehmen in Ostdeutschland (97 Prozent) engagieren sich für gesellschaftliche Belange, mit Spenden von 9.000 Euro jährlich allerdings deutlich geringer als Unternehmen in den "alten" Bundesländern (16.000 Euro). Quelle: ZiviZ im Stifterverband, "Vielfältig. Lokal. Vernetzt. Unternehmerisches und zivilgesellschaftliches Engagement in Ostdeutschland", 2024.
Quelle und Kontaktadresse:
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