Neben dem Wettbewerb rückt auch die soziale Grundversorgung ins Blickfeld der EU-Kommission
(Berlin/Köln) - Der Deutsche Städtetag begrüßt grundsätzlich den Entwurf der Mitteilung der Europäischen Kommission, der sich mit Fragen des Wettbewerbs für bedeutende öffentliche Dienstleistungen befasst. Er sieht jedoch noch Nachbesserungsbedarf.
In dem Spannungsverhältnis zwischen Wettbewerb und dem Angebot städtischer Dienstleistungen habe die Kommission auf Druck der Bundesländer, aber auch nach Verhandlungen mit den Städten eingeräumt, dass die Marktkräfte allein nicht in der Lage sind, die Qualität der Leistungen und eine flächendeckende Versorgung zu garantieren, erklärte heute der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages,
Dr. Stephan Articus. Die Kommission schlägt vor, dass bei Versagen der Marktkräfte die grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen auch unter besonderen Bedingungen erbracht werden können.
Articus äußerte sich positiv, auch wenn die Mitteilung insgesamt noch genauer geprüft werden muss: Die vorliegende Veröffentlichung der Kommission ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem Europa, in dem neben Wettbewerb auch die soziale Grundversorgung der Bevölkerung mit wichtigen Dienstleistungen gewährleistet werden kann. Ausdrücklich begrüßte Articus, dass die nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen ebenso wie kulturelle, soziale und bildungspolitische Aktivitäten vom europäischen Einfluss ausgenommen sein sollen.
Nachgebessert werden müssten jedoch noch die Ausführungen zu den städtischen Unternehmen. So weise zwar die Kommission darauf hin, dass sie in die Eigentumsordnungen der Mitgliedstaaten nicht eingreifen wolle, der Hinweis auf die Verpflichtung zur Ausschreibung öffentlicher Dienstleistungen - selbst bei Existenz von städtischen Unternehmen - sei jedoch äußerst unbefriedigend. Dies vor allem dann, wenn es - wie in Deutschland - nationale Regelungen gibt, die es den städtischen Unternehmen verbieten, sich an bundes- oder landesweiten Ausschreibungen zu beteiligen. Hier bedürfe es dringend eines abgestimmten Vorgehens zwischen Kommission und den Mitgliedstaaten.
Nicht hinreichend klar abgegrenzt ist nach Auffassung des Deutschen Städtetages außerdem die Einmischung der EU beim öffentlichen Dienstleistungsangebot. Zwar stellt die Kommission fest, dass lokale wirtschaftliche Aktivitäten, die den Handel nicht beeinträchtigen, zulässig sind. Allerdings plant die EU-Kommission eine Kontrolle dieser Aktivitäten. Insgesamt behält sich die Kommission also die Überprüfung vor, ob durch zukünftige Marktentwicklungen bisher unstreitig nicht-wirtschaftliche Leistungen zu Leistungen werden, die künftig unter die Wettbewerbsregeln fallen.
"Um Rechtssicherheit zu erhalten, müssen die Kompetenzen zwischen den staatlichen Ebenen klarer definiert werden", so der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. Bliebe die Kommission bei ihrer Position, dass allein der Markt bestimme, in welche Bereiche die Kommission regelnd eingreifen könne, wäre damit der Erhalt des Wettbewerbs nach wie vor das oberste Politikziel der Europäischen Union, die ökonomische Schlagseite des europäischen Vertragswerks bliebe erhalten.
Für die Städte ist diese Mitteilung von besonderer Bedeutung, da in der Bundesrepublik die Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen öffentlichen Dienstleistungen wie Personennahverkehr, Wasserversorgung und Abfallentsorgung vielfach von den Städten selbst verantwortet und übernommen wird. In der EU sind diese Dienstleistungen zum Teil bereits dem Wettbewerb unterstellt worden, zum Teil sind entsprechende Regelungen zu erwarten. Die Städte sehen in dieser Politik erhebliche Gefahren für die Verbraucherinnen und Verbraucher, insbesondere entstehen Probleme bei der Versorgungssicherheit oder beim Umwelt- und Gesundheitsschutz.
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