NAV-Virchow-Bund erneuert eigenes Konzept für ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem
(Berlin) - Der NAV-Virchow-Bund, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, unterstützt das von MEDI und den Ärztegenossenschaften vorgelegte Eckpunktepapier in weiten Teilen, legt jedoch wert auf die Feststellung, dass der NAV-Virchow-Bund im Jahre 2001 ein eigenes wegweisendes Positionspapier für ein neues zukunftsfähiges und generationengerechtes Gesundheitssystem entwickelt und im Jahre 2004 erneuert. Dieses Papier, das der Chefvolkswirt der Deutschen Bank als einen Masterplan für ein freiheitliches, effizientes und langfristig tragfähiges Gesundheitssystem bezeichnete, hat als Grundidee, dass alle Kassen zur Absicherung einer durch den Gesetzgeber festzulegenden Grundversorgung zu verpflichten, die über lohnunabhängige Prämien finanziert wird. Das Konzept des NAV-Virchow-Bundes werde, so Prof. Walter in einem Schreiben an den Bundesvorsitzenden, Dr. Maximilian Zollner, den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft entspricht und den Herausforderungen des demografischen Wandels gerecht. Hier das Konzept im Wortlaut:
1. Die Pflichtversicherung wird ersetzt durch eine Pflicht zur Versicherung. Diese beinhaltet die umfassende medizinische Grundversorgung. Das Leistungsspektrum wird vom Gesetzgeber festgesetzt und überwacht. Es wird von allen Krankenkassen einheitlich gemeinsam angeboten. Um einen echten Wettbewerb zu ermöglichen, werden die Kassen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in die Lage versetzt, mit der privaten Krankenversicherung zu konkurrieren.
2. Innerhalb der Kassen besteht Kontrahierungszwang für die Grundversorgung. Durch eine obligatorische Grundversorgung für alle Bürger wird die bestehende Zweiklassenmedizin beseitigt.
3. Die einheitliche Grundversicherung wird über eine Versichertenprämie pro Einwohner der Bundesrepublik Deutschland finanziert. Die Anbindung der Finanzierung der GKV an den Arbeitslohn ist nicht mehr zeitgemäß. Außerdem ist ihre bisherige reine Umlagefinanzierung ohne Altersrückstellungen Diebstahl an der nachfolgenden Generation.
4. Der derzeitige Anteil der Arbeitgeber wird begrenzt und mit dem Lohn ausbezahlt. Damit entfällt für die Zukunft das Argument, steigende Krankenversicherungsbeiträge würden über die Lohnnebenkosten den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährden.
5. Die vorgeschlagene Finanzierung bedeutet ein Entfallen der kostenlosen Mitversicherung von Ehegatten und Kindern. Für die verantwortlichen Politiker bietet sich hier eine ideale Möglichkeit, über eine Subvention der Beiträge aus Steuermitteln für Sozialschwache und generell für Kinder eine vernünftige Sozial- und Familienpolitik zu betreiben. Dies ist solidarisch, weil junge Menschen die gleiche Versichertenprämie zahlen wie alte Menschen, die die GKV mehr in Anspruch nehmen müssen, und weil die finanziell Stärkeren über ihre höhere Steuer auch mehr zur Finanzierung zur GKV beitragen.
6. Um das System angesichts der demographischen Entwicklung zukunftsfähig zu gestalten, garantiert ein Kapitaldeckungsverfahren die notwendigen Altersrückstellungen.
7. Im Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung wird das Sachleistungssystem durch Kostenerstattung abgelöst. Die Honorierung erfolgt nach der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte. Durch Rechnungslegung herrscht volle Transparenz für Patient und Krankenkasse, insbesondere auch über die Höhe der Vergütung für die jeweils in Anspruch genommene ärztliche Leistung. Budgets, die nichts anderes als Rationierung bedeuten, entfallen. Dies gilt auch für die Arzneimittelversorgung. Die Versicherten nehmen wieder am medizinisch-pharmazeutischen Fortschritt teil.
8. Das Morbiditätsrisiko geht an die Krankenkassen zurück.
9. Ein Selbstbehalt bis zu einer vom Gesetzgeber festgelegten Obergrenze bei ärztlichen Leistungen und Medikamenten trägt zusätzlich zur Beitragsentlastung bei, bekämpft die Vollkaskomentalität und schärft das Kostenbewusstsein der Versicherten. Kinder werden von einer Zuzahlung ausgenommen. Für Sozialschwache gibt es Härteklauseln.
10. Außerhalb der Grundversorgung findet künftig der Wettbewerb über ein umfassendes Angebot an zusätzlichen Leistungspaketen, unterschiedlichen Modellen von Beitragsrückerstattung und Selbstbehalt aller Krankenkassen um die Versicherten statt. Der Versicherte kann aufgrund dieser Transparenz seine Wahl treffen.
11. Über zehn Jahre werden die indirekten und direkten Subventionen für die Rente-, Invaliden- und Arbeitslosenversicherung nach und nach vom Staatshaushalt übernommen. Das Gleiche gilt für die Leistungen im Rahmen des Mutterschutzes und alle übrigen gesellschafts-, familien- und sozialpolitischen Leistungen, die mit dem direkten Krankheitsrisiko der Versicherten nichts zu tun haben. Damit wird der zu Lasten der GKV bestehende Verschiebebahnhof der Sozialversicherung beseitigt.
12. Die Prävention, einschließlich einer Gesundheitserziehung von der Kindheit an, ist eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe zur Erhöhung der Volksgesundheit. Sie muss über Steuermittel finanziert werden.
13. Die Pflegeversicherung wird in die obligate Grundversicherung integriert, was Reibungsverluste abbaut und Kosten spart.
14. Die Grundsicherung wird dadurch deutlich kostengünstiger, weil
- staatliche Zwangssubventionen der GKV für andere Sozialversicherungsbereiche entfallen;
- die Festsetzung von Solidarleistungen im Rahmen einer Grundversorgung für alle Bürger geregelt wird;
- es einen echten Wettbewerb im Gesundheitssystem geben wird;
- die Finanzierung der GKV über eine Versicherungsprämie pro Einwohner stattfindet;
- die Kostenerstattung für Transparenz sorgt;
- über einen sozialverträglichen Selbstbehalt mehr Kostenbewusstsein geweckt wird.
Der Bürger erhält damit mehr finanziellen Spielraum und kann über Wahltarife alle die Bereiche zusätzlich absichern, die er zur Erhaltung seiner Gesundheit in Anspruch nehmen möchte.
Quelle und Kontaktadresse:
NAV-Virchow-Bund, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e.V.
Klaus Greppmeir, Leiter, Pressestelle
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