Nachweis des Erbrechts bei fehlenden öffentlichen Urkunden / OLG Schleswig-Holstein stellt strenge Anforderungen bei nicht nachgewiesenen Verwandtschaftsverhältnissen
(Stuttgart) Wer die Erteilung eines Erbscheins als gesetzlicher Erbe beantragt und das Verhältnis, auf dem sein Erbrecht beruht, ausnahmsweise durch andere Beweismittel als öffentliche Urkunden nachweisen darf, muss Beweismittel vorlegen, die ähnlich klare und hinreichend verlässliche Schlussfolgerungen wie eine öffentliche Urkunde ermöglichen, so dass an die Anforderungen regelmäßig strenge Maßstäbe anzulegen sind.
Darauf verweist so der Stuttgarter Fachanwalt für Erbrecht Michael Henn, Vizepräsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. (DANSEF) mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf einen Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) vom 30.09.2009, Az. 3 Wx 74/08.
Hinterlässt ein Verstorbener nach seinem Tode kein Testament, so tritt nach seinem Tode kraft den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die sog. gesetzliche Erbfolge ein, bei der der Verstorbene von seinem Ehegatten und seinen nächsten Verwandten beerbt wird. Diese Erbfolge ist in der Regel durch die Vorlage eines vom Nachlassgericht erteilten Erbscheins nachzuweisen, da z. B. insbesondere Banken, Versicherungen oder behördliche Einrichtungen ohne diesen Erbnachweis keine Auszahlungen an die Erben vornehmen.
Wer die Erteilung eines Erbscheins als gesetzlicher Erbe beim Nachlassgericht beantragt, so betont Henn, muss unter anderem das Verhältnis anzugeben, auf dem sein Erbrecht beruht. Diese Angaben hat er durch öffentliche Urkunden (Abstammungs-, Geburts-, Heiratsurkunden u. ä.) nachzuweisen. Nur für den Fall, dass öffentliche Urkunden nicht mehr beschafft werden können, sind ausnahmsweise gemäß § 2356 Abs. 1 S.2 BGB auch andere Beweismittel zuzulassen.
Im vorgenannte Fall, so Henn, konnte dieser Nachweis nicht in allen Fällen geführt werden, da aufgrund eines fehlenden Testaments der Verstorbenen zahlreiche Personen aus der weitläufigeren Verwandtschaft geerbt hatten, die teilweise in Ostpreußen geboren waren. Deswegen legten die Erben anstelle von öffentlichen Urkunden Kopien von Beiblättern eines Antrags der Verstorbenen auf Feststellung von Vertreibungsschäden vor, in denen diese die Antragsteller als "Verwandte" bezeichnet hatte.
Diese "Ersatzform" lehnten jedoch sowohl das zuständige Nachlassgericht, das Landgericht in der Beschwerdeinstanz und nun auch das Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht ab, betont Henn.
Für den Fall, dass öffentliche Urkunden nicht mehr beschafft werden können, seien zwar ausnahmsweise auch andere Beweismittel zuzulassen.
In Betracht kämen hierbei insbesondere Zeugen, die eidesstattliche Versicherung Dritter - im Allgemeinen aber nicht eidesstattliche Versicherungen des Antragstellers - sowie Urkunden, etwa in Form von Abschriften aus dem Familienstammbuch. Allerdings müsse das andere Beweismittel im Sinne der genannten Norm auch ähnlich klare und hinreichend verlässliche Schlussfolgerungen ermöglichen, wie eine öffentliche Urkunde, so dass an die Anforderungen für die Beweisführung auch bei Heranziehung von § 2356 Abs. 1 S. 2 BGB regelmäßig strenge Maßstäbe anzulegen seien, was bei den vorgelegten Kopien, die nicht einmal durch die Verstorbene unterschrieben seien, nicht der Fall sei.
Der Antrag auf Erteilung des Erbscheins bleibt daher abgelehnt, betont Henn, sodass die Erben auch weiterhin nicht in den Genuss der Erbschaft gelangen. Er mahnte deshalb nochmals, rechtzeitig an die Errichtung eines einwandfreien Testamentes zu denken.
Er empfahl, in Zweifelsfällen Rechtsrat in Anspruch zu nehmen und verwies dabei u.a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Familien-/Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de
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