Nachträgliche Sicherungsverwahrung für Jugendliche muss Ausnahme bleiben / Psychologen besorgt über populistische Tendenzen in der Strafrechtspolitik
(Berlin) - Nach dem vorgestrigen (9. März 2010) Urteil des Bundesgerichtshofs zur nachträglichen Sicherungsverwahrung bei einem seinerzeit nach Jugendstrafrecht verurteilten 32-jährigen Mann hat der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen sich dafür ausgesprochen, dass dieses Instrument die Ausnahme bleiben müsse. Der BDP appelliert an die Vollstreckungsbehörden, dieses BGH-Urteil nicht als Ermunterung zu verstehen, die nachträgliche Sicherungsverwahrung bei Jugendlichen künftig häufiger anzuwenden und damit gegen die Intentionen des Gesetzgebers zu verstoßen. Der Verband bezweifelt nicht, dass der Fall des 32-Jährigen sorgfältig geprüft und entschieden wurde. Er sieht jedoch - so Dr. Steffen Dauer, Vorsitzender der Sektion Rechtspsychologie des BDP - Anzeichen dafür, dass die Strafrechtspolitik in Deutschland sich in eine ungute Richtung entwickelt.
Aus entwicklungspsychologischer Sicht hat der BDP bereits das Gesetz zur nachträglichen Sicherungsverwahrung für Jugendliche 2008 mit Befremden zur Kenntnis genommen. Aber auch jenseits des Jugendstrafrechts werde leider immer stärker der Auffassung in der Bevölkerung gefolgt, dass härtere Straftaten zu mehr Sicherheit führten. Dies ist - wie Untersuchungen in vielen Ländern beweisen - keineswegs der Fall. In diesem Zusammenhang macht der BDP auf die stark gestiegene Zahl von lebenslangen Haftstrafen aufmerksam. Ohne einen annähernd so hohen Anstieg von Morden sei die Zahl der lebenslang Inhaftierten in Hessen einer kürzlich veröffentlichten Studie zufolge zwischen 1987 und 2007 von 88 auf 169 Personen gestiegen.
"Diese Spirale, in Gang gesetzt durch populistisch orientierte Gesetzesreformen, tut unserem Rechtssystem nicht gut", so Dr. Steffen Dauer.
Quelle und Kontaktadresse:
Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP), Bundesgeschäftsstelle
Christa Schaffmann, Pressesprecherin
Am Köllnischen Park 2, 10179 Berlin
Telefon: (030) 209166600, Telefax: (030) 209166680
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- Bundesgerichtshof stellt mit Urteil Bedeutung des Verbraucherschutzes infrage / BDP kritisiert Haltung des BGH zum Schutz von Berufsbezeichnungen
- Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen / fordert die Vergütung der PiAs kurzfristig zu regeln
- Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen / fordert die Vergütung der PiAs kurzfristig zu regeln