Nachruf auf Prof. Dr. Kai Tobias
(Berlin) - Viel zu früh mussten wir uns von unserem geschätzten Kollegen, Weggefährten und lieben Freund Prof. Dr. Kai Tobias verabschieden, der am 11. April 2022 plötzlich und unerwartet im Alter von nur 60 Jahren gestorben ist.
1961 in Helmstedt (Niedersachsen) geboren, absolvierte er zwischen 1981 und 1986 ein Studium der Landschaftspflege an der TU München-Weihenstephan und arbeitete dort als wissenschaftlicher Angestellter am Lehrstuhl "Landschaftsökologie" (Professor Wolfgang Haber). Der thematische Fokus seiner Dissertation "Die hierarchische Systemmethode - konzeptionelle Grundlage für die angewandte Ökosystemforschung", mit der er 1990 an derselben Hochschule als Dr. agrar. promovierte, begleitete sein wissenschaftliches, berufliches und publizistisches Wirken der folgenden Jahre. Nach leitenden Tätigkeiten in unterschiedlichen Bundes- und Landesbehörden wie der Geschäftsstelle "Ökosystemforschung Wattenmeer" am Umweltbundesamt in Berlin und dem Sachgebiet "Landschaftsplanung / Eingriffsregelung" beim Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt wechselte er in die freie Wirtschaft und war zwischen 1992 und 1994 als Projektleiter im Planungsbüro Dr. Schaller tätig.
1994 kehrte er dann in die Hochschullandschaft zurück und lehrte fünf Jahre als Professor für Landschaftsplanung am Fachbereich Landschaftsarchitektur der Fachhochschule Erfurt. Seit September 2000 leitete Kai Tobias das Lehr- und Forschungsgebiet "Ökologische Planung & Umweltverträglichkeitsprüfung" am Fachbereich Raum- und Umweltplanung der TU Kaiserslautern und seit 2007 das Lehr- und Forschungsgebiet "Landschafts- & Freiraumentwicklung" am gleichnamigen Fachbereich.
Mitglied des bdla seit 1994 war Kai Tobias dem Verband über viele Jahre eng verbunden. Er engagierte sich mit Leidenschaft und großem Nachdruck für die Belange der Landschafts- und Umweltplanung. Er folgte 1997 Prof. Gerhard Hahn-Herse im Amt des Fachsprechers Landschaftsplanung und leitete bis 2009 auch den gleichnamigen bdla-Arbeitskreis. Er setzte nicht nur wichtige Impulse für die gemeinsame Arbeit, sondern prägte mit sicherem Gespür für aktuelle Themen und berufspolitische Positionierungserfordernisse die Außenwahrnehmung des Verbandes. Sein beruflicher Erfahrungsschatz sowie sein umfassendes ehrenamtliches Engagement, von dem hier seine langjährige Tätigkeit im Landesnaturschutzbeirat und Vorsitz des Stiftungsrates der Stiftung Naturschutz Thüringen sowie seine Mitwirkung im Herausgeberbeirat der Fachzeitschrift "Naturschutz und Landschaftsplanung" erwähnt seien, haben dabei seinen Blick nicht nur für das planerisch Wesentliche geschärft.
In seinem 2002 gemeinsam mit Beate Jessel herausgegebenen Standardwerk der Landschaftsplanung "Ökologisch orientierte Planung" findet sich denn ein klares Bekenntnis zum Erfordernis von (Landschafts)Planung und gleichwohl der Appell, sich über ihre Grenzen im Klaren zu sein. Die als Paradigmenwechsel in herrschenden, von strikter Rationalität und Kausal- bzw. Machbarkeitsdenken geprägten Auffassungen der Wissenschaft verstandene Einsicht in eine begrenzte Erkenntnis- und Prognosefähigkeit sowie die komplexe Dynamik sich ständig verändernder Systeme verknüpfen die Autoren mit einer Zuschreibung, wie sie aktueller nicht sein kann: Planung im gut verstandenen Sinn muss immer einhergehen mit einer laufenden Rückkoppelung von Planungszielen und der Möglichkeit einer Fehlerkorrektur. Und so geben sie uns und den Studierenden, an die sich das Kompendium zuvörderst richtet, die schlichte und doch nicht selbstverständliche Aussage mit auf den Weg, dass Planung auch bedeutet, aus Erfahrung zu lernen. Was könnte in der aktuellen Debatte um Wege zur Gestaltung des Transformationsprozesses und des hiermit einhergehenden Landschaftswandels wegweisender sein?
Nach zwölf Jahren eines fachlich produktiven Miteinanders konnte Prof. Dr. Kai Tobias denn ein gut bestelltes Feld und einen hoch motivierten Arbeitskreis seinem Nachfolger im Amt des bdla-Fachsprechers Landschaftsplanung Bernhard Gillich übergeben.
Wir verlieren mit Kai Tobias einen allseits geschätzten Kollegen, dem mit seiner fachlichen Kompetenz und zugewandten Freundlichkeit weit über unsere Fachkreise hinaus eine große Wertschätzung zuteilwurde.
Quelle und Kontaktadresse:
Bund Deutscher Landschaftsarchitekten e.V. Bundesgeschäftsstelle (BDLA)
Petra Baum, Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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Telefon: (030) 2787150, Fax: (030) 27871555