NABU-Rechtsgutachten: Neue Vorschrift zu Windenergie macht Ausbau langsamer
(Berlin) - Die Idee beruht auf einem Vorschlag der EU-Kommission für eine Überarbeitung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie vom 18. Mai 2022.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: "Die geplante neue Regelung zur Beschleunigung des dringend benötigten Windenergieausbaus führt nach den Ergebnissen unseres Rechtsgutachtens in Wirklichkeit zu weiteren Verzögerungen. Das Bundeskabinett agiert überhastet und mit falschem Handlungsansatz. Die Folgen: Die Klimaschutzwirkung tritt später ein, die Abhängigkeit von fossiler Energie bleibt länger bestehen und der Wegfall der Prüfung von Umweltverträglichkeit und Artenschutz schwächt den Naturschutz. Die gerade stattfindende Weltnaturkonferenz in Montréal zeigt, wie dringlich neben dem Klimaschutz auch der Artenschutz politisch zu berücksichtigen ist. Olaf Scholz und Robert Habeck sollten deshalb entschlossen gegensteuern und sich auf die realen Hindernisse beim naturverträglichen Ausbau der Windenergie konzentrieren."
Dem nun vom Bundestag zu bewertenden Entwurf des § 6 WindBG zufolge würden in Windenergiegebieten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens von Windenergieanlagen keine Umweltverträglichkeitsprüfung und keine artenschutzrechtliche Prüfung für Vögel mehr stattfinden. Die Vorschrift zu den Verfahrenserleichterungen soll nach dem Willen der Bundesregierung bereits ins deutsche Recht eingeführt werden, noch bevor die europäische Richtlinienänderung beschlossen wurde. Dieser Vorgriff - ein rechtliches Novum - soll durch einen Absatz gelöst werden, der die Vorschrift unter den Vorbehalt entsprechender, erhoffter Rechtsänderungen auf europäischer Ebene stellt. Das wäre ein hochproblematischer Schritt, da dies neue Rechtsunsicherheiten mit sich bringt. In der Konsequenz kann das zu Verzögerung der bereits angelaufenen Planung von Windenergiegebieten führen und damit zum Hemmschuh für Investitionen in Neuanlagen werden.
Weitere Aspekte aus dem NABU-Gutachten:
- § 6 WindBG erforderte für neue Windenergiegebiete eine Umstellung der nationalen Planungsmethodik, weil Artenschutz und Umweltverträglichkeit - auch nach Vorstellung der EU-Kommission - bereits auf Ebene der Ausweisung geprüft werden müssten, um den Wegfall dieser Prüfungen auf Zulassungsebene zu rechtfertigen. Eine solche Umstellung braucht Zeit und weitere Anpassungen des geltenden Rechts.
- Die geplanten Erleichterungen führten bei bereits bestehenden Windenergiegebieten dazu, dass der Artenschutz regelhaft nicht geprüft wird, weil dies bei Ausweisung der Gebiete nach derzeit geltendem Recht nicht in der erforderlichen Tiefe erfolgt und nach § 6 WindBG nicht länger erforderlich sein soll
- § 6 WindBG würde dazu führen, dass die gerade erst erlassenen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes in Windenergiegebieten nicht mehr zur Geltung kämen, obwohl diese für einen Ausgleich zwischen dem Ausbaubedürfnis und dem Schutz kollisionsgefährdeten Brutvogelarten sorgen sollten
Das Gutachten kann unter folgendem Link eingesehen werden: https://www.nabu.de/stellungnahme-raumordnungsgesetz
Die Äußerungen des Bundesrates sind hier abrufbar: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2022/0501-0600/508-1-22.pdf?__blob=publicationFile&v=1 und https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2022/0501-0600/508-22(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1
Quelle und Kontaktadresse:
Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU)
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