Munterer Schlagabtausch bei der Unternehmerschaft / Wenige Tage vor der Landtagswahl trafen sich führende Wirtschaftspolitiker der NRW-Parteien im HAUS DER UNTERNEHMER zum Politischen Frühschoppen
(Duisburg) - "Wer wählen geht, gestaltet mit. Wer nicht wählen geht, überlässt es den anderen", mit diesen Worten eröffnete Michael J. Walter, Vorstandsvorsitzender der Unternehmerverbandsgruppe, den Politischen Frühschoppen des Verbandes zur Landtagswahl. Sein Aufruf an die Bürgerschaft, zur Wahl zu gehen, wurde von Politikern aller Parteien unterstützt. Damit waren die Gemeinsamkeiten aber fast schon aufgebraucht, denn die im Anschluss stattfindende Podiumsrunde sollte dann vor allem die Unterschiede zwischen den Parteien deutlich machen.
Michael J. Walter gab in seiner Begrüßung die Themen für die Diskussion vor. Besonders die Lasten der Verschuldung bewegten die Unternehmerschaft. "Wo wollen die NRW-Parteien angesichts eines Schuldenbergs von 135 Milliarden Euro eigentlich sparen", fragte Walter in die Runde. Auch die Energiepolitik sei für die Unternehmen von existentieller Bedeutung. "Gerade für die energieintensive Industrie brauchen wir Strom zu bezahlbaren Preisen, wenn wir wollen, dass Windkraftanlagen oder Eisenbahnen weiterhin in Nordrhein-Westfalen gebaut werden", so der Unternehmensvertreter. Als weitere wichtige Themen nannte Walter bessere Chancen bei der Realisierung von industriellen Projekten, den Ausbau der Kinderbetreuung und Antworten auf den stärker werdenden Fachkräftebedarf.
Schon beim Thema Finanzen wurden große Meinungsunterschiede in der von Thomas Wels, Leiter des WAZ-Wirtschaftsressorts, geleiteten Runde sichtbar. Während die Vertreter von CDU und FDP den Schwerpunkt vor allem auf das Sparen legen, sehen Vertreter von SPD und Grünen vor allem Probleme auf der Einnahmeseite. "Die öffentlichen Haushalte sind nicht gut genug finanziert. Wir müssen eine ehrliche Debatte führen über die Zukunftsfähigkeit unseres Landes", sagte Dietmar Bell, Stellv. Sprecher für Wirtschafts- und Energiepolitik der SPD-Landtagsfraktion. In diesem Zusammenhang sprach sich Bell für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine "moderate" Erhöhung des Spitzensteuersatzes aus. CDU-Wirtschaftspolitiker Lutz Lienenkämper hingegen sagte, dass konkrete Einsparvorschläge seiner Partei in Höhe von 1,6 Milliarden Euro auf dem Tisch lägen. "Rot-Grün will und kann aber offensichtlich nicht sparen", so das Mitglied im Regierungsteam von CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen. Robert Stein von der Piratenpartei sah ebenso wie die Vertreter von SPD und Grünen Verbesserungsbedarf bei der Einnahmeseite, insbesondere sieht auch er Potential bei einer Vermögenssteuer. Wichtig in Sachen Haushalt sei der Piratenpartei aber vor allem eines: "Wir wollen bei Investitionsentscheidungen künftig das Volk befragen."
In Sachen Energiewende waren sich alle Politiker in der Zielvorstellung einig. Der Weg dorthin ist aber umstritten. "Die erneuerbaren Energien müssen wettbewerbsfähiger werden. Wir wollen die Energiewende, aber mit Augenmaß", so Dietmar Brockes, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Man könne nicht zwei Drittel der bisherigen Energieträger einfach ablehnen. Die effiziente Nutzung von Steinkohle und Braunkohle sei unverzichtbar, so der FDP-Politiker. CDU-Mann Lutz Lienenkämper kritisierte in diesem Zusammenhang das von Rot-Grün geplante Klimaschutzgesetz als schweren Fehler. "Wir werden dieses Gesetz mit Stumpf und Stiel einstampfen", so der Politiker. Damit erntete Lienenkämper naturgemäß Widerspruch der Grünen-Politikerin Daniela Schneckenburger, wirtschaftspolitische Sprecherin ihrer Landtagsfraktion. Schneckenburger verwies in Sachen Klimaschutz vor allem auf das große Potential der erneuerbaren Energien. "Die Kürzung der Solarförderung durch die Bundesregierung ist ein schwerer Fehler, der reihenweise zu Insolvenzen führt und zehntausende Arbeitsplätze bedroht", so Schneckenburger. Damit verliere man international den Anschluss bei einer innovativen Technologie.
Die versammelten rund 50 Unternehmer beteiligten sich rege an der Debatte auf dem Podium. Von der Dichtheitsprüfung bei Abwasserkanälen über die geplante Radautobahn für das Ruhrgebiet bis hin zur Frage, wann und wie das Kraftwerk in Datteln in Betrieb genommen werde, reichten die Wortbeiträge. In Sachen Fortentwicklung von industriellen Großprojekten, wie bei jenem Kraftwerk in Datteln, wurde die Diskussion hitzig. Während Rot-Grün auf juristische Probleme beim Weiterbau des Kraftwerks hinwies, forderte Lienenkämper, dass dieses Projekt "vom Gerichtssaal in den Plenarsaal" zurückgeholt werde. Die Politik sei am Zuge, die Rahmenbedingungen für den Weiterbau des Kraftwerks zu schaffen, sagte auch Dietmar Brockes von der FDP. Eine Bauruine im Wert von 800 Millionen Euro könne man sich in NRW nicht erlauben.
Alle Politiker waren sich einig, dass die Akzeptanz industrieller Projekte über möglichst frühe Bürgerbeteiligung verbessert werden könne. Dietmar Bell von der SPD beklagte aber auch, dass es mittlerweile ein gefährliches Ritual sei, die Protestkultur immer gleich höher zu gewichten, als die Chancen von Projekten.
Nach den ernsten Themen einer spannenden Diskussion sorgte das selbstbewusst-ironische Abschluss-Statement des Vertreters der jungen Piratenpartei, Robert Stein, für allgemeine Heiterkeit. Auf die Frage, wann denn die Piraten in eine Regierung eintreten könnten sagte er: "Regierungsverantwortung zu übernehmen, ist für die Piraten schon bald möglich."
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