Pressemitteilung | Marburger Bund - Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V. - Bundesverband

Montgomery prophezeit Aufstand der Klinikärzte

(Ludwigshafen) - Unsägliche Arbeitsbedingungen und eine unerträgliche Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte in Krankenhäusern beklagt die Klinikärzteorganisation Marburger Bund auf ihrer 99. Hauptversammlung in Ludwigshafen. Einstimmig forderten die Delegierten in einem Beschluss die öffentlichen Arbeitgeber auf, mit unverzüglichen Tarifverhandlungen über krankenhausspezifische Arbeitszeitregelungen der erbärmlichen Situation in vielen Kliniken mit unbezahlten Überstunden, übermüdeten Ärzten und dem Unterlaufen des Arbeitszeitgesetzes entgegenzutreten.

„Krankenhausärzte sind nicht länger bereit, sich von den Arbeitgebern nach Strich und Faden ausnutzen zu lassen“, argumentiert der 1. Vorsitzende des Marburger Bundes (mb), Dr. Frank Ulrich Montgomery. Er prophezeit einen „Aufstand der Klinikärzte“ für humane Arbeitsbedingungen und mehr Patientenschutz. Oftmals würden gerade jüngere Ärzte von den Arbeitgebern genötigt, 30 und mehr Arbeitsstunden am Stück zu leisten. Dieser Bruch des Arbeitszeitgesetzes könne verheerende Folgen für die Patienten haben, denn es sei ein offenes Geheimnis, dass übermüdete Ärzte häufiger Fehler machten.

Der mb forderte deshalb die sofortige Umsetzung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu den Arbeitszeiten von Klinikärzten. Die EU-Richter definierten am 3. Oktober 2000 den ärztlichen Bereitschaftsdienst entgegen dem deutschen Arbeitszeitgesetz nicht als Ruhe-, sondern als vollwertige Arbeitszeit. Um dieses Urteil auf die Dienstpläne rechtskonform umzusetzen, benötigt man nach Angaben des mb rund 15.000 zusätzliche Klinikärzte und eine Erhöhung des Krankenhausbudgets um rund zwei Milliarden Mark.

Montgomery erwartet von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt klare Aussagen auf dem Deutschen Ärztetag, der in dieser Woche ebenfalls in Ludwigshafen tagt. Zudem müsse Schmidt die Einführung des neuen Krankenhausvergütungssystems DRG (Diagnosis Related Groups) um zwei Jahre auf den 1. Januar 2005 verschieben. „Erst wenn alle notwendigen Leistungen und Kosten in den Krankenhäusern klar beziffert sind, macht das neue DRG-System Sinn“, so Montgomery. Der massive Berg an unbezahlten Überstunden gehöre ebenso in die Kalkulation des neuen Abrechnungssystems wie die milliardenschweren Auswirkungen des EuGH-Urteils.

Die Delegierten des Marburger Bundes stellten zu den Plänen der Bundesregierung, ein Patientenrechtgesetz zu verabschieden, fest, dass der beste Patientenschutz nicht ein „papierenes Gesetz“, sondern die konkrete Verbesserung der Rahmenbedingungen ärztlicher Arbeit sei. „Nur ein ausgeruhter und motivierter Arzt ist ein guter Arzt“, so Montgomery. Die häufig anzutreffende Ausbeutung der Klinikärzte stelle deshalb eine Gefahr für die Patienten dar. Neben humanen Arbeitsbedingungen sprachen sich die mb-Delegierten auch für eine Modernisierung der Medizineraus-, -weiter- und -fortbildung aus. Die Kriterien hierfür seien schon lange nicht mehr praxisnah.

Quelle und Kontaktadresse:
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