Pressemitteilung | BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e.V.

Modernisierung des Wassersektors ist notwendig und machbar

(Köln) - Nach den ablesbar positiven Folgen der Liberalisierung des Telefon- und des Strommarktes herrscht in der Bevölkerung eine gesteigerte Erwartung, dass auch andere bislang monopolistisch geregelte Sektoren für den Wettbewerb geöffnet werden. Auch die Bereiche der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung könnten liberalisiert und damit privatisiert werden, das meinen die im Fachbereich VpA-Wasserwirtschaft vertretenen Mitgliedsfirmen des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. – BDE (Köln). In sieben Thesen wurden die Positionen konkretisiert, die zu einer Liberalisierungsdebatte auf differenziertem Niveau führen sollen. Auch im Wassersektor würden Entwicklungskräfte frei, wenn dieser sinnvoll liberalisiert würde, meint man beim BDE. Eine solche Reform sei nicht nur notwendig, sondern auch technisch machbar, wobei allerdings differenziert vorgegangen werden müsse. Die Besonderheiten des Wassersektors seien dabei zu berücksichtigen.

Wünschenswert, so der BDE, sei die Öffnung dieses Bereichs im Sinne marktorientierter Strukturen als Voraussetzung für eine Privatisierung unter Wettbewerbsbedingungen. Jedoch wenden sich die Kölner Experten entschieden gegen eine ungeordnete Freigabe mit Qualitätsdumping und ohne Rücksicht auf den Gewässerschutz. Solche von den Gegnern einer Deregulierung häufig benutzten „Schreckensbilder“ dienen nach BDE-Ansicht mehr zur politischen Stimmungsmache als zur Versachlichung der unbedingt notwendigen Debatte.

1.) Vor dem Hintergrund des von der Europaebene kommenden Drucks auf die Nationalstaaten, Markt künftig auch in jenen Segmenten zu ermöglichen, die bislang dem Wettbewerb verschlossen blieben, muss auch die Zukunft der großen Zahl teilweise äußerst kleiner Wasserbetriebe in Deutschland gesehen werden. So prophezeit der BDE, dass der Erhalt ortsnaher Wasserressourcen und die Entwicklung dezentraler, kleinräumiger Strukturen mittelfristig keine Überlebenschance haben werden, wenn professionelles und international wettbewerbsfähiges Management fehlt. Hier bestehen Zweifel, ob die öffentlich-rechtlichen Verwaltungsstrukturen das leisten können.

2.) Die Wasserversorgung, so der BDE, habe seit vielen Jahren im wohlverstandenen Eigeninteresse Maßnahmen des Gewässerschutzes finanziert und damit den Umwelt- und Landschaftsschutz im Einzugsgebiet der Wassergewinnungsanlagen voran getrieben. Mit der Privatisierung und Liberalisierung werde dieses „ökologische Eigeninteresse“ der Wasserbranche um ein ordnungspolitisch wichtiges Element ergänzt: Nämlich um die Gewaltenteilung zwischen (behördlicher) Aufgabenkontrolle und (unternehmerischer) Aufgabendurchführung. Solange beides in einer Hand liege, fürchten die Privatentsorger, könne es zu Interessenkonflikten kommen.

3.) Die demokratische Entscheidungsfreiheit und die Individualrechte manifestieren sich nach Auffassung der BDE-Wasserindustrie am ehesten im freien Markt. Insofern könne eine „Liberalisierung mit Augenmaߓ auch das demokratische Partizipationsprinzip fördern. Die Wasserkunden hätten wohl kaum die Verantwortlichen in die Lenkungsfunktionen jener Betriebe „gewählt“, die außerhalb von Qualitäts- und Preiswettbewerb sowie ohne Konkurrenzdruck der freien Wirtschaft ihres Amtes walten, meint der BDE. Die häufig kritische Haltung der Bürger gegenüber der „Wasserverwaltung“ resultiere vermutlich daraus, dass nicht immer und ausschließlich der Kundennutzen im Vordergrund stehe.

4.) Unbestritten sei, erklärt der BDE, dass eine Weiterentwicklung der staatlichen Kontrollen und Regulierungen notwendigerweise die Kehrseite der „Liberalisierungs-Medaille“ sei. Falsch ist aus BDE-Sicht jedoch die Meinung, eine solche Regulierung sei ausschließlich wegen der Privatisierung und Liberalisierung erforderlich. Zur Vermeidung von Qualitätsverlusten und Fehlentscheidungen sei auch heute schon die Überwachung durch unabhängige Dritte zielführend.

5.) Frischwasserversorgung und Abwasserentsorgung sind stark fixkostenlastig – ähnlich wie die Stromversorgung, stellt der BDE fest. Die Erfahrungen mit Betreiber- und Kooperationsmodellen haben demnach in Deutschland gezeigt, dass durch den Wettbewerb angestoßene technische und logistische Innovationen erhebliche Einsparungen bei den Gesamtkosten bewirken können. Eine wettbewerbsorientierte Liberalisierung würde die Chancen für eine wettbewerbsorientierte Privatisierung verbessern und kurzfristig schon spürbare Betriebskostenabsenkungen nach sich ziehen. Darüber hinaus würde sie auch eine Effizienzsteigerung bei den technischen Anlagen und eine längerfristige Senkung der Fixkosten bewirken, meinen die BDE-Experten. Das gelte auch für Altanlagen, die mit jeder Erneuerung und Re-Investition „ein bisschen moderner und effizienter“ würden. Das Potential für Re-Invesitionen bei kommunalen und industriellen Wasser- und Abwasseranlagen macht in Deutschland rund fünf Milliarden D-Mark jährlich aus, so die BDE-Berechnungen.

6.) Eine Wettbewerbsfähigkeit für den internationalen Markt und eine Kosteneffizienz zu Gunsten des Wasserkunden kann nach Meinung der BDE-Wasserexperten nur erreicht werden, wenn die verantwortlichen Unternehmen und ihre Führungskräfte ihr Handeln an eben diesen Zielen ausrichten. Das Gewinnstreben und die Zufriedenstellung der Kunden sind die wichtigsten Triebfedern der Marktwirtschaft. Nur sie sichern nach der festen Überzeugung des BDE kontinuierliche wassertechnologische und ökologische Erneuerungen sowie die unverzichtbare laufende Kostenreduzierung. Eine sinnvolle Marktordnung wird Transparenz und Effizienz zu Gunsten der Wasserkunden herstellen, meint man in Köln.

7.) Der heimische Wassersektor stehe vor großen, unabweisbaren Strukturveränderungen, bilanzieren die Branchenkenner des BDE. Um den hohen technischen Standard des deutschen Wassermarktes exportfähig zu machen, müsse dieser Sektor auch im Inland entwickelt und mit wettbewerbsfähigen Unternehmensstrukturen gestaltet werden. Die private Wasserindustrie sieht viele Möglichkeiten, hier mit transformationswilligen und –fähigen kommunalen und landeseigenen Wasserbetrieben zu kooperieren. Dies gilt auch für die Ausweitung der Wasserver- und –entsorgung in Richtung auf einen erweiterten Querverbund mit allen leitungsgebundenen Dienstleistungen wie Strom und Gas sowie der Abfallentsorgung (Stichwort: multi utility).

Es bleibe nicht viel Zeit, sich auf die Veränderungen einzustellen, merkt man beim BDE an. Die Erfordernisse der Harmonisierung der Marktverhältnisse, wie sie von Brüssel angemahnt werden, sollten zu raschem „Agieren“ veranlassen, damit man später nicht nur noch „reagieren“ könne. Die ausländischen Wasserkonzerne, deutlich größer und finanzkräftiger als die heimische Wasserindustrie, stünden bereit, um ihren Marktanteil durch Kauf auszuweiten. Dagegen sei im fairen Wettbewerb nichts einzuwenden. Doch sieht der BDE die heimischen Unternehmen mangels vernünftiger Liberalisierung daheim im internationalen Konzert gravierend benachteiligt.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE) Schönhauser Str. 3 50968 Köln Telefon: 0221/9347000 Telefax: 0221/93470090

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