Mittelstand zur geplanten Sozialstaatsreform: Beim Fördern das Fordern nicht vergessen
(Berlin) - Der Mittelstand kann sich mit der von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) jetzt vorgelegten Arbeitsmarkt- und Sozialstaatsreform grundsätzlich arrangieren. "Das Gefüge aus denjenigen, die das Sozialsystem finanzieren und denjenigen, die diese Leistungen beziehen, darf nicht aus dem Gleichgewicht geraten", erklärt Markus Jerger, Vorsitzender des Bundesverbandes Der Mittelstand. BVMW. "Von daher ist es wichtig, dass das Grundprinzip von Fördern und Fordern grundsätzlich erhalten bleibt." In vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die gerade besonders unter dem Arbeitskräftemangel leiden, hatte es zuvor Befürchtungen gegeben, dass mit einem höheren Bürgergeld und weniger Sanktionen der Anreiz verloren geht, aktiv eine Arbeit aufzunehmen - mit der Folge, dass weniger Arbeitskräfte dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
"Die geplante Vertrauenszeit von sechs Monaten währenddessen keine Sanktionen verhängt werden, ist in diesem Zusammenhang jedoch eher kontraproduktiv", gibt Jerger zu bedenken. "Diese Schonfrist kann dazu verleiten, sich erst später konsequent um einen Job zu bemühen. Zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zählt jedoch jeder Tag." Je früher man sich um eine Arbeitsstelle bemühe, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit, eine Anstellung zu finden. Jerger: "Denn wir müssen es schaffen, dass inländische Arbeitskräftepotenzial so gut wie möglich zu nutzen."
Positiv wird von dem Mittelstandsverband daher die Abschaffung des sogenannten Vermittlungsvorrangs gesehen. Bislang mussten Hartz-IV-Beziehende auch dann Helferjobs annehmen, wenn es langfristig eigentlich sinnvoller gewesen wäre, sie für bessere Arbeitsplätze zu qualifizieren. Jerger: "Zwei Drittel der Arbeitssuchenden haben keinen Abschluss. Mit dieser Neuregelung, dass Berufsabschlüsse künftig weitaus wichtiger sind, werden Aus- und Weiterbildungen endlich gegenüber Aushilfsjobs priorisiert." Dies könne wirklich helfen, dem Fachkräftemangel im Land entgegenzuwirken.
"Wir hätten uns jedoch gewünscht, dass mit der geplanten Arbeitsmarktreform auch eine Neuregelung der Zuverdienstregeln einhergeht", kritisiert Hagen Wolfstetter, Vorsitzender der BVMW-Kommission Arbeit und Soziales. Mit der Möglichkeit, die Grundsicherung mit einem ergänzenden Einkommen zu kombinieren, werde die Aufnahme eines Minijobs stark begünstigt, anstatt den Anreize zu setzen, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Wolfstetter: "Ziel der Sozialpolitik muss es doch sein, Arbeitslose langfristig und dauerhaft in den Arbeitsmarkt zu integrieren und diese durch Qualifizierung und Weiterbildung zu befähigen, ihren Lebensunterhalt selbst zu finanzieren."
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