Mittelständische Wirtschaft erreicht 2004 erstmals wieder leichtes Wachstum / Insolvenzgeschehen stabilisiert sich frühestens 2005
(Berlin) - Nach zwei Jahren deutlichen Umsatzrückgangs werde die mittelständische Wirtschaft im kommenden Jahr wieder leicht wachsen, so der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) in seinem jüngsten Konjunkturbericht. Eine Stabilisierung des Insolvenzgeschehens sei aber frühestens für 2005 zu erwarten.
Die anhaltende Nachfrageschwäche habe inzwischen auch viele ältere Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit getrieben. Deshalb steige auch in diesem Jahr die Zahl der Unternehmensinsolvenzen wieder deutlich um 10 Prozent auf ein neues Rekordniveau von rund 40.000 an. 2004 werde sich trotz der konjunkturellen Erholung die Zahl der Firmenpleiten - wenn auch abgeschwächt - weiter erhöhen, da es sich beim Insolvenzgeschehen um einen nachlaufenden Konjunkturindikator handele und rund 40 Prozent der mittelständischen Unternehmen nur noch eine Eigenkapitalquote von unter 10 Prozent ausweisen.
Für den deutschen Einzelhandel erwartet der BVR in diesem Jahr einen Umsatzrückgang um 0,3 Prozent gegenüber einem sehr schwachen Vorjahr. Die seit Jahresmitte geltenden längeren Öffnungszeiten hätten maßgeblich zu einer Stabilisierung der Umsätze im Jahresverlauf beigetragen. Da der einzelhandelsrelevante Anteil an den privaten Konsumausgaben auch im kommenden Jahr rückläufig sein werde, sei real nur mit einem Umsatzplus von einem Prozent zu rechnen. Vorraussetzung hierfür sei allerdings die Umsetzung der geplanten Steuerentlastungen.
Der Großhandel habe - nach einem sehr schwachen Vorjahr - im Verlauf dieses Jahres anscheinend seine Talsohle durchschritten. In diesem Wirtschaftsbereich erwartet der BVR für 2003 eine leichte Umsatzsteigerung um 0,3 Prozent. Im kommenden Jahr ergäbe sich durch die verstärkte Nachfrage nach industriellen Gütern ein Umsatzplus von 1 bis 1,5 Prozent.
Die Bauwirtschaft hingegen habe ihren Tiefpunkt noch nicht erreicht. Die Erholung der Branche verschiebe sich um mindestens ein weiteres Jahr. Auch wenn sich der Rückgang gegenüber dem Vorjahr verlangsamt habe, so halte die Talfahrt im Baugewerbe noch mit deutlichem Tempo an. In diesem Jahr gehe das Produktionsvolumen nochmals um 7 Prozent zurück. Die Anpassung der Baukapazitäten nach dem Wiedervereinigungsboom sei immer noch nicht abgeschlossen, so dass erst für 2005 eine Stabilisierung oder ein leichtes Wachstum der Bauproduktion zu erwarten sei.
Im Verarbeitenden Gewerbe, das rund ein Fünftel des deutschen Bruttoinlandsproduktes erzeuge, stagniere in diesem Jahr das Produktionsvolumen. 2004 sei analog zum moderaten gesamtwirtschaftlichen Wachstum ein Anstieg um rund 2 Prozent zu erwarten. Impulse gingen dann von der Automobilindustrie und vom sonstigen Fahrzeugbau aus.
Das Handwerk müsse in diesem Jahr ein ähnlich hohes Umsatzminus hinnehmen wie im vergangenen Jahr. Ein erneuter Rückgang um rund 4 Prozent verdeutliche wie stark dieser Wirtschaftsbereich einerseits von der Baurezession und andererseits von der Konsumflaute betroffen sei. Auch 2004 werde das Handwerk durch den anhaltenden Abwärtstrend in der Bauwirtschaft nochmals eine leichte Reduktion seines Umsatzes um rund ein Prozent hinnehmen müssen.
Der Zuwachs der Wertschöpfung im Dienstleistungsbereich schwäche sich in diesem Jahr abermals deutlich auf 0,6 Prozent ab. Dies sei der geringste Anstieg seit zehn Jahren. Der schwache Zuwachs spiegele sich in allen Branchen wider. Von der konjunkturellen Belebung im Verarbeitenden Gewerbe zum Jahresende würden dann unmittelbar die unternehmensnahen Dienstleistungen profitieren. Nicht zuletzt durch die aufgestauten Investitionen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik werde der Dienstleistungssektor überproportional am Wirtschaftswachstum beteiligt und 2004 eine Wachstumsrate von rund 2,5 Prozent erreichen.
Mittelstand nicht mit Ausbildungsplatzabgabe belasten
Die hohe Belastung mit Steuern und Abgaben, der überregulierte Arbeitsmarkt und die ausufernde Bürokratie würden kleine und mittelständische Unternehmen besonders stark belasten, so der BVR. Umso unverständlicher sei es, dass die mittelständischen Unternehmen noch mit einer Ausbildungsplatzabgabe belastet werden sollen, obwohl die Bundesregierung den Abbau der überbordenden und Wachstum hemmenden Bürokratie zu einem wesentlichen Ziel ihrer Wirtschaftspolitik erklärt hat. Die Wirksamkeit einer solchen Abgabe sei mehr als zweifelhaft und ordnungspolitische Fehlentwicklungen - wie das sich Freikaufen der Unternehmen oder massive Mitnahmeeffekte - seien absehbar.
Gleichwohl sei es geplant, die mittelständische Wirtschaft mit diesem neuen Regelwerk zu überziehen. Dabei würde zum Beispiel die Flexibilisierung der Ausbildungsordnungen - also eine Reduktion der Vorschriften - auf eine wesentlich einfachere Art und Weise die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen erhöhen. Der BVR forderte, den Abbau der Bürokratie durch das Streichen zweifelhafter Vorschriften stärker voranzutreiben, da dies die einsetzende leichte konjunkturelle Belebung deutlich beschleunigen würde, ohne die öffentlichen Haushalte zu belasten.
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