Mit Verbandsklagen gegen Barrieren
(Berlin) - Viele Barrieren, die Menschen mit Behinderungen an der gleichberechtigten Teilhabe im Alltag hindern, dürfte es mit Blick auf die bestehenden rechtlichen Vorgaben eigentlich gar nicht geben. Deshalb können die Selbsthilfeorganisationen behinderter Menschen unter bestimmten Voraussetzungen vor Gericht klagen, wenn Betroffene durch Barrieren benachteiligt werden.
"Im Behindertenrecht steckt das Instrument ,Verbandsklage' allerdings noch in den Kinderschuhen", sagt Christiane Möller, Justiziarin des DBSV. "Deshalb haben wir uns seit 2017 mit zwei behinderungsübergreifend angelegten Projekten auf den Weg gemacht, die Möglichkeiten des verbandlichen Rechtsschutzes systematisch zu nutzen."
Die 60 Teilnehmenden der Fachtagung erhielten Einblicke in die Aktivitäten des laufenden Projekts "Barrierefreiheit durchsetzen, Diskriminierung ahnden" und tauschten sich über Erfahrungen mit der Nutzung von Verbandsklagen im Behindertenrecht aus. Drei Vorträge aus der Wissenschaft zur Evaluation des Behindertengleichstellungsgesetzes, zu unterschiedlichen Ansätzen des kollektiven Rechtsschutzes in Europa und zu den Erfahrungen aus dem Verbraucherrecht vervollständigten das Angebot der Fachtagung.
"Leider ist bei vielen öffentlichen Stellen und Gerichten noch nicht angekommen, dass Barrierefreiheit ein Menschenrecht ist", sagt Dr. Michael Richter von der Rechtsberatungsgesellschaft "Rechte behinderter Menschen" (rbm), der die Verbandsklageprojekte des DBSV juristisch leitet. "Erschwerend kommt für die Verbände hinzu, dass sie nur begrenzte Ressourcen haben und die Kosten von Verbandsklagen oft schlecht kalkulierbar sind, so dass manche notwendige Klage erst gar nicht zustande kommt. Vor diesem Hintergrund war diese Fachtagung ein ganz wichtiger Impuls, mit dem wir unser Netzwerk von Experten und Expertinnen, die mit Verbandsklagen für Barrierefreiheit kämpfen, weiter ausbauen."
Christiane Möller weist auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin: "Parallel zu den laufenden Verbandsklagen müssen wir den Gesetzgeber drängen, dieses Werkzeug mit mehr Wirkung auszustatten. Beispielsweise kann man derzeit mit der Verbandsklage in aller Regel eine Barriere nur feststellen, aber nicht beseitigen lassen."
Trotzdem haben die laufenden Verfahren bereits zu Erfolgen geführt: "Auch wenn wir noch kein positives Urteil erwirkt haben, üben wir Druck auf die beklagten öffentlichen Stellen aus und tragen so beispielsweise dazu bei, dass es in Münster zumindest versuchsweise feste Abstellflächen für E-Roller gibt", betont Christiane Möller.
Das Verbandsklageprojekt des DBSV wird von der Aktion Mensch gefördert.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV)
Volker Lenk, Pressesprecher
Rungestr. 19, 10179 Berlin
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