Mit Kompetenz statt Symbolpolitik gegen Verfassungsfeinde im Staatsdienst
(Berlin) - Einem unveröffentlichten Gesetzentwurf zufolge beabsichtigt Bundesinnenministerin Nancy Faeser, den Behörden zu ermöglichen, Extremist:innen direkt per Verwaltungsakt aus dem Dienst zu entlassen, ohne den Weg über eine Disziplinarklage am Verwaltungsgericht zu gehen - wie aktuell bereits in Baden-Württemberg. Die Motivation dahinter ist begrüßenswert: "Ob in Gestalt von Polizei, allgemeiner Verwaltung oder Justiz: Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch auf eine Staatsgewalt, die fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht", betont Rechtsanwältin Dr. Sylvia Ruge, Hauptgeschäftsführerin des DAV.
Der DAV befürwortet daher Überlegungen, wie Verfassungsfeinden frühzeitig der Weg in den Staatsdienst verwehrt werden kann - oder wie der Rechtsstaat sie bei späterer Entwicklung (oder späterer Erkenntnis) aus solchen Positionen entfernen kann, bevor größerer Schaden entsteht.
Befähigung und Bündelung statt Symbolpolitik
Die jetzt diskutierten Vorschläge werden jedoch keine Beschleunigung bringen: Da Beamtinnen und Beamte erst mit Bestandskraft des Verwaltungsaktes tatsächlich ausscheiden, kann sich dieser Zeitpunkt durch Widersprüche und Klagen lange hinziehen. Für Rechtsanwalt Prof. Dr. Klaus Herrmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verwaltungsrecht, Landesgruppe Berlin | Brandenburg | Mecklenburg-Vorpommern, gilt dies für die Beamt:innen und Richter:innen im Bund und vielen Bundesländern. Obwohl Baden-Württemberg im Referentenentwurf als Musterbeispiel angeführt wird, liegen solche Erfahrung auch dort vor.
"Zeitlich wird dabei überhaupt nichts gewonnen", mahnt Ruge. "Wir brauchen keine Reformen, die gut klingen, aber ins Leere laufen - wir brauchen Effizienz durch Kompetenz." Sinnvoll sei es, so der DAV, das entsprechende Know-how bei den Behörden aufzubauen und zu konzentrieren. Wenn disziplinarrechtlich unerfahrene Bedienstete gegen Kolleg:innen ermitteln, summieren sich Hemmnisse und Stolperfallen: mangelnde Fehlerkultur, zu zaghaftes oder übertriebenes Ermitteln, Übersehen von Beschleunigungsmöglichkeiten - all dies kostet wertvolle Zeit. "Hier braucht es Sensibilisierung und Bildungsarbeit und im besten Fall eine Bündelung der Verfahren an kompetenter Stelle", plädiert die DAV-Hauptgeschäftsführerin. In Bayern etwa würden Disziplinarverfahren in der Regel bei der Landesanwaltschaft geführt. Dabei führten die Distanz zur betroffenen Verwaltungseinheit und die Erfahrung mit Sachverhalten und Ermittlungsverfahren zu einem hohen Grad an Professionalität.
Auch bei den Laufzeiten gerichtlicher Disziplinarverfahren bei den Verwaltungsgerichten der Bundesländer, die bis auf wenige Ausnahmen auch für die Disziplinarverfahren gegen Bundesbeamte zuständig sind, erwartet Herrmann von dem Gesetz kaum Beschleunigungserfolge: "Oft dauert es zwei bis drei Jahre, bis in der ersten Instanz eine mündliche Verhandlung stattfindet. Neben der in vielen Ländern gewählten Konzentration auf landesweit zuständige Kammern könnte gesetzlich eine Personalausstattung vorgegeben werden. Die könnte einerseits die besonderen Ermittlungsaufgaben schützen und andererseits eine beschleunigte Verfahrensbearbeitung sicherstellen." Denkbar sei auch eine Verkürzung des Instanzenzugs in Verfahren, in denen an ein rechtskräftiges Strafurteil angeknüpft wird.
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