Mit der Scheidung in die Armut / Unterhaltszahlungen betragen rund die Hälfte des Einkommens
(Bonn) - Alljährlich treten rd. 200.000 Ehepaare den Gang zum Scheidungsrichter an. "Vermutlich", so Wolfgang Kastner, Präsident der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e.V., Bonn, "wäre die Zahl noch höher, wenn nicht viele durch den nachher zu zahlenden Unterhalt von diesem Schritt noch abgehalten würden".
Immerhin, so Kastner, erreicht der für die Kinder und den Ex-Partner zu zahlende Unterhalt in der Regel rund die Hälfte des Nettoeinkommens. Dies bestätigt auch die Stuttgarter Rechtsanwältin Sabine-Sara Goethert, Leiterin des Fachausschusses "Familienrecht" der Vereinigung. Maßstab für die Festsetzung der Unterhaltszahlungen, so die Fachanwältin für Familienrecht, sei bundesweit die sogen. "Düsseldorfer Tabelle", die als Richtlinie für die monatlichen Unterhaltssätze bei Unterhaltspflicht gegenüber dem (Ex-) Ehepartner und zwei Kindern gelte. Hierbei, so Goethert, bestehe die Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen, aber auch volljährigen Kindern, soweit diese ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen haben und/oder über kein eigenes ausreichendes Einkommen verfügen sowie gegenüber dem Ex-Partner, soweit dieser wegen Kindererziehung, Alters, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Aus- und Fortbildung oder sonstigen Gründen Anspruch auf Zahlung von Unterhalt habe.
Zum anrechenbaren Einkommen des Unterhaltspflichtigen, in der Regel des Mannes, gehören die Nettoeinkünfte aus nicht-selbständiger Arbeit einschließlich etwaiger Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld, aus Renten oder Arbeitslosengeld, sowie bei Selbständigen die Gewinnauskünfte aus Gewerbe oder freiberuflicher Tätigkeit. Hierbei wird das staatliche Kindergeld in der Regel je zur Hälfte angerechnet. Zur Überprüfung des Unterhaltsanspruchs können die Berechtigten grundsätzlich alle zwei Jahre, bei Veränderungen auch in diesem Fall, Auskunft über dessen Einkommen einfordern.
"Schwierig", so der Nürnberger Rechtsanwalt und Experte für Familienrecht, Martin Weispfenning, "wird es immer dann, wenn Unterhaltspflichtige versuchen, die Unterhaltsansprüche des Ex-Partners und der Kinder durch mehr oder minder legale Maßnahmen zu unterlaufen". Gerade im Bereich der Selbständigen, Weispfenning, gäbe es Fälle, in denen der Unterhaltsverpflichtete sein Gewerbe auf den neuen Partner übertrage und sich zur Reduzierung der monatlichen Unterhaltspflicht zu einem erheblich niedrigen Gehalt anstellen ließe. Hier, so der Fachmann, ließen sich häufig langwierige Prozesse um Unterhalt nicht vermeiden.
Bei der Bemessung des tatsächlich zu zahlenden Unterhalts, so Weispfenning, geht der Gesetzgeber davon aus, dass jedem Ehegatten oder Ex-Partner grundsätzlich die Hälfte des verfügbaren Einkommens zusteht. Allerdings soll hierbei dem unterhaltspflichtigen Ehegatten eine etwas höhere Quote verbleiben, damit dieser auch noch einen "Arbeitsanreiz" und zugleich einen Ausgleich für berufsbedingte Aufwendungen hat. Nach der sogen. "Düsseldorfer Tabelle" verbleiben daher dem Unterhaltspflichtigen 4/7 seines Nettoeinkommens, während der Unterhaltsberechtigte, der über kein Einkommen verfügt, 3/7 erhält. Unter Berücksichtigung der Tabelle ergibt sich daher z. B. für ein geschiedenes Ehepaar mit zwei minderjährigen Kindern im Alter von vier und acht Jahren für den Unterhaltspflichtigen folgende Unterhaltspflicht, wenn der Partner, z. B. wegen der Kindererziehung, nicht berufstätig ist und er über ein monatliches Nettoeinkommen von 2.400 verfügt: Von dem Nettoeinkommen wird der Kindesunterhalt von 283 Euro für den Vierjährigen und 343 Euro für den Achtjährigen, also insgesamt 626 Euro, abgezogen. Danach verbleibt ein Restbetrag von 1.774 Euro, wovon dem Unterhaltsberechtigten 3/7, mithin also rd. 760,- Euro zustehen. Die Unterhaltspflicht insgesamt beträgt daher in diesem Fall 1.386 Euro, während dem Unterhaltspflichtigen hiernach nur noch 1.014 Euro verbleiben. Hierbei ist allerdings noch das staatliche Kindergeld zu berücksichtigen, das jedem Elternteil zur Hälfte zusteht. Wird das Kindergeld daher im vorliegenden Fall an die Ehefrau ausgezahlt, verringert sich die Zahlungsverpflichtung des Mannes um 2 x 77 Euro, mithin 154,- Euro. Danach zahlt der Unterhaltspflichtige tatsächlich 1.232 Euro, während ihm selbst 1.168 Euro verbleiben.
Vor diesem Hintergrund, so Goethert und Weispfenning unisono, sollte jeder Gang zum Scheidungsrichter wohl überlegt werden.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e.V.
Simrockallee 27, 53173 Bonn
Telefon: 0228/9355728, Telefax: 0228/9355799
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- Landessozialgericht NRW: Kein Grabstein vom Sozialhilfeträger bei Missachtung eines Bestattungswunsches auf einem Rasengrab
- Bundesgerichtshof entscheidet zur Höhe des angemessenen Selbstbehalts beim Elternunterhalt
- Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung