Minister Al-Wazir plädiert für niedrigere Stromsteuer - Unternehmer-Netzwerke sollen Energieeffizienz befördern
(Frankfurt am Main) - Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir hat sich für eine Absenkung der Stromsteuer ausgesprochen. Bei einer Vortragsveranstaltung zur 9. EnergieEffizienz-Messe 2016 in der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main (IHK) sagte der Minister, die Stromsteuer sei 1999 eingeführt worden, weil man meinte, der Strom sei zu billig. Das sei heute nicht mehr der Fall und daher sei eine Senkung oder Abschaffung ratsam. Prof. Dr. Mathias Müller, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern, begrüßte diese Aussage. Die hessischen IHKs fordern seit langem die Abschaffung der Stromsteuer, um die Kosten-nachteile für inländische Industrie-Standorte zu verringern.
Al-Wazir berichtete von Fortschritten bei der Energieeffizienz. Seit 2008 sei die Energieeffizienz in der hessischen Wirtschaft um 5,5 Prozent gestiegen. Dies zeige sich auch an der Steigerung der Stromproduktivität. Gemessen in Bruttoinlandsprodukt je Kilowattstunde (Euro/kwh) habe sich dieser Wert in Hessen von 6.000 Euro/kwh im Jahr 2010 auf 6.750 Euro/kwh in 2014 verbessert.
Umfragen bei Mittelstandsunternehmen zeigten immer wieder, dass noch viel Energie-Einsparpotenzial gesehen werde, diese Potenziale aber nicht in ausreichendem Maß umgesetzt würden. Um die Nutzung der Energie-Einsparpotenziale zu beschleunigen, wollen der Wirtschaftsminister und die hessischen Industrie- und Handelskammern eine Vielzahl von "Energie-effizienz-Netzwerken" einrichten. "Von Energieeffizienz-Netzwerken mit fachkundiger Moderation und Beratung kann jedes Unternehmen, ob groß oder klein, profitieren. Firmen steigern ihre Energieeffizienz in solchen Netzwerken doppelt so schnell wie der Durchschnitt der Industrie. Sie verschaffen sich damit einen Vorsprung bei den Kosten und der Wettbewerbsfähigkeit und gleichzeitig tun sie etwas für den Klimaschutz", sagte Al-Wazir. Sein Ministerium bereite ein Förderprogramm für die Energieeffizienz-Netzwerke im Rahmen der Energie-Agenda 2015 vor. Einzelheiten werde er demnächst nach weiteren internen Abstimmungen vorstellen.
Bundesweit ist das Ziel von Regierung und Wirtschaftskammern, 500 Energieeffizienz-Netzwerke mit jeweils acht bis fünfzehn teilnehmenden Unternehmen zu errichten. Die Beteiligung der Firmen kostet pro Jahr 2.800 Euro, worin eine Energieberatung, Workshops zum Erfahrungsaustausch und eine fachliche Begleitung zum Erreichen des unternehmensspezifisch vereinbarten Einsparziels eingeschlossen sind. Bisher gibt es bundesweit 90 Netzwerke, davon sieben in Hessen, mit 950 teilnehmenden Unternehmen.
Al-Wazir wies zugleich auf das Beratungsangebot des RKW Hessen hin. Die kostenfreie Energieberatung, die das Land dort anbiete, sei seit 2015 erst von rund hundert Firmen in Anspruch genommen worden. Wenn die Unternehmen einerseits nach Förderung riefen, müssten sie andererseits auch von den Angeboten Gebrauch machen. "Die Firmen haben hier eine Holschuld!" sagte Al-Wazir.
Nach Einschätzung des Ministers wird bei den Stromkosten demnächst durch das Absinken der Umlage aus dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) eine Entlastung der Industrie eintreten. 2020 würden die ersten Anlagen aus der EEG-Förderung herausfallen, ab 2030 wären dann fast alle Förderungen ausgelaufen.
Dass das Interesse der Unternehmerinnen und Unternehmer am Thema Energieeffizienz von Jahr zu Jahr weiter zunimmt, sei ein zweischneidiges Schwert, befand der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern, Prof. Dr. Mathias Müller: "Es zeigt, dass die Energiewende auch in ihrem fünften Jahr weiterhin ein hochkomplexes und schwieriges Projekt ist. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass sie Deutschland zu einem Versuchslabor gemacht hat - sowohl für die Politik als auch für die Wirtschaft."
Nach wie vor belasten die im europäischen Vergleich überdurchschnittlichen Strompreise vor allem kleine und mittlere Unternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit. "Die Unternehmen in Hessen widerstehen dem Kostendruck, so gut sie können. Aber es mag sein, dass die Dauerproblematik irgendwann doch zu Einbußen führt." Der Industriebesatz, also die industrielle Produktion an den hessischen Standorten, drohe zurückzugehen. "Bevor Unternehmen über Verlagerungen nachdenken, versuchen Sie natürlich, zunächst Energie einzusparen und ihre Energieeffizienz zu verbessern. Und in dieser Richtung passiert sehr viel und sehr viel Richtiges in Hessen." Prof. Müller erinnerte an das Energiemonitoring der Hessischen Landesregierung aus dem Jahr 2015, das ermittelt hat, dass trotz eines achtprozentigen Wachstums der Industrie der Endenergieeinsatz seit 2000 um fast zehn Prozent rückläufig ist. "Damit ist die Industrie der Bereich mit dem größten Fortschritt in der Energieeffizienz im gesamtwirtschaftlichen Vergleich."
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