Mindestmengen wirken: Versorgung von Brustkrebs und Lungenkrebs konzentriert sich auf weniger Kliniken mit mehr Routine
(Berlin) - Die Anhebung der Mindestmengen für die Behandlung von Brust- und Lungenkrebs führt 2025 zu einer deutlichen Konzentration der Versorgung auf Krankenhaus-Standorte mit viel Routine bei den jeweiligen Eingriffen, die laut Studien auch bessere Behandlungsergebnisse vorweisen können. Nach der heute veröffentlichten Mindestmengen-Transparenzkarte der AOK wird die Zahl der an Lungenkrebs-Behandlung beteiligten Krankenhaus-Standorte von bundesweit 169 in diesem Jahr auf 144 im kommenden Jahr sinken (minus 15 Prozent). Die Zahl der Kliniken, die eine Erlaubnis zur Durchführung von Brustkrebs-Operationen erhalten, reduziert sich von 425 auf 393 (minus 8 Prozent). Auch bei komplexen Operationen an der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ist ein starker Konzentrationsprozess erkennbar.
Die Mindestmengen für die Behandlung von Brustkrebs (50 Fälle pro Jahr) und Lungenkrebs (40 Fälle pro Jahr) waren erst in diesem Jahr neu eingeführt worden. Sie werden nach den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) im kommenden Jahr auf 100 Fälle pro Jahr für Brustkrebs-OPs und 75 Fälle pro Jahr für thoraxchirurgische Behandlungen von Lungenkrebs angehoben. „Die Brustkrebs-Mindestmenge liegt damit 2025 auf dem Niveau der Mindestfallzahl, die die Deutsche Krebsgesellschaft für die Zertifizierung von Brustkrebszentren verlangt“, betont die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann. „Die Konzentration der Krebsversorgung auf weniger Krankenhaus-Standorte mit höheren Fallzahlen ist eine gute Nachricht für die Patientinnen und Patienten. Denn es ist wissenschaftlich belegt, dass Mindest-Fallzahlen zu mehr Routine und Erfahrung in den OP-Teams, weniger Komplikationen und niedrigeren Sterblichkeitsraten führen.“
Bei den Pankreas-Operationen sinkt die Zahl der beteiligten Klinik-Standorte im kommenden Jahr von 359 auf 327 (minus 9 Prozent). Hintergrund ist auch hier eine Anhebung der vorgegebenen Mindestmenge von 15 auf 20 Fälle pro Jahr ab 2025. Schon von 2023 auf 2024 waren vor dem Hintergrund dieser neuen Vorgabe 46 Standorte aus der Versorgung ausgeschieden.
Halbierung der Zahl der Kliniken mit Ösophagus-Versorgung gegenüber 2022
Weniger Bewegung gibt es im kommenden Jahr bei den komplexen Operationen an der Speiseröhre (Ösophagus): Hier sinkt die Zahl von 111 auf 107 Standorte. Allerdings hatte es in diesem Leistungsbereich bereits in den beiden letzten Entscheidungsrunden einen starken Konzentrationsprozess gegeben, nachdem die Mindestmenge für diesen Eingriff von 10 auf 26 Fälle pro Jahr angehoben worden war. So waren im Jahr 2022 noch mehr als doppelt so viele Klinik-Abteilungen (223 Standorte) an der Versorgung beteiligt wie im kommenden Jahr. Eine Klage von Krankenhaus-Trägern gegen die Anhebung dieser Mindestmenge war im Juni 2023 vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg abgewiesen worden.
Deutlichster Rückgang der Standorte bei Stammzell-Transplantationen
Den deutlichsten Rückgang von operierenden Klinik-Standorten zeigt die Übersicht der AOK bei den Stammzell-Transplantationen: Hier sinkt die Zahl der an der Versorgung beteiligten Kliniken von 72 auf 48 im kommenden Jahr (minus 33 Prozent). Diese starke Reduktion, die auch schon in der letzten Entscheidungsrunde zu verzeichnen war, hat auch bei dieser Behandlung mit einer Anhebung der Mindestmenge von 25 auf 40 Fälle pro Jahr zu tun. Zudem gab es eine Änderung der medizinischen Vorgaben: Die Mindestmenge, die bis 2023 für allogene (körperfremde) und autologe (körpereigene) Stammzelltransplantationen galt, bezieht sich seit diesem Jahr nur noch auf allogene Transplantationen. Bei den Lebertransplantationen gibt es dagegen keine Änderungen, hier sind weiterhin 18 Klinik-Standorte an der Versorgung beteiligt. Bei den Nierentransplantationen ist ein kleiner Zuwachs bei den beteiligten Kliniken von 36 auf 38 Standorte zu verzeichnen.
Die Anhebung der Mindestmengen für die Versorgung von Früh- und Reifgeborenen mit einem Aufnahmegewicht unter 1.250 Gramm von 20 auf 25 Geburten pro Jahr ab 2024 hatte im laufenden Jahr dazu geführt, dass mehrere Geburtsstationen im gesamten Bundesgebiet keine Berechtigung zur Versorgung mehr erhielten. Bei diesem heiß diskutierten Thema gibt es 2025 weniger Bewegung: Die Zahl der an der Frühchen-Versorgung beteiligten Standorte erhöht sich sogar von 144 auf 146.
Reimann: Potenzial für weitere Konzentration in der Endoprothetik
Anders sieht das Bild bei der Implantation von Kniegelenk-Totalendoprothesen aus. Nachdem die Zahl der Klinik-Standorte hier bereits in der letzten Runde von 938 auf 907 gesunken war, gibt es 2025 erneut einen leichten Rückgang von 907 auf 892 Standorte. „In der Endoprothetik gibt es das größte Potenzial für eine weitere Konzentration der Versorgung. Wir setzen hier neben dem Instrument der Mindestmengen auch auf positiven Auswirkungen der anstehenden Krankenhausreform, die den Prozess der qualitätsorientierten Konzentration dieser Leistungen hoffentlich beschleunigen wird – damit sich Patientinnen und Patienten überall darauf verlassen können, dass sie eine optimale Versorgung erhalten“, so AOK-Vorständin Carola Reimann.
Transparenzkarte verzeichnet für 2025 1.054 Krankenhaus-Standorte
Insgesamt verzeichnet die Mindestmengen-Transparenzkarte 1.054 Krankenhaus-Standorte, die 2025 mindestmengenrelevante Operationen mit besonders hohen Risiken für die Patientinnen und Patienten durchführen dürfen. Falls es im Laufe des Jahres Änderungen gibt, wird die Liste aktualisiert. Die „Transparenzkarte“ informiert bereits seit 2019 über die Auswirkungen der jährlichen Entscheidungen der Landesverbände der Krankenkassen zu den besonders schwierigen und risikoreichen Behandlungen, für die aktuell vom Gemeinsamen Bundesausschuss vorgegebene Mindestmengen gelten.
Seit 2019 müssen Kliniken, die mindestmengenrelevante Eingriffe durchführen wollen, den Krankenkassen auf Landesebene jeweils Mitte des Jahres ihre aktuellen Fallzahlen der letzten anderthalb Jahre mitteilen und eine Prognose für das Folgejahr abgeben. Die Landesverbände der Krankenkassen entscheiden auf dieser Basis, ob sie die Prognose des Krankenhauses akzeptieren und eine Behandlungserlaubnis für das Folgejahr erteilen. In der AOK-Karte sind die gemeldeten Fallzahlen für jede einzelne Klinik verzeichnet. Diese Angaben sind ein wichtiges Indiz für Patientinnen und Patienten, die vor planbaren Operationen stehen, und für einweisende Ärztinnen und Ärzten. Denn eine positive Prognose können auch Krankenhäuser erhalten, die die Mindestmenge in der Vergangenheit unterschritten haben, zum Beispiel aus organisatorischen oder personellen Gründen. Die Informationen aus der Mindestmengen-Transparenzkarte fließen auch in den AOK-Gesundheitsnavigator ein und werden den Nutzerinnen und Nutzern dort nach Eingabe einer relevanten Behandlung in der Krankenhaussuche angezeigt.
Gemeinsamer Bundesausschuss berät über weitere Mindestmengen
Gesetzlich vorgegebene Mindestmengen gelten 2025 für die Implantation von künstlichen Kniegelenken (50 Fälle pro Jahr), Transplantationen von Leber (20), Niere (25) und Stammzellen (40), komplexe Operationen an der Speiseröhre (26) und an der Bauspeicheldrüse (20), die Versorgung von Früh- und Reifgeborenen mit einem Aufnahmegewicht von unter 1.250 Gramm (25), Brustkrebs-Operationen (100) sowie für thoraxchirurgische Behandlungen von Lungenkrebs (75 Fälle). Bereits entschieden wurde zudem, dass 2026 für Herztransplantationen eine Fallzahl von 10 Transplantationen pro Jahr zu erfüllen ist. Aktuell berät der Gemeinsame Bundesausschuss über die Einführung von zusätzlichen Mindestmengen für Darmkrebs-Operationen, Major-Leberresektionen sowie zur Chirurgie bei Magenkarzinomen und bei Karzinomen des gastroösophagealen Übergangs. Zudem wird über die Aktualisierung der bestehenden Mindestmenge zur Implantation künstlicher Kniegelenke beraten.
Quelle und Kontaktadresse:
AOK - Bundesverband, Kai Behrens, Pressesprecher(in), Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin, Telefon: 030 34646-0
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- Heilmittelbericht: Mehr finanzielle Mittel allein reichen nicht, um therapeutische Berufe attraktiver zu machen
- Sammelklage gegen Philips: Bereits mehr als 20.000 interessierte AOK-Versicherte
- Reimann: Anstieg der Selbstzahler-Leistungen in Arztpraxen geht auf Kosten der vertragsärztlichen Versorgung