Mindestmengen führen 2024 zu einer deutlichen Konzentration bei komplexen und risikoreichen Operationen
(Berlin) - Die Anhebung der Mindestmenge für die Versorgung von Früh- und Neugeborenen mit einem Gewicht unter 1.250 Gramm von 20 auf 25 Geburten pro Jahr führt dazu, dass bundesweit 13 Geburtsstationen keine Berechtigung zur weiteren Versorgung im kommenden Jahr erhalten. Laut "Mindestmengen-Transparenzkarte" der AOK liegt die bundesweite Gesamtzahl der an der Versorgung beteiligten neonatologischen Abteilungen dann bei 144, falls die zuständigen Länder in den nächsten Wochen keine Ausnahmegenehmigungen erteilen. Auch bei den meisten anderen Mindestmengen-relevanten Eingriffen zeichnet sich laut AOK-Auswertung 2024 eine deutliche Konzentration der Versorgung ab.
"Die Konzentration der Versorgung auf Kliniken mit hohen Fallzahlen ist eine gute Nachricht für die Überlebenschancen von sehr kleinen Frühgeborenen. Denn die wissenschaftlichen Studien zeigen deutlich, dass bei einer höheren Fallzahl die Komplikationsraten und das Sterberisiko der behandelten Kinder geringer sind", betont Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. "Die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Anhebung der Mindestmengen zeigt jetzt Wirkung - und das ist im Sinne der Patientensicherheit absolut sinnvoll." Allerdings sei es möglich, dass einzelne Geburtsstationen trotz Unterschreitens der Mindestmenge noch eine Berechtigung zur Versorgung durch die zuständige Landesbehörde erhielten. "Diese Standorte werden dann in der Karte der AOK ergänzt, allerdings mit einer besonderen farblichen Kennzeichnung und mit Angabe der zuletzt erreichten Fallzahlen", so Hoyer.
Mindestmengen zeigen erwünschte Wirkung
Die deutlichste Konzentration findet im kommenden Jahr laut Mindestmengen-Transparenzkarte bei den komplexen Operationen an der Speiseröhre (Ösophagus) statt: Nachdem sich die Zahl der an der Versorgung beteiligten Klinik-Standorte in der letzten Entscheidungsrunde bereits um ein Drittel verringert hatte, sinkt sie 2024 nochmals um ein Viertel - von 147 Klinikabteilungen mit Erlaubnis zur Ösophagus-OP auf 111 Abteilungen im kommenden Jahr. Bei den komplexen Eingriffen an der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) müssen 46 Standorte aus der Versorgung ausscheiden - ein Minus von 11 Prozent. "Auch hier zeigt sich deutlich die Wirksamkeit der Mindestmengen-Regelungen, denn bei den Pankreas-Operationen greift die endgültige Erhöhung der Mindestmenge auf 20 Eingriffe pro Jahr erst 2025. Viele Kliniken scheiden aber jetzt schon freiwillig aus der Versorgung aus, weil sich abzeichnet, dass sie die nötigen Vorgaben nicht erfüllen können", erläutert Jens Martin Hoyer. Bei den Lebertransplantationen sinkt die Zahl der zur Operation berechtigten Klinikstandorte von 20 auf 18 (minus 10 Prozent), bei den Stammzell-Transplantationen von 92 auf 72 (minus 22 Prozent). Allerdings hat der Rückgang bei dieser Indikation vor allem damit zu tun, dass die Mindestmenge bisher für allogene und autologe Stammzelltransplantationen galt, sich ab 2024 aber nur noch auf allogene Transplantationen bezieht.
Während es bei den Kliniken mit Erlaubnis für die Implantation von Kniegelenk-Totalendoprothesen in diesem Jahr sogar noch einen Zuwachs von 6 Klinik-Standorten gegeben hatte, wird ihre Zahl im kommenden Jahr von 938 auf 903 sinken (minus 3 Prozent). Keine Veränderung gibt es bei den Nierentransplantationen, die weiterhin an 36 Standorten durchgeführt werden dürfen.
Neue Mindestmengen für Brustkrebs- und Lungenkrebs-Operationen
Erstmals greifen im kommenden Jahr zwei neu eingeführte Mindestmengen, deren Auswirkungen ebenfalls in der "Mindestmengen-Transparenzkarte" dargestellt werden: Für die chirurgische Behandlung von Brustkrebs gilt ab 2024 eine Mindestmenge von 50 Fällen pro Jahr, die dann 2025 noch einmal auf 100 Fälle jährlich angehoben wird. Für das kommende Jahr haben insgesamt 425 Klinik-Standorte in Deutschland die Erlaubnis zur Durchführung der Brustkrebs-Operationen erhalten. "Es ist gut, dass die Mindestmenge nach der Anhebung 2025 auf dem Niveau liegen wird, das auch die Deutsche Krebsgesellschaft für die Zertifizierung einer Klinik als Brustkrebs-Zentrum verlangt. Dann wird sich die Zahl der zur OP berechtigten Kliniken voraussichtlich um etwa ein Fünftel verringern, wenn man von den aktuell gemeldeten Fallzahlen ausgeht", so AOK-Vorstand Hoyer. "Die Patientinnen profitieren von der Konzentration dieser Operationen, denn die Mindest-Fallzahlen sorgen nachweislich für mehr Routine und Erfahrung in den OP-Teams, für weniger Komplikationen und für eine höhere Überlebenschance der behandelten Frauen."
Neu ist auch die Mindestmenge für thoraxchirurgische Behandlung von Lungenkrebs bei Erwachsenen, die im Jahr 2024 bei 40 Fällen pro Jahr liegt. Auf dieser Basis haben insgesamt 169 Klinik-Standorte im kommenden Jahr eine positive Prognose und damit eine OP-Erlaubnis erhalten. Auch bei den Lungenkrebs-OPs ist bereits eine weitere Anhebung der Mindestmenge auf 75 Fälle jährlich im Jahr 2025 festgelegt worden.
Mindestmengen-Transparenzliste verzeichnet 1.075 Klinik-Standorte
Insgesamt verzeichnet die heute veröffentlichte Online-Karte der AOK für nächstes Jahr 1.075 Klinik-Standorte, die die Erlaubnis zur Durchführung von Mindestmengen-relevanten Eingriffen mit besonders hohen Risiken für die Patientinnen und Patienten erhalten haben. Sie wird laufend aktualisiert, falls es Änderungen gibt. Die "Transparenzkarte" informiert seit 2019 über die Auswirkungen der jährlichen Entscheidungen der Landesverbände der Krankenkassen zu den besonders schwierigen und risikoreichen Behandlungen, für die aktuell vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vorgegebene Mindestmengen gelten.
Seit 2019 müssen Kliniken, die Mindestmengen-relevante Eingriffe durchführen wollen, den Krankenkassen auf Landesebene jeweils Mitte des Jahres ihre aktuellen Fallzahlen der letzten anderthalb Jahre mitteilen und eine Prognose für das Folgejahr abgeben. Die Landesverbände der Krankenkassen entscheiden auf dieser Basis, ob sie die Prognose des Krankenhauses akzeptieren und eine OP-Erlaubnis für das Folgejahr erteilen. In der AOK-Karte sind die gemeldeten Fallzahlen für jede einzelne Klinik verzeichnet. Diese Angaben sind ein wichtiges Indiz für Patientinnen und Patienten, die vor planbaren Operationen stehen, und für einweisende Ärztinnen und Ärzten. Denn eine positive Prognose können auch Krankenhäuser erhalten, die die Mindestmenge in der Vergangenheit unterschritten haben, zum Beispiel aus organisatorischen oder personellen Gründen. Die Informationen aus der Mindestmengen-Transparenzkarte fließen auch in den AOK-Gesundheitsnavigator ein und werden den Nutzerinnen und Nutzern dort nach Eingabe einer relevanten Behandlung in der Krankenhaussuche angezeigt.
Gemeinsamer Bundesausschuss berät über zusätzliche Mindestmengen
Gesetzlich vorgegebene Mindestmengen gibt es aktuell für die Implantation von künstlichen Kniegelenken (50 Fälle pro Jahr), Transplantationen von Leber (20), Niere (25) und Stammzellen (25 Fälle pro Jahr, ab 2025 40 Fälle), komplexe Operationen an der Speiseröhre (26) und an der Bauspeicheldrüse (15 Fälle pro Jahr, ab 2025 20 Fälle) sowie die Versorgung von Früh- und Reifgeborenen mit einem Aufnahmegewicht von unter 1.250 Gramm (25 Fälle pro Jahr). Ab 2024 greifen zudem erstmals die Mindestmengen für Brustkrebs-Operationen (50 Fälle pro Jahr, ab 2025 100 Fälle) und für thoraxchirurgische Behandlungen von Lungenkrebs (40 Fälle pro Jahr, ab 2025 75 Fälle). Aktuell berät der Gemeinsame Bundesausschuss über die Einführung zusätzlichen Mindestmenge zur Durchführung von Herztransplantationen und zu Darmkrebs-Operationen. Zudem wird über die Aktualisierung der bestehenden Mindestmenge zur Implantation künstlicher Kniegelenke beraten.
Quelle und Kontaktadresse:
AOK - Bundesverband
Dr. Kai Behrens, Pressesprecher
Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin
Telefon: (030) 34646-0, Fax: (030) 34646-2502
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