Milchmarkt 2003: Starker Export und positive Absatzentwicklung bringen Entlastung / Preis- und Kostendruck unvermindert hoch
(Bonn) - Die deutschen Molkereien verzeichnen nach Angaben des Milchindustrie-Verband e.V. (MIV), Bonn, für die ersten sieben Monate des Jahres 2003 einen deutlichen Aufwärtstrend bei den Mengenabsätzen. Wie der Verband anlässlich seiner Jahresversammlung am 24. Oktober in Stuttgart mitteilte, lag der Branchenumsatz mit 12,1 Mrd. Euro um 4,3 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Entscheidenden Anteil daran hatte neben der erfreulichen Absatzentwicklung im Inland vor allem der Export. Das Ausfuhrgeschäft erholte sich nach Verbandsangaben deutlich und brachte eine fühlbare Entlastung mit sich. Der Außenhandelsumsatz der deutschen Milchindustrie stieg zwischen Januar und Juli 2003 gegenüber Vorjahr um rund 13 Prozent auf 2,1 Mrd. Euro.
Talfahrt gebremst
Damit scheint die letztjährige Talfahrt, als die deutsche Milchwirtschaft dem positiven Trend der Ernährungsindustrie nicht folgen konnte, vorerst gestoppt. Zum Vergleich: Das gesamte Ernährungsgewerbe erreichte für den gleichen Zeitraum lediglich eine Umsatzsteigerung von 1,4 Prozent - der industrielle Außenhandelsumsatz lag mit einem Plus von 4,4 Prozent ebenfalls deutlich niedriger. Große Sorgen bereiten dem MIV jedoch nach wie vor die Kosten- und vor allem die Preisentwicklungen. Die Preise im Lebensmitteleinzelhandel und auf den übrigen Absatzmärkten befänden sich weiterhin im kollektiven Abwärtstrend. "Die echte Wertigkeit der Produkte wird leider immer weniger honoriert - doch Qualität, Sicherheit, Frische und Vielfalt sind nun einmal nicht zum Nulltarif zu haben", so Eberhard Hetzner, Hauptgeschäftsführer des Verbands.
Wachstumsmotor Milchfrischprodukte
Trotz der nach wie vor anhaltenden allgemeinen Konsumrückhaltung konnten sich die Molkereien insgesamt über eine stabile private Nachfrage nach Milch und Milchprodukten freuen. Insbesondere Milchfrischprodukte setzten den positiven Trend des Vorjahres fort und verzeichneten zum Teil deutliche Anstiege. Allein bei Konsummilch erhöhte sich die Produktion um rund fünf Prozent auf 3,66 Mio. Tonnen. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch konnte noch einmal leicht auf 65 kg pro Kopf ausgebaut werden. Joghurt (+ 2,7 Prozent) und Milchmischerzeugnisse (+ 2,6 Prozent) liegen auch weiterhin in der Gunst des Verbrauchers. Bei den Milchmischerzeugnissen blieben die innovativen Produkte wie Milchdrinks, Trinkjoghurts oder Molkedrinks mit oftmals zweistelligen Zuwachsraten wichtige Absatzträger. Insgesamt fanden diese Absatzzuwächse allerdings auf einem relativ niedrigen Preisniveau statt, das rund fünf Prozent unter dem Vorjahreswert lag.
Käse weiterhin wichtigstes Standbein
Käse scheint wieder auf dem Weg zu seiner Rolle als wichtigster Wachstumsmotor im deutschen Milchmarkt zu sein. Nach einem leichten Rückgang im Jahr 2002 erhöhte sich die Produktion in den ersten sieben Monaten nicht zuletzt aufgrund des guten Exportgeschäfts um 2,5 Prozent auf fast 1,2 Mio. Tonnen. Besondere Gewinner waren neben Schnitt- (+ 5,5 Prozent) und Frischkäse (+ 2,0 Prozent) vor allem Mozzarella (+ 20, 4 Prozent). Käse bleibt damit wichtigstes Standbein der Branche, die ihre Position als größter Käseproduzent noch vor Frankreich und den Niederlanden hat festigen können. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch konnte um 0,2 kg noch einmal auf 21,9 kg ausgebaut werden.
Deutsche Butter- beliebt im In- und Ausland
Die Butterproduktion lag mit einem mengenmäßigen Zuwachs von 3,4 Prozent und 278.000 Tonnen noch einmal über dem hohen Niveau des Vorjahres. Sowohl im Inland, in der weiterverarbeitenden Industrie als auch beim Außenhandelsgeschäft erfolgte ein reger Absatz. Trotz der sommerlichen Temperaturen gingen Produktions- und Absatzzahlen bei Sahne leicht zurück (- 1,1 Prozent).
Milchpreise weiter unter Druck
Im bisherigen Jahresverlauf konnten sich die Verbraucher wieder einmal über zum Teil deutliche Preisrückgänge freuen. Milchprodukte wurden im Lebensmitteleinzelhandel durchwegs günstiger angeboten als im Vorjahr. Besonders Schnittkäse, Quark und Trinkmilch litten unter der anhaltenden Preisdruckstrategie des Handels, die sich auch bei den Preisabschlüssen im Frühsommer - vor allem für weitere Produkte des Basissortiments - weiter fortsetzte. Gleichzeitig mussten nach Angaben des Verbandes die Molkereien erheblich gestiegene Kosten für Energie, Personal und Verpackung verkraften, was sich negativ auf die Rentabilität auswirkte. Dadurch blieben auch die Auszahlungspreise für die Milcherzeuger weiter unter Druck. Mit durchschnittlich 27,9 Cent pro kg standardisierter Anlieferungsmilch fehlen den deutschen Milchbauern derzeit 1,5 Cent pro Kilogramm Milch im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt blieb der Milchmarkt in den ersten sieben Monaten des Jahres 2003 trotz der positiven Absatzentwicklungen im In- undAusland nach Angaben des MIV hinter den Erwartungen zurück.
Außenhandel zurück zu alter Stärke
Mit einem Anteil von rund einem Sechstel des Gesamtumsatzes ist der Export wichtiges Standbein der deutschen Milchindustrie und führend bei den gesamten Agrarausfuhren Deutschlands. Nach den zum Teil empfindlichen Einbußen im vergangenen Jahr konnten sich die Molkereien im Verlauf diesen Jahres über einen deutlichen Ausbau des Exportgeschäfts freuen. Das erfolgreichste Produktsegment war Käse mit zweistelligen Zuwachsraten nach Russland, Italien und angrenzende EU-Staaten. Auch H-Milch wurde an die europäischen Nachbarn in erheblich stärkerem Umfang abgesetzt. Leider liefen auch hier Mengen- und Preisentwicklungen in entgegengesetzte Richtungen, so der Verband. Der Wettbewerbsdruck in Verbindung mit den alternativen Interventionsverwertungen, deren Richtung ebenfalls nach unten weise, ließe auf den außerdeutschen Märkten keinen Spielraum für Verbesserungen.
2003/2004: Zuversicht bei den Mengen - harter Wettbewerb zu erwarten
Trotz der beschlossenen Agrarreform sieht der Milchindustrie-Verband für seine Mitglieder in der nächsten Zeit durchaus Absatzpotenzial. Das Exportgeschäft boome trotz starkem Euro und auch im Inland zeigten sich positive Nachfragetrends. Die gerade beendete Branchenmesse ANUGA bestätige diese Prognosen. Die discountorientierten Verbrauchergewohnheiten und der starke deutsche Lebensmitteleinzelhandel ließen jedoch preisseitig keine Spielräume für Verbesserungen zu, so dass weiterhin mit sehr starkem Wettbewerbs- und damit Preisdruck zu rechnen sei. Die beschlossene EU-Osterweiterung lässt nach Meinung des MIV zusätzliches Wachstum erwarten, wenn auch die Risiken des politischen Prozesses nicht unterschätzt werden dürfen.
"Der Milchpreis in Osteuropa liegt im Durchschnitt 20 Prozent unter dem deutschen Preis. Es wird zwangsläufig eine Anpassung bei freien Grenzen nach dem 1. Mai 2004 geben. Und so wie es die Politik mit ihren Beschlüssen vorgegeben hat, wahrscheinlich von beiden Seiten zur Mitte hin", so MIV-Hauptgeschäftsführer Eberhard Hetzner. Die Erfahrungen der letzten Jahre hätten eindeutig gezeigt, dass sich die Verwertungen für Milch auf den Märkten stets an der Linie der institutionellen Preise orientieren werden. Somit seien auch die politischen Vorgaben aus der im Juni vereinbarten Agrarreform keine Hilfe, wenn es um Erlösverbesserungen gehe.
Quelle und Kontaktadresse:
Milchindustrie-Verband e.V. (MIV)
Godesberger Allee 157, 53175 Bonn
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