Mietrechtsreform zum 1. September in Kraft / Was bringt das neue Mietrecht?
(Dieburg) - Das geltende Mietrecht hat deutliche Defizite. Nach Meinung des BDF Bund deutscher Fachanwälte im BSZ® e.V. ist eine der wichtigsten Neuerungen nunmehr die Tatsache, dass durch die Vereinfachung des Gesetzes Mieter und Vermieter nunmehr ohne Inanspruchnahme fachlicher Hilfe die Möglichkeit erhalten, allein durch Lektüre des Gesetzestextes die einem Mietverhältnis typischen Rechte und Pflichten ermitteln zu können.
BSZ® Mitglied, Rechtsanwältin Martina Machulla von der Kanzlei Machulla: Diese Reform war schon lange überfällig, denn das bisher geltende Mietrecht reicht in seinem Kernbereich auf das 1898 eingeführte BGB zurück. Durch zahlreiche Gesetzesneuerungen in diesem Bereich ist die vorher vorhandene recht dürftige Systematik des Gesetzes noch weiter aufgeweicht worden.
Aus diesem Grunde ist eine Mietrechtsreform zur Neustrukturierung des Mietrechts notwendig. Darüber hinaus passt die Reform das Mietrecht den gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen in Deutschland an und modernisiert das Mietrecht damit auch inhaltlich. Dabei verfolgt die Gesetzesneuerung in erster Linie die Absicht, das Mietrecht sowohl für Mieter als auch für Vermieter transparenter und verständlicher zu machen.
Das neue Mietrecht des BGB umfasst mit Inkrafttreten der Neuerung das gesamte private Wohnraummietrecht einschließlich der Vorschriften des Miethöhegesetzes und der sogenannten Sozialklauselgesetze. Dabei gliedert das neue Recht Mietverhältnisse nun nach deren typischen Ablauf. Das öffentliche Wohnrecht und die Heizkostenverordnung wurden dagegen nicht in das BGB mit aufgenommen, denn dies hätte den Rahmen des BGB gesprengt und erscheint zudem auch nicht sachgerecht.
Im Wesentlichen verändert die Reform das bisher geltende Mietrecht wie folgt:
1. Das Vergleichsmietensystem bleibt beibehalten, denn es sichert einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Rentabilitätsinteressen des Vermieters und den Schutzinteressen des Mieters. Dadurch besteht für den Vermieter die Möglichkeit, die Miete bei laufendem Mietverhältnis bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu erhöhen.
Zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete werden nach wie vor Mietspiegel herangezogen, die eine gewisse Objektivierung des Mieterhöhungsverfahren garantieren. Neu eingeführt wird hierbei jedoch der qualifizierte Mietspiegel, der sich im Gegensatz zum einfachen Mietspiegel dadurch auszeichnet, dass er nach wissenschaftlichen Grundsätzen errichtet und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und Mieter anerkannt sein muss.
Dem qualifizierten Mietspiegel kommt dabei auf Grund der strengen Anforderungen an seine Errichtung im Mieterhöhungsprozess die widerlegbare Vermutung der Richtigkeit seines Inhalts zu. Im vorgerichtlichen Mieterhöhungsverfahren wird der qualifizierte Mietspiegel nunmehr als zwingendes Begründungsmittel eingeführt.
2. Die Kappungsgrenze wird von 30% auf 20 % abgesenkt. Damit wird gewährleistet, dass die Mieten im Vergleichsmietverfahren nicht zu stark ansteigen und dass der Mieter so vor drastischen Mieterhöhungen geschützt wird. Der Gesetzgeber trägt damit dem Umstand Rechnung, dass ein großer Teil der Bevölkerung Deutschlands auf preisgünstige Wohnungen angewiesen sind.
3. Eine Mieterhöhung wegen gesteigerter Kapitalkosten ist nunmehr nicht mehr zulässig. Durch diese Regelung stellt der Gesetzgeber klar, dass die komplizierte Regelung wegen Ihrer Orientierung an Kostengesichtspunkten ohnehin nicht in das System einer am Markt orientierten Miete passt.
4. § 5 Wirtschaftsstrafgesetz wird in geänderter Form beibehalten. Durch die Unter-Strafe-Stellung von wucherähnlichen Verhältnissen im Mietrecht wird die Appellfunktion an die Bürger aufrechterhalten und ein wichtiger Beitrag für den Mietschutz geleistet. Die 1993 eingeführte Verschärfung der Vorschrift für Altbauten wird aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten aufgehoben. Dies soll vor allem die Modernisierung im Altbaubestand fördern.
5. Im Bereich der Betriebskosten wird das Prinzip der Nettomiete gestärkt. Danach ist der Vermieter verpflichtet, nach Verbrauch und Verursachung erfasste Betriebskosten verbrauchsabhängig abzurechnen. Das Prinzip der Nettomiete dient der Abrechnungsgerechtigkeit und gibt dem Mieter gleichsam einen Anreiz zum Einsparen von Energie.
Den Mietparteien ist es aber auch weiterhin unbenommen, von diesem Grundsatz durch vertragliche Vereinbarungen abzuweichen.
Neu ist die Regelung, dass der Vermieter die Betriebskosten grundsätzlich innerhalb eines Jahres abzurechnen hat. Die Einführung dieser festen Abrechnungsfrist, die weitere Nachforderungen über den einjährigen Zeitraum hinaus ausschließt, führt insbesondere auf Mieterseite zu mehr Rechtssicherheit.
6. Im Rahmen einer auf Energieeinsparung ausgerichteten Politik erscheint es selbstverständlich, dass die Möglichkeit der Umlegung von Modernisierungskosten auf die Miete beibehalten wird. So möchte der Gesetzgeber zudem einen Anreiz zur Modernisierung schaffen, die insbesondere im ostdeutschen Raum erforderlich ist. Aus diesem Grunde werden die umlegbaren Kosten erweitert. Während zuvor nur bestimmte Energieeinsparungen eine Umlegung auf die Miete ermöglichten, können nun sämtliche Einsparungsmaßnahmen zur nachhaltigen Einsparung von Energie aller Art umgelegt werden. Der Vermieter kann damit auch bspw. die Kosten einer Energiesparlampe in Gemeinschaftsräumen oder im Treppenhaus oder anderweitiger Stromeinsparungen an den Mieter weitergeben. Die Höchstgrenze von 11% der Kosten der Modernisierungsanlage auf die Jahresmiete bleibt hierbei bestehen.
Die Anforderungen an die Mitteilung einer Modernisierung werden gesenkt. So muss der Vermieter nach neuem Recht nur die Art der Maßnahme in der Mitteilung genau benennen. Umfang, Beginn und Dauer müssen dagegen neuerdings nur noch soweit mitgeteilt werden, als sie absehbar sind.
7. Auch die Kündigungsfristen sind bei Mietverhältnissen ein äußerst streitträchtiger Bereich. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber hier das Recht vereinheitlicht und eine Kündigungsfrist für Mieter von einheitlich drei Monaten eingeführt. Die Kündigungsfristen für den Vermieter bleiben dagegen unverändert und richten sich somit nach der Vermietungsdauer.
8. Das Mietrecht wird nunmehr an die gesellschaftlichen Gegebenheiten angepasst. Schon lange nicht mehr sind die Ehe und die Familie die einzigen Lebensformen in unserer Gesellschaft. Aus diesem Grunde stellt der Gesetzgeber nun in mietrechtlicher Hinsicht solche Personen mit diesen Gruppen gleich, die mit dem Mieter in einem auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt leben. Personen, die mit dem Mieter im Rahmen einer gefestigten Bindung leben, die durch ein gegenseitiges Füreinander-einstehen-Wollen geprägt ist, wird nunmehr erstmalig ein Eintritts- und Fortsetzungsrecht eingeräumt. Im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit dieser Lebenspartner sollen diese bei Versterben des Mieters das Mietverhältnis übernehmen können, wodurch sie Ihren bisherigen Lebensmittelpunkt aufrechterhalten können.
Diese weitreichendere Regelung bezieht sowohl hetero- und homosexuelle Lebensgemeinschaften als auch Wohngemeinschaften älterer Leute ein, die ihr gegenseitiges Einstehenwollen durch gegenseitige Vollmachten dokumentieren.
Stirbt der Mieter aber, ohne das ein anderer eintritts- und fortsetzungsberechtigt ist, dann tritt kraft Gesetzes der Erbe in den Mietvertrag ein. Bisher konnte der Vermieter hier das Mietverhältnis nur kündigen, insofern er ein berechtigtes Interesse nachweisen konnte. Diese Regelung wird nunmehr zugunsten des Vermieters aufgehoben, so dass dieser künftig auch ohne berechtigtes Interesse das Mietverhältnis kündigen kann.
9. Im Rahmen der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen wird die Kündigungsfrist bundeseinheitlich auf drei Monate festgelegt. In Ausnahmefällen erhalten die Länder die Befugnis, in Gebieten mit knapper Wohnungsversorgung diese Frist auf bis zu 10 Jahre zu verlängern.
10. Sowohl die Index- als auch die Staffelmieten sind künftig zeitlich unbeschränkt. Der Mieter wird aber auch weiterhin hier hinreichend geschützt, indem ihm bei Indexmieten ein Sonderkündigungsrecht nach vier Jahren auch weiterhin eingeräumt wird. Die Mieterhöhung richtet sich bei Indexmieten zudem nach dem Preisindex für Lebenshaltung aller privater Haushalte in Deutschland.
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