Mieterbund-Präsidentin Anke Fuchs: Strukturverbesserungen statt Eigenheimzulage / Chance für Städte und Gemeinden
(Berlin) - Die Pläne der Bundesregierung, die Eigenheimzulage durch ein Zuschussprogramm für Strukturverbesserungen in den Städte zu ersetzen, ist politisch richtig und wirtschaftlich vernünftig, erklärte Anke Fuchs, Präsidentin des Deutschen Mieterbundes (DMB), auf einer Pressekonferenz der Mieterorganisation am 29. August in Hamburg. Ich sehe hierin eine Chance gerade für die Städte und Gemeinden, angesichts ihrer Finanznöte, Abwanderungsprobleme und der demografischen Schrumpfung.
Staatliche Subventionen und Förderungen in der Wohnungspolitik von mehr als 10 Milliarden Euro im Jahr, verteilt nach dem Gießkannenprinzip ohne Rücksicht auf die jeweiligen Erfordernisse vor Ort, sind nicht mehr zeitgemäß. Wir können sie uns auch gar nicht mehr leisten, sagte Anke Fuchs. Der Deutsche Mieterbund habe deshalb schon lange gefordert, dass die Politik reagieren und die weniger werdenden finanziellen Mittel gezielt auf sinnvolle Investitionen lenken müsse. Mitnahmeeffekte wie bei der bisherigen Eigenheimzulage müssten ausgeschlossen werden. Statt gleichzeitig gewollt oder ungewollt Stadtflucht, Zersiedelung und Leerstände zu subventionieren, sollten die bisherigen Förderinstrumente umgestellt werden auf ein Investitionszulagensystem mit Regionalkomponente bzw. Stadtzulage.
Wir begrüßen, dass die Bundesregierung diesen Ansatz jetzt aufgreift und im Zuge des Haushaltsbegleitgesetzes die Eigenheimzulage streicht und 25 Prozent der eingesparten Mittel für Strukturverbesserungsmaßnahmen in den Städten bereitstellt, betonte die Mieterbund-Präsidentin.
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll jetzt gefördert werden:
- der Eigentumserwerb im Wohnungsbestand städtischer Quartiere, soweit er mit erheblichem Modernisierungs- und Instandsetzungsaufwand verbunden ist;
- das genossenschaftliche Wohnen zur Stabilisierung städtischer Nachbarschaften,
- Maßnahmen an Wohnungen und dem Wohnumfeld für Haushalte mit Kindern in städtischen Quartieren,
- die Wiedernutzung brach liegender Flächen und anderer Schwerpunkte im Rahmen der Städtebauförderung West,
- die Erneuerung von Siedlungen der 50er und 60er Jahre und vergleichbare Schwerpunkte im Rahmen des Stadtumbaues West.
Anke Fuchs: Diese notwendige und überfällige Ausrichtung der Politik auf Wohnungsbestand, Wohnumfeld und Ballungszentren wird von uns unterstützt. Wir fordern aber ergänzend, dass ein Teil der durch Streichung der Eigenheimzulage eingesparten Mittel in Wohngeldverbesserungen für bedürftige Haushalte fließen muss.
Ich hoffe, dass der Bundesrat dieser Neuorientierung der staatlichen Förderpolitik im Wohnungsbereich dieses Mal zustimmt, dass sich das Gezänk und das Hickhack aus dem Frühjahr diesen Jahres nicht noch einmal wiederholt, sagte Anke Fuchs. Damals hatte die Bundesregierung im Rahmen des Steuervergünstigungsabbaugesetzes beschlossen, die Eigenheimzulage zusammenzustreichen, doch der Bundesrat lehnte ab. Im Vermittlungsausschuss wurde das Thema gar nicht mehr verhandelt, wenige Tage später forderten die ersten Oppositionspolitiker, die Eigenheimzulage müsse endlich reformiert werden.
Wohnungsverkäufe stoppen
Die verstärkte Ausrichtung der Wohnungspolitik auf Städte und Ballungszentren bietet die Möglichkeit, Wohnungsbestände aufzuwerten, das Wohnumfeld zu verbessern und damit letztlich die Attraktivität der Städte zu erhöhen.
Zu einem positiven Stadtentwicklungsprozess gehört es aber auch, dass in innerstädtischen Wohngebieten ausgewogene Sozialstrukturen bestehen bleiben, dass ein ausreichender Bestand an bezahlbaren Wohnungen erhalten wird, dass hier die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen bzw. die Umwidmung von Wohnraum erschwert wird, dass auch in innerstädtischen Wohnlagen Belegungsrechte gesichert werden und dass die kommunalen Wohnungsgesellschaften, die diese Aufgaben letztlich erfüllen müssen, erhalten und gestärkt werden", forderte Mieterbund-Präsidentin Anke Fuchs.
In den letzten zwei Jahren seien rund 350.000 Wohnungen von Bund, Ländern und Kommunen privatisiert, das heißt verkauft worden. Die Ausverkaufspolitik der öffentlichen Hän-de, insbesondere der Kommunen, hält weiter an. Angesichts der Finanznöte der Gemeinden fürchte ich, dass von den noch knapp 2,7 Millionen Wohnungen, die sich in kommunalem Besitz befinden, in nächster Zeit rund 500.000 Wohnungen verkauft werden, so die Präsidentin des Deutschen Mieterbundes. Diese Wohnungen werden von privaten Investoren, börsennotierten Unternehmen und ausländischen Kapitalgesellschaften erworben. Das bedeutet, Bewirtschaftung und Verwertung der ehemals kommunalen Wohnungsbestände werden dann konsequent nach dem Gesichtspunkt der Renditeerzielung betrieben. Notwendige Instandhaltungen und Modernisierungen werden gestreckt oder ausgesetzt. Mieterhöhungsspielräume werden bis zum letzten Cent ausgeschöpft. Mieterstrukturen werden verändert, so dass nur noch besonders zahlungskräftige Nachfrager hier die Chance auf die Anmietung einer Wohnung haben.
Mieterdrehen ist die zynische Bezeichnung der Investoren für diesen Vorgang. Verlierer sind einkommensschwache Haushalte, Alleinerziehende, behinderte oder kranke Menschen und Großfamilien, beschrieb Anke Fuchs die Situation. Verlierer sind aber auch die Kommunen selbst. Die Angebotsschwemme bei so genannten Gebrauchtwohnungen mindert die zu erzielenden Erlöse und erschwert gleichzeitig eine vernünftige Stadtgestaltung, die Kommune verliert die Möglichkeit, aktiv in den Wohnungsmarkt einzugreifen. Die Verkaufserlöse selbst sind schnell verbraucht. Tafelsilber kann man nur einmal verkaufen, so die Präsidentin. Was bleibt, sind gestiegene Mietpreise vor Ort, zusätzliche Belastungen der städtischen Haushalte bei Sozialhilfe und Wohngeld und die Notwendigkeit, neue Belegungsrechte teuer einkaufen zu müssen.
Quelle und Kontaktadresse:
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