Pressemitteilung | Deutscher Mieterbund e.V. (DMB)

Mieterbund-Präsident Dr. Franz-Georg Rips: Eckpunkte zur Änderung des Mietrechts - unnötig, unausgegoren und einseitig / Kürzungen bei Wohngeld, Städtebauförderung und energetischen Modernisierungen - falsch, ungerecht und widersprüchlich

(Berlin) - "Streichen und verschlechtern ist das aktuelle Motto der Bundesregierung beim Mietrecht und in der Wohnungspolitik. Die Eckpunkte aus dem Justizministerium zur Änderung des Mietrechts sind zum großen Teil unnötig, unausgegoren und einseitig", kritisierte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Dr. Franz-Georg Rips, auf einer Pressekonferenz der Mieterorganisation in Berlin. "Die von der Bundesregierung beschlossenen drastischen Kürzungen bei Wohngeld, Städtebauförderung und dem Förderprogramm zur energetischen Gebäudesanierung sind falsch, ungerecht und widersprüchlich."

Mietrecht

"Offensichtlich beginnt die Bundesregierung jetzt, ihre Wahlversprechen einzulösen und arbeitet die Forderungen der Vermieterverbände ab. Mehr und zusätzliche energetische Modernisierungen werden weder durch erleichterte Mieterhöhungen noch durch Ausschluss der Mietminderungsrechte oder erweiterte Duldungspflichten erreicht, und Mietnomaden können nicht durch zusätzliche Kündigungstatbestände bekämpft werden", erklärte Rips.

- Kosten der energetischen Modernisierung

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bereits Ende September angekündigt, Vermieter müssten mehr als bisher auf die Miete umlegen können. Mieter profitierten, weil sie viel niedrigere Energiekosten hätten.

Tatsächlich müssen Mieter heute schon energetische Modernisierungen teuer bezahlen. Vermieter dürfen 11 Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufschlagen. Bei Investitionen von beispielsweise 20.000 Euro für eine 70 Quadratmeter große Wohnung verteuert sich deswegen die Miete um 180 Euro im Monat. Selbst wenn die Heizkosten aufgrund der Modernisierung um die Hälfte sinken, steigen die Mietkosten für den Mieter "unter dem Strich" um 140 Euro im Monat.

Rips: "Wir brauchen keine zusätzlichen Mieterhöhungsspielräume für Vermieter. Eher im Gegenteil, die vom Berliner Senat angekündigte Bundesratsinitiative, die eine Absenkung der Modernisierungsmieterhöhung von derzeit 11 auf dann 9 Prozent vorsieht, ist viel richtiger. Noch besser wäre es, energetische Modernisierungen künftig nur bei der ortsüblichen Vergleichsmiete zu berücksichtigen und im Mietspiegel abzubilden. Stichwort: Öko-Mietspiegel."

- Abschaffung des Mietminderungsrechts

Weil Mieter während der Bau- und Modernisierungsphase ihre Miete zwischen 50 und 100 Prozent kürzen könnten und deshalb viele Vermieter gar nicht erst modernisieren, sieht das Eckpunktepapier des Bundesjustizministerium vor, das Recht zur Mietminderung bei energetischen Modernisierungen komplett abzuschaffen.

Rips: "Das ist ein klassisches Beispiel für reine Klientel-Politik. Energetische Modernisierungen werden hierdurch nicht gefördert. Tatsächlich kürzt nur eine Minderheit der Mieter die monatlichen Zahlungen. Mietminderungen von 50 oder 100 Prozent gibt es in der Praxis überhaupt nicht, wären auch nur denkbar, wenn die Wohnung praktisch unbewohnbar ist. Aber selbst wenn jeder zweite Mieterhaushalt eines 10-Familien-Hauses seine Miete um 20 Prozent kürzen würde, hätte der Vermieter nur Mindereinnahmen in Höhe von 600 Euro. Niemand macht davon Investitionsentscheidungen über mehrere Hunderttausend Euro abhängig.

Außerdem kürzt der Mieter während der Bauarbeiten nicht, weil energetisch modernisiert wird, sondern beispielsweise weil er während der Bauarbeiten kein warmes Wasser oder keine Heizung hat, weil das Haus eingerüstet ist, Planen vor den Fenstern hängen und er nicht lüften kann usw."

- Erweiterung des Modernisierungsbegriffs

Das Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums sieht weiter vor, dass der Begriff der "energetischen Modernisierung" neu definiert und erweitert wird. Auch Maßnahmen, die nicht zu niedrigeren Heizkosten führen, aber aus Umweltgründen sinnvoll sind, müssen Mieter dann als Modernisierung dulden und bezahlen.

Rips: "Während die Bundeskanzlerin noch davon redet, dass Mieter von niedrigeren Heizkosten profitierten, und Umweltminister Norbert Röttgen erklärt: "Energie sparen heißt ja, dass Heizkosten billiger werden", und verspricht, dass Mieter zu den Gewinnern der energetischen Modernisierung gehören, macht das Justizministerium die Mieter zu Verlierern. Es kann nicht sein, dass Mieter - ohne einen Vorteil zu haben - für Klimaschutz- und Umweltschutzmaßnahmen deutlich höhere Mieten zahlen."

- Erweiterte Duldungspflichten

Mieter sollen nach den Vorstellungen des Bundesjustizministeriums energetische Modernisierung, die rechtlich verpflichtend sind, vorbehaltlos dulden müssen.

Rips: "Ob, wann und in welchem Umfang modernisiert wird, entscheidet nach geltendem Recht allein der Vermieter. Auf eine Zustimmung oder ein Einverständnis der Mieter kommt es nicht an. Nur in seltenen Ausnahmefällen können Mieter einer Modernisierung widersprechen, wenn die Baumaßnahme für sie unzumutbar wäre. Diese `Treu-und-Glauben-Regelung´ abzuschaffen, ist unnötig."

- Absenken von formalen Hürden

Nach geltendem Recht müssen Modernisierungsmaßnahmen mindestens drei Monate vorher schriftlich angekündigt werden. Dabei ist mitzuteilen, wann, wie lange und mit welchem Ziel modernisiert wird. Jetzt will das Bundesjustizministerium "formale Hürden" abbauen und Pauschalwerte zulassen. Wenn die Modernisierungsankündigung fehlerhaft ist oder gar keine erfolgt, soll sich nur der Zeitpunkt der Mieterhöhung um sechs Monate verschieben.

Rips: "Hier werden Mieter- und Schutzrechte als bloße `formale Hürden´ betrachtet, die ohne weiteres abgeschafft werden können. Damit werden einseitig Interessen der Wohnungswirtschaft bedient."

- Bekämpfung des Mietnomadentums

Das Bundesjustizministerium schlägt einen neuen Kündigungstatbestand vor. Danach soll der Vermieter fristlos kündigen dürfen, wenn der Mieter mit seiner Kautionszahlung in Verzug, das heißt im Rückstand, ist.

Rips: "Neue Kündigungstatbestände sind überflüssig. Hierdurch wird nicht ein Mietnomadenfall verhindert. Schon nach geltendem Recht können Mietnomaden, die die Miete nicht zahlen, fristlos gekündigt werden. Wenn sie von vorn herein beabsichtigen, keine Miete zu zahlen, sind sie Betrüger, ihnen droht eine Freiheitsstrafe. Das Problem der `1.000 Mietnomaden-Fälle´ im Jahr ist, dass Vermieter viele Monate warten müssen, bis die Gerichte über die Kündigung und die Räumung der Wohnung entschieden haben. Hier muss der Hebel angesetzt werden, beispielsweise wie vorgeschlagen bei der gesetzlichen Kodifizierung der so genannten `Berliner Räumung´, aber nicht im Mietrecht."

Auch der Plan, einen schnellen Räumungstitel im Wege der einstweiligen Verfügung gegen Untermieter zuzulassen, hat nichts mit der viel diskutierten Mietnomaden-Thematik zu tun.

Wohnungspolitik

"Die Wohnungspolitik der Bundesregierung ist falsch und widersprüchlich:

- Sie erklärt die energetische Gebäudesanierung zu einem zentralen Bestandteil ihres Konzepts zum Klimaschutz und streicht die Fördermittel, zum Beispiel das CO2-Gebäudesanierungsprogramm, drastisch zusammen.

- Sie verkündet stolz die Erfolge der Städtebauförderung, initiiert eine Kampagne "Weißbuch Innenstadt - Starke Zentren für unsere Städte und Gemeinden" und beschließt die Kürzung der Städtebauförderung um 50 Prozent.

- Sie hält Wohngeld für einen unverzichtbaren und zentralen Bestandteil der Wohnungs- und Mietenpolitik, lobt dessen `Treffsicherheit´ und kürzt das Wohngeld um 100 Millionen Euro,"
kritisierte der Mieterbund-Präsident.

- Energiebedarf und Gebäudesanierung

Aus Sicht des Deutschen Mieterbundes sind die Ziele der Bundesregierung - Verdoppelung der energetischen Modernisierungsrate von jährlich 1 Prozent auf 2 Prozent und die drastische Reduzierung des Wärmeverbrauchs stufenweise bis 2050 - alternativlos. Rips kritisierte aber, dass die Bundesregierung offensichtlich kein Konzept und keinen Plan habe, wie diese Ziele denn erreicht werden könnten. Es gibt weder ordnungspolitische Vorgaben noch Sanktionen und eine höhere öffentliche Förderung als bisher ist ebenfalls nicht vorgesehen, im Gegenteil.

Rips: "Ohne umfassende öffentliche Förderung ist das Energiekonzept zum Scheitern verurteilt. Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm muss zumindest auf dem Niveau des Vorjahres fortgeführt werden. Nur so können Modernisierungsanreize für Eigentümer gesetzt werden, nur so bleiben künftige Miete bezahlbar.

- Städtebauförderung

Die Bundesregierung will die Mittel für die Städtebauförderung halbieren, das heißt um 305 Millionen Euro kürzen, möglicherweise - so Andeutungen aus dem Bauministerium - nur um 150 Millionen Euro. Betroffen von diesen Plänen sind die Programme Soziale Stadt, Stadtumbau Ost und Stadtumbau West. Die Kürzungspläne werden nicht nur von den betroffenen Städten abgelehnt, auch die Bauminister der Länder haben die Kürzung der Städtebauförderung scharf und einstimmig kritisiert.

Rips: "Kürzungen im Bereich der Städtebauförderung sind kurzsichtig und doppelt falsch. Zum einen werden bewährte Instrumente zur Sicherung bezahlbaren Wohnens, zur sozialen Stadtentwicklung und zum Erhalt sozialer Durchmischung von Wohngebieten an die Wand gefahren. Zum anderen fallen Investitionen nicht nur in Höhe der gekürzten Bundesmittel weg. Die Städtebauförderung wird durch die Länder und Kommunen komplementär finanziert, so dass künftig auch diese Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Gleichzeitig löst 1 Euro Städtebauförderung 8 Euro Folgeinvestitionen aus. Das bedeutet, die Städtebauförderung ist ein hocheffektives Investitionsprogramm, schafft Arbeitsplätze und führt zu höheren Steuereinnahmen und Sozialbeiträgen auf Seiten des Bundes. Die Kürzung macht auch ökonomisch keinen Sinn."

- Wohngeld

Die Bundesregierung will den Bundesanteil für das Wohngeld um 100 bis 130 Millionen Euro kürzen. Die erst 2009 eingeführte Heizkostenkomponente soll ersatzlos gestrichen werden. Für die 800.000 Wohngeldempfänger-Haushalte in Deutschland kann dies zu monatlichen Kürzungen zwischen 10 und 30 Euro führen.

Rips: "Die geplanten Wohngeldkürzungen treffen ausgerechnet die einkommensschwächsten Haushalte in Deutschland, insbesondere Rentner-Haushalte und Geringverdiener. Es ist in einem hohen Maße ungerecht, wenn Einpersonenhaushalten mit einem Durchschnittseinkommen von 583 Euro oder Zweipersonenhaushalten mit durchschnittlich 765 Euro ein Teil des staatlichen Zuschusses zum Wohnen gekürzt wird. Diese Haushalte zahlen heute schon 40 bis 50 Prozent ihres Einkommens für die Miete. Ihnen muss geholfen werden, hier gibt es keine Einsparpotenziale."

Die Bundesregierung will diese Wohngeldkürzungen ohne Zustimmung des Bundesrates in Kraft setzen. Aus Sicht des Deutschen Mieterbundes muss die Länderkammer dagegen eingeschaltet werden.

Rips: "Wohngeld wird je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert. Bis heute sind alle Wohngeldgesetze durch Bundestag und Bundesrat beschlossen worden. Außerdem drohen den Kommunen spürbare Mehrausgaben über ALG II, wenn das Wohngeld tatsächlich gekürzt wird. Gesetze, die die Länder unmittelbar tangieren und die Kommunen finanziell belasten, müssen aus rechtlichen und politischen Gründen im Bundesrat beraten werden."

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Mieterbund e.V. (DMB) Pressestelle Littenstr. 10, 10179 Berlin Telefon: (030) 223230, Telefax: (030) 22323100

(el)

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