Menschenrechte auf der Weltausstellung
(Hannover/Bonn) - Zum Abschluss der Weltausstellung hat amnesty international eine positive Bilanz gezogen: "Für mehrere politische Gefangene hat sich durch den Einsatz der Besucher die Lage deutlich verbessert", sagte Uwe Kirchner, Beauftragter des Vorstands von amnesty
international für die EXPO2000.
amnesty international hat die EXPO2000 Hannover als wissenschaftlicher Kooperationspartner bei der Gestaltung des Ausstellungsbereichs "Menschenrechte" im Themenpark Mensch beraten. "Menschenrechte - eine Investition in die Zukunft" lautete das Motto der ai-Aktivitäten zur Weltausstellung, die auch außerhalb des Expo-Geländes stattfanden. Im Ausstellungsbereich "Menschenrechte" in Halle 7 wurden Besucher über Menschenrechtsverletzungen informiert. amnesty international dokumentierte jeweils drei Fälle von akut bedrohten Menschen, die regelmäßig ausgetauscht wurden. Von drei Fax-Stationen aus konnten Besucher Appell-Faxe an die verantwortlichen Regierungen und Behörden schicken. "Das Angebot, sich für konkrete Personen einzusetzen, wurde hervorragend angenommen. Etliche Besucher haben sich gleich für mehrere Opfer eingesetzt. Vor allem junge Leute wurden neugierig, weil sie selbst aktiv werden konnten", beschreibt Uwe Kirchner, EXPO-Beauftragter von amnesty international den Erfolg der Fax-Stationen. Insgesamt wurden mehr als 50.000 Faxe zu 26 Fällen verschickt. In neun Fällen, die 17 Menschen betrafen, haben die Fax-Appelle von der EXPO2000 dazu beigetragen, dass sich die Lage verbessert hat. "Diese Beispiele zeigen: Jeder Einzelne kann etwas tun", unterstreicht Uwe Kirchner. Betreut wurde der Ausstellungsbereich von rund 60 Freiwilligen aus sieben Ländern.
Zu mehreren Nationentagen fanden weitere Fax-Aktionen in der Innenstadt von Hannover statt. "An diesen Tagen haben wir die Aufmerksamkeit gezielt auf Menschenrechtsverletzungen in den jeweiligen Ländern gelenkt", erläutert Uwe Kirchner den Beitrag von ai.
Zum Nationentag der Türkei am 19. August wies amnesty international mit einer Demonstration und fünf thematischen Stationen, die das EXPO-Gelände mit dem türkischen Konsulat verbanden, auf die prekäre Menschenrechtslage am Bosporus hin. "Eine menschenwürdige Zukunft für alle Menschen in der Türkei ist nur dann möglich, wenn Menschenrechte respektiert und durchgesetzt werden. Auf den Polizeistationen ist Folter aber nach wie vor verbreitet", erklärte ai-Generalsekretärin Barbara Lochbihler.
"One world - one dream - solidarity" unter diesem Motto veranstaltete amnesty international gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zum Tag der Gewerkschaften am 2. September ein Konzert auf dem EXPO-Gelände. "Gewerkschafter sind überdurchschnittlich häufig von Menschenrechtsverstößen betroffen, weil sie sich für die Belange und Rechte anderer einsetzen", erläutert Uwe Kirchner die Zusammenarbeit mit dem DGB.
Eine ganze Reihe von Veranstaltungen waren dem Thema Wirtschaft und Menschenrechte gewidmet. Dazu gehört die Ausstellung "Öl macht arm - Erdölförderung im Niger-Delta und das geplante Erdöl/Pipelineprojekt Tschad/Kamerun", die von Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen begleitet wurde. Auch im "Treffpunkt Weltkirche" und im "Global Dialogue" waren ai-Experten und Mitglieder des Vorstands zu Gast. "In einer globalisierten Welt sind nicht mehr nur Regierungen, sondern auch internationale Wirtschaftsunternehmen in der Pflicht, die Menschenrechte zu achten und zu fördern", so ai-Generalsekretärin Barbara Lochbihler.
Das Engagement von amnesty international auf der EXPO2000 hat auch Kontroversen ausgelöst. So sah sich die Türkei durch einen Beitrag des Ausstellungsbereichs angegriffen. Ein Video und mehrere Schautafeln dokumentierten das Schicksal von 16 Jugendlichen, die 1995 im Polizeipräsidium von Manisa gefoltert worden waren. Auf den Protest der türkischen Behörden hin, hatte die EXPO-Leitung Mitte Juli die beanstandeten Exponate - ohne Rücksprache mit amnesty international - entfernt. Erst nach massivem öffentlichen Druck und der Drohung von amnesty international, sich als Kooperationspartner zurück zu ziehen, wurde die Ausstellung wieder in ihrem ursprünglichen Zustand aufgebaut. "Wir konnten eine von staatlicher Seite geforderte Veränderung der Ausstellung auf keinen Fall akzeptieren. Als unabhängige Menschenrechtsorganisation sind wir den Menschenrechten verpflichtet und sonst niemandem", betont EXPO-Beauftragter Uwe Kirchner.
"Durch die große Resonanz auf den von amnesty international betreuten Ausstellungsbereich fühlen wir uns bestätigt. In den kommenden zwölf Monaten setzen wir uns mit besonderem Nachdruck für die Verhinderung der Folter ein", wies Uwe Kirchner zum Abschluss der EXPO2000 auf die ai-Kampagne gegen die Folter hin, die am 18. Oktober gestartet wurde.
Quelle und Kontaktadresse:
amnesty international (ai)
53108 Bonn
Telefon: 0228/983730
Telefax: 0228/630036