Pressemitteilung | Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe - Bundesverband e.V. (DBfK)

Menschenbild in der KV Sachsen erinnert an dunkle Zeiten

(Berlin) - Die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e. V. hat mit ihrer Stellungnahme vom 22. August 2024 die Abberufung von Dr. Klaus Heckemann aus dem Amt des Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen gefordert. Anlass war das Editorial Heckemanns in den KVS-Mitteilungen 05-06/2024, in dem er sich unter dem Deckmantel der Kostenfrage im Gesundheitssystem über neue Formen der Eugenik auslässt. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) zeigt sich erschrocken über diese Haltung und unterstützt die Forderung der ACHSE.

Das Statement von DBfK-Bundesgeschäftsführerin Dr. Bernadette Klapper:

"Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen breitet in seinem Editorial ein Menschenbild und ein Verständnis von Gesundheitsversorgung aus, das uns zutiefst abstößt. Unter dem Deckmantel der Kostensenkung im Gesundheitssystem pickt er sich Menschen mit seltenen chronischen Erkrankungen heraus, stellt in Frage, ob genetische Diagnostik für diese Menschen gerechtfertigt sei und träumt im nächsten Schritt von genetischer Selektion, damit diese Menschen in Zukunft erst gar nicht mehr geboren werden. Wen erinnert dies nicht an die dunkelste deutsche Vergangenheit?

Nicht nur von der Sache her erinnert das an dunkle Zeiten. Heckemann benutzt sogar das Vokabular der Nationalsozialisten, wenn er für 'Eugenik im besten und humansten Sinn' wirbt. Statt Respekt vor der individuellen Entscheidung und guter Beratung von Frauen und Familien mit Kinderwunsch setzt er auf Selektion und beschreibt diesen gefährlichen Zugriff des Systems skrupellos als humanen Fortschritt. Die Last eines solchen Verfahrens mit all seinen ethischen Fragen und sozialen Folgen mutet er zudem in erster Linie den Frauen zu. Perspektivisch sieht er nämlich die genetische Testung auf Mutationen bei allen Frauen mit Kinderwunsch; Männer sollen erst bei einem Befund der Frau untersucht werden.

Ich setze darauf, dass die zuständige Ärztekammer die Aussagen Heckemanns auf Vereinbarkeit mit der ärztlichen Berufsordnung prüft.

Heckemanns Einlassungen sind ein erschreckendes Beispiel dafür, wie sich der gesellschaftliche Diskurs auch in Fragen der Gesundheitsversorgung verschiebt. Diese Entwicklung bereitet uns große Sorge, insbesondere in Anbetracht der bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. Die Prognosen lassen befürchten, dass sich Haltungen wie die von Heckemann weiter verbreiten. Solche Haltungen vergiften nicht nur das gesellschaftliche Klima, sondern bedrohen auch die Grundprinzipien der Gesundheitsversorgung, die auf Respekt, Gleichbehandlung und dem Schutz der Würde jedes einzelnen Menschen beruhen.

Der ICN-Ethikkodex für beruflich Pflegende fordert uns auf, Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Gesundheitszustand oder ihren genetischen Voraussetzungen respektvoll und ohne Vorurteile zu behandeln. Er stellt klar, dass es unsere ethische Verpflichtung ist, für eine Gesundheitsversorgung einzutreten, die auf den Prinzipien der Menschenwürde, der Gerechtigkeit und der individuellen Entscheidungsfreiheit basiert. Ein System, das auf Selektion und Ausgrenzung setzt, steht im klaren Widerspruch zu diesen Grundsätzen.

Angesichts der drohenden gesellschaftlichen Verschiebungen ist es wichtiger denn je, für eine inklusive und menschliche Gesundheitsversorgung einzutreten und sich klar gegen jegliche Formen von Eugenik und Ausgrenzung zu positionieren. Das gilt für die im Gesundheitswesen Tätigen ebenso wie für alle, die in den bevorstehenden Wahlen entscheiden, welches Menschenbild in ihrem Bundesland vorherrschen soll. Wer heute bereit ist, Diskriminierung und die Verletzung der Menschenwürde zu tolerieren, sollte sich bewusst sein, wie schnell er selbst zum Ziel solcher Haltungen werden kann."

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe - Bundesverband e.V. (DBfK) Anja Kathrin Hild, Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Alt-Moabit 91, 10559 Berlin Telefon: (030) 219157-0, Fax: (030) 219157-77

(mw)

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