Pressemitteilung | Hartmannbund – Verband der Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V.

Mehrheit der Nachwuchsärzte möchte promovieren, aber: Wissenschaftliche Ausbildung im Medizinstudium muss gestärkt werden

(Berlin) - Der "Dr. med." steht bei den Nachwuchsmedizinern hoch im Kurs. Die große Mehrheit der künftigen Ärztegeneration möchte promovieren - wenn auch häufig nicht aus wissenschaftlicher Motivation. Nur 20 Prozent der 2.291 Medizinstudierenden, die an der Hartmannbund-Umfrage "Dr. med. - Heilen ohne Hut?" teilgenommen haben, geben an, später wissenschaftlich arbeiten zu wollen.

Knapp 60 Prozent können sich eine Tätigkeit in der Forschung nicht vorstellen, die übrigen haben dazu noch keine Meinung. Bedenklich in diesem Zusammenhang: Zwei Drittel der Befragten vergeben für die wissenschaftliche Ausbildung an ihren Universitäten und ihre Fähigkeit, wissenschaftlich zu arbeiten, nur die Noten drei bis fünf. Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, sieht deshalb dringenden Handlungsbedarf. "Wenn unsere Nachwuchsmediziner ernsthafte Absichten haben, während ihres Studiums wissenschaftlich arbeiten und promovieren zu wollen, sie aber gleichzeitig ihre wissenschaftliche Ausbildung mehrheitlich als eher mittelmäßig bis schlecht einschätzen, dann muss uns diese Diskrepanz zu denken geben."

Auch das heute eng getaktete und stark verschulte Studium scheint ein Problem zu sein. Zwei Drittel der befragten Studierenden glauben, dass eine fundierte studienbegleitende Promotion unter den heutigen Studienbedingungen nur schwer oder gar nicht realisierbar ist. Die Mehrheit der Befragten fühlt sich darüber hinaus auf ihre Promotion nicht gut vorbereitet. Von den Studierenden, die bereits ihre Dissertation geschrieben haben, vergeben 68 Prozent an ihre Fakultäten die Noten drei bis fünf für die Vorbereitung auf die Promotion, von denen, die noch schreiben, beurteilen dies sogar 85 Prozent so. Das größte Verbesserungspotenzial im Promotionsverfahren sieht die Mehrheit der befragten Studierenden in der Betreuung während der Erstellung der Dissertation sowie in der Erlangung wissenschaftlicher Kompetenz im Studium.

"Die Rahmenbedingungen für eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung sind an vielen Fakultäten scheinbar noch nicht ausreichend geschaffen bzw. etabliert", kommentiert Moritz Völker, der Vorsitzende des Ausschusses "Medizinstudierende im Hartmannbund", die Umfrageergebnisse. Nicht jeder müsse später wissenschaftlich arbeiten, aber es gehöre zum Medizinstudium dazu, studienbegleitend Kernkompetenzen im wissenschaftlichen Arbeiten zu erlangen. Auch diejenigen, die in der Patientenversorgung tätig sein wollen, sollten über wissenschaftliche Skills verfügen, um Studien und Forschungsergebnisse besser einordnen zu können. Hier sieht Völker ebenso Defizite wie bei der interessanten und praxisnahen Vermittlung von Forschung.

Als ein wichtiges Umfrageergebnis konnte denn auch erhoben werden, dass der Nutzen der Promotion für die spätere ärztliche Tätigkeit umso größer angesehen wurde, je besser auch die eigenen wissenschaftlichen Kompetenzen eingeschätzt wurden. "Das bestätigt unsere Annahme, dass nur eine fachlich fundierte und didaktisch ansprechende Vermittlung von Inhalten dazu in der Lage ist, die Studierenden für die eine oder die andere Richtung zu motivieren - vielmehr als jegliche Art der Verpflichtung dies vermag", so Völker.

"Durch die Arbeit am 'Masterplan Medizinstudium 2020' sind in den letzten Jahren wichtige Themen wie die wissenschaftliche Ausbildung ins Hintertreffen geraten. Das wollten wir mit unserer Umfrage deutlich machen - auch angesichts der Tatsache, dass die Kritik an der Art und Weise, wie wir den Dr. med. erlangen, in den letzten Jahren immer lauter geworden ist. Davon bekommen die meisten Studierenden nicht viel mit, aber wir stehen womöglich vor großen Veränderungen", spielt Völker auf die Empfehlung der Hochschulrektorenkonferenz an, die medizinische Promotion postgradual zu erstellen. "Diese Forderung lehnen wir ab, vor allem vor dem Hintergrund der besonderen Umstände unserer medizinischen Ausbildung mit einer Regelstudienzeit von sechs Jahren und der sich anschließenden Facharztausbildung. Es ist dringend notwendig, die promotionsvorbereitende Forschungstätigkeit bereits in das Studium einzubetten", so Völker, der auch gleich den einen oder anderen Vorschlag in petto hat: Promotionsverfahren besser strukturieren, weniger Pflicht - mehr Wahlfreiheit, mehr Zeit für die Wissenschaft.

Dem Vorschlag des Medizinischen Fakultätentages, flächendeckend strukturierte Promotionsprogramme einzuführen und die wissenschaftlichen Inhalte im Medizinstudium stärker zu verankern, "pflichten wir bei, nur darf die Zeit nicht aus den Augen verloren werden, denn diese drängt", so Völker. "Hingegen wird eine im Studium für mindestens neun Monate verpflichtende Forschungstätigkeit, wie sie der Fakultätentag vorschlägt, nicht zu den gewünschten Erfolgen führen. Vielmehr müssen bessere Anreize durch gute Betreuung und interessante Inhalts- und Kompetenzvermittlung geschaffen werden."

An dieser Stelle noch ein kurzer Exkurs zu den Ergebnissen der Promotionsumfrage unter den Assistenzärzten: Von den 1.027 Assistenzärzten, die im Rahmen der Hartmannbund-Umfrage zum Thema "Ärztliche Arbeitswelten. Heute. Und Morgen." Fragen zur medizinischen Promotion beantwortet haben, haben 322 ihren Doktortitel bereits in der Tasche. 468 Assistenzärzte arbeiten noch immer an ihrer Dissertation ‒ die Mehrheit dieser Gruppe hat bereits während des Studiums mit der Dissertation begonnen und fühlte sich nicht gut auf die Promotion vorbereitet. Die große Mehrheit beider Gruppen - derjenigen, die bereits "Dr. med." ist, und derjenigen, die noch schreibt - vergibt für die Vorbereitung auf die Promotion an ihre Universitäten nur die Noten drei bis fünf. Überraschend: Bei der Mehrheit der befragten Assistenzärzte legt der Arbeitgeber keinen Wert auf eine Promotion. Ebenfalls die Mehrheit der Assistenzärzte glaubt, dass die Promotion keinen Nutzen für ihre ärztliche Tätigkeit hat, aber der Doktortitel Einfluss darauf hat, wie sie als Ärzte von ihren Patienten wahrgenommen werden. Das deckt sich auch mit den Antworten zur Motivation, warum der Titel angestrebt wird. Ganz vorn mit dabei: "Gehört einfach zum Arztberuf dazu."

Quelle und Kontaktadresse:
Hartmannbund - Verband der Ärzte Deutschlands e.V., Hauptgeschäftsstelle Michael Rauscher, stellv. Hauptgeschäftsführer, Verbandskommunikation Kurfürstenstr. 132, 10785 Berlin Telefon: (030) 2062080, Fax: (030) 20620829

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