Pressemitteilung | Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V. (ZZF)

"Mehr als nur Futter”: ZZF-Symposium zur TierernĂ€hrung

(Wiesbaden) - Die ErnĂ€hrung nimmt fĂŒr das Wohlergehen von Heimtieren eine SchlĂŒsselrolle ein, wie das Symposium des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) am 14. und 15. Oktober 2023 deutlich machte. Welche Auswirkungen mangelnde oder fehlerhafte Informationen ĂŒber ErnĂ€hrung haben können, sehen TierĂ€rzte immer wieder in ihren Praxen. ZZF-PrĂ€sident Norbert Holthenrich betonte daher in seiner BegrĂŒĂŸung der rund 60 Teilnehmer, dass "die Vermittlung von Wissen eine der wesentlichen Grundlagen fĂŒr einen effektiven Tierschutz bildet.” Die Fachtagung beleuchtete das Thema "TierernĂ€hrung in der Heimtierhaltung” in neun fundierten VortrĂ€gen, die ĂŒber aktuelle Entwicklungen und Erkenntnisse zu Nachhaltigkeit, Deklaration und Inhaltsstoffen informierten.

Zum 27. Symposium hatte der ZZF gemeinsam mit dem Bundesverband praktizierender TierĂ€rzte (bpt), dem Bundesverband der beamteten TierĂ€rzte (BbT) und dem Arbeitskreis "Zoofachhandel & Heimtiere” der TierĂ€rztlichen Vereinigung fĂŒr Tierschutz (TVT) nach Frankfurt am Main eingeladen. Dass TierernĂ€hrung mehr als "nur” Futter, also die Zufuhr von Energie bedeutet, stand im Fokus dieses intensiven Austauschs mit TierĂ€rzten, ZoofachhĂ€ndlern und Tierexperten - neben Forschung und Wissenschaft zu Inhaltsstoffen wurden emotionale Aspekte bei den Tierhaltern ebenso angesprochen wie ökologische Innovationen.

Das Thema Nachhaltigkeit, dargestellt an insektenbasierten Futtermitteln, bildete den Einstieg ins zweitĂ€gige Symposium. Fabiola Neitzel, GeschĂ€ftsfĂŒhrerin der Prombyx GmbH aus Gießen, erlĂ€uterte in ihrem Vortrag, wie ihr Unternehmen eine wertvolle Proteinquelle fĂŒr Heimtierfutter erschließt: "In Indien fallen tausende Tonnen Puppen des Seidenspinners als Abfall der Seidenproduktion an. Wir können uns heute nicht mehr leisten, diese Proteinquelle zu verschwenden.” Aus den Insekten können neben der Seide auch Eiweiß, antimikrobielle Peptide sowie DĂŒnger aus ihrem Kot gewonnen werden.

Von Indien fĂŒhrte der nĂ€chste Vortrag ins bayrische Bergkirchen: FarmInsect produziert Fliegenlarven fĂŒr die Landwirtschaft, um Soja und Fischmehl durch nachhaltig gewonnenes Eiweiß zu ersetzen. "Wachsende Weltbevölkerung, Klimawandel und steigender Fleischkonsum erfordern eine Zunahme der landwirtschaftlichen Produktion um 50 Prozent bis 2050”, erklĂ€rte Dr. Philipp Zimmermann. Am Beispiel der Schwarzen Soldatenfliege zeigte der VeterinĂ€rmediziner von FarmInsect auf, dass der hohe Gehalt an verdaulichem Protein "die Insektenlarven zu einer wirksamen Lösung macht, um die autarke Proteinversorgung in der TierernĂ€hrung zu verbessern.”

Wie die artgerechte ErnĂ€hrung von KleinsĂ€ugern geht (und wie nicht), darĂŒber klĂ€rte Dr. Kerstin MĂŒller, FachtierĂ€rztin an der Freien UniversitĂ€t Berlin, auf: Heimkaninchen brauchen "genau das”, was auch Wildkaninchen fressen. Das Futter soll energiearm und rohfaserreich sein, weil zum einen ihr ursprĂŒnglicher Lebensraum karg ist und zum anderen der Abrieb der lebenslang wachsenden ZĂ€hne ĂŒber das Futter geschieht. Auf die Folgen ungeeigneter ErnĂ€hrung wie Adipositas, Zahnerkrankungen oder Diabetes mellitus wies MĂŒller an FĂ€llen aus ihrer Arbeit an der Kleintierklinik hin.

Ist im Alleinfutter wirklich alles drin? Dr. Julia Fritz legte in ihrem Vortrag dar, wie unlogische oder lĂŒckenhafte Angaben auf Tierfutter zu "unsichtbaren FĂŒtterungsfehlern” fĂŒhren und die Gesundheit der Tiere negativ beeinflussen können. Die Praxisinhaberin von Napfcheck betonte, wie wichtig sowohl die korrekte Deklaration durch die Hersteller als auch Zusatzstoffe fĂŒr ein vollwertiges Alleinfutter sind.

Adipositas ist die hĂ€ufigste ernĂ€hrungsbedingte Erkrankung bei Heimtieren, etwa 44 Prozent der Hunde und 47 Prozent der Katzen sind - je nach Studie - ĂŒbergewichtig. Ursachen und Folgen dieses "gern ĂŒbersehenen, aber tierschutzrelevanten Problems” prĂ€zisierte Dr. Petra Kölle von der Medizinischen Kleintierklinik der LMU MĂŒnchen. Die fehlende Einsicht der Tierhalter und falsche Futtermengen, wobei Snacks hĂ€ufig nicht als Energielieferant mitgezĂ€hlt werden, nannte Kölle neben Krankheit und Kastration als mögliche GrĂŒnde fĂŒr Adipositas. Das Übergewicht beeinflusst die LebensqualitĂ€t, reduziert die Lebenserwartung signifikant und Erkrankungen wie Arthrose und Diabetes fĂŒhren bei den Tieren zu Schmerzen, Leiden und SchĂ€den. Ihr Fazit: Prophylaxe ist einfacher als Gewichtsreduktion.

Gebarfte Hunde haben seltener Übergewicht, da sich ihre Besitzer meistens intensiver mit der FĂŒtterung beschĂ€ftigen. FĂŒr Dr. Petra Kölle liegt hier ein Vorteil der RohfĂŒtterung, wie sie in ihrem zweiten Vortrag ausfĂŒhrte. Diesem positiven Effekt stehen allerdings mögliche Risiken gegenĂŒber wie Magen-Darm-Erkrankungen, Imbalanzen in der NĂ€hrstoff-Versorgung sowie durch rohes Fleisch auf Mensch und Tier potenziell ĂŒbertragbare Krankheitserreger.
Der zweite Tag des ZZF-Symposiums widmete sich zunĂ€chst den Wildvögeln. Ihre Beobachtung stellt fĂŒr viele Menschen oft den einzigen Zugang zur Natur dar. Tierarzt Dr. Marko Legler von der TiHo Hannover sieht darin einen Ansatz, um das Interesse fĂŒr Natur- und Artenschutz allgemein stĂ€rker zu wecken. Die FĂŒtterung, angepasst an die Jahreszeit und die BedĂŒrfnisse der Vögel, schadet nicht und kann lokale Populationen nachweislich unterstĂŒtzen. Das Bewusstsein, dass man mit einer falschen FĂŒtterung auch Schaden anrichten und die Übertragung von Krankheiten fördern kann, sollte jedoch geschaffen werden.
ErnĂ€hrung ist mehr als satt werden: FĂŒr Dr. Markus Baur von der Auffangstation fĂŒr Reptilien, MĂŒnchen e.V., entspricht der reine Bedarf an NĂ€hrstoffen ganz klar nicht dem alleinigen BedĂŒrfnis der Tiere. Im Terrarium finden Reptilien eine geschĂŒtzte "Home Range” vor, die alle Ressourcen bereit stellt, aber auch ein Reizvakuum bedingen kann. Baur plĂ€diert fĂŒr eine verhaltensgerechte (Lebend-)FĂŒtterung, die den Tieren ermöglicht, ihre BedĂŒrfnisse auszuleben. Allerdings muss das Enrichment durch FĂŒtterung aus Sicht des Tierschutzes auch das Futtertier berĂŒcksichtigen und im Einzelfall abgewogen werden.

Zum Abschluss des ZZF-Symposiums berichtete Stephan Hoose, GeschĂ€ftsfĂŒhrer der Josera Petfood GmbH, aus Sicht eines Herstellers, wie die Industrie - von der sorgfĂ€ltigen Auswahl der Rohwaren bis zu sensorischen und chemischen Untersuchungen im Labor - zur gesunden TierernĂ€hrung, aber auch zur nachhaltigen Produktion der Tiernahrung beitrĂ€gt.

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V. (ZZF) Antje Schreiber, Pressesprecherin Mainzer Str. 10, 65185 Wiesbaden Telefon: (0611) 447553-0, Fax: (0611) 447553-33

(mw)

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