Pressemitteilung | UMKEHR e.V. - Informations- und Beratungsbüro für Verkehr und Umwelt

Mehdorn setzt auf Börsengang und hinterlässt verbrannte Erde

(Berlin) - Die Pläne des Bahn-Vorstands zu neuen Preiserhöhungen und Angebotsreduktionen ab Dezember 2004 führen nach Einschätzung der Bahnexpertengruppe "Bürgerbahn statt Börsenbahn" zu neuen finanziellen und Fahrgastverlusten. Sie sind allein dem Ziel geschuldet, den Börsengang der Bahn 2006 zu erzwingen.

Die zur Debatte stehenden Preiserhöhungen von durchschnittlich 3,5 Prozent ab 15. Dezember sind völlig überzogen. Zusammen mit den Erhöhungen vom Frühjahr 2004 (im Schnitt 3,4 Prozent) würden die Bahnfahrpreise dann 2004 insgesamt um gut 7 Prozent ansteigen – mehr als das Dreifache des allgemeinen Preisanstiegs. Sie liegen damit auch deutlich über den Energiepreiserhöhungen, wenn diese anteilig am Bahnumsatz gerechnet werden. Die Bundesregierung trägt für die Misere der Bahn erhebliche Verantwortung: Die Bahn wird weiter mit der Mineralölsteuer und dem halben Satz der "Ökosteuer" belastet, während der Kerosin-Verbrauch im Flugverkehr steuerfrei blieb, die Lkw-Vignette entfiel und die Lkw-Maut ausfiel. Der Bund kürzte 2004 massiv die Schieneninvestitionen. In der Folge versucht die Bahn, die Verluste durch den Griff in die Taschen der Fahrgäste auszugleichen. Fahrpreiserhöhungen führen in der aktuellen Situation jedoch zum Teufelskreis von neuen Fahrgastverlusten. Wie gehabt bei der Bahnpreisreform 2002, die ebenfalls eine Fahrpreiserhöhung darstellte und zu Fahrgast-Einbrüchen führte.

Ähnlich verhält es sich bei den zur Debatte stehenden neuen Kürzungen im IC- und EC-Angebot. Damit sollen die Fahrgäste in die teueren ICE gezwungen werden. Erneut gilt: wie gehabt. Als 2001/2003 der Interregio abgeschafft wurde, um den Umstieg in die teureren IC/EC zu erzwingen, waren ebenfalls Fahrgastverluste die Folge.

Die Lage im Schienenverkehr ist tatsächlich dramatisch. Alle Bereiche im Schienenverkehr der DB AG schreiben rote Zahlen. Die Auslastung der Fernverkehrszüge ist auf 38 Prozent gesunken. Die Behauptung, der Nahverkehr mache "Gewinn", ist absurd: Der Nahverkehr ist über die Regionalisierungsgelder ein zu mehr als 70 Prozent subventionierter Verkehr.

Die neuen Maßnahmen, mit denen das Bahnmanagement unter Bahnchef Mehdorn nun reagieren will, kommen einer Politik der verbrannten Erde gleich. Der Kurs auf eine Schrumpfbahn wird beschleunigt. Es gibt nur eine Erklärung für diese Politik: Kurzfristig sollen schwarze Zahlen produziert werden, um noch vor der Bundestagswahl den Börsengang zu erzwingen.

Dieser Kurs ist falsch. Er muss gestoppt werden. Eine Wende hin zu mehr Verkehr auf der Schiene und zum Abbau der Bahnverluste müsste erste drei Maßnahmen haben:

- Die Trümmer der Bahnpreisreform müssen komplett beseitigt werden. Die Bahn muss zurück zu einem transparenten und im Niveau niedrigeren Bahnpreissystem kommen, in deren Zentrum eine preiswertere BahnCard 50 und eine preislich akzeptable NetzCard ("BahnCard 100") steht.
- Notwendig sind deutliche Angebotsverbesserungen, vor allem in der Fläche und in den Regionen. Ein moderner Interregio ist wieder einzuführen.
- Bund und Länder müssen sich auf eine langfristige und verlässliche Politik für die Schiene verständigen. Auf absurde, unrentable Großprojekte wie Nürnberg-Erfurt ist zu verzichten. Die Schiene als Gesamtsystem zu fördern. Statt Börsenbahn fordern wir die Bürgerbahn.

Quelle und Kontaktadresse:
Arbeitskreis Verkehr und Umwelt e.V. (Umkehr) Exerzierstr. 20, 13357 Berlin Telefon: 030/4927473, Telefax: 030/4927972

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