Pressemitteilung | Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed)

MedInform-Veranstaltung zum Patienten- und Anwenderschutz

(Berlin/Mainz) - Hersteller und Anwender von Medizinprodukten stehen gemeinsam in der Verantwortung, um ein höchstmögliches Maß an Patientensicherheit zu gewährleisten. Die MedInform*-Veranstaltung "Patienten- und Anwenderschutz zuerst" am 13. Juni 2002 in Mainz machte dabei deutlich: Die CE-Kennzeichnung auf den Medizinprodukten steht auch für deren Sicherheit. Bedeutend für die Sicherheit der Anwender von Medizinprodukten ist das Thema der Nadelstichverletzungen, das ebenfalls auf der Konferenz mit rund 40 Teilnehmern aus Industrie, Behörden und Kliniken aufgegriffen wurde.

Dr. Gerd Krisam von der Firma gambro, Herstellerin von Dialysatoren, stellte die Schritte zur Beherrschung des Risikos bei der Entwicklung und Herstellung von Medizinprodukten vor. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Risikoanalyse. Nach der EU-Richtlinie müssen Medizinprodukte einen hochgradigen Schutz für Patienten, Anwender und Dritte bieten. Diesen hohen Sicherheitsanforderungen kommt der Hersteller mit Hilfe der Risikoanalyse nach. Die wichtigsten Schritte dabei sind:

1. Identifikation aller möglichen vom Produkt ausgehenden Gefährdungen
2. Abschätzung der Risiken (Hilfestellung bieten harmonisierte oder nationale Normen)
3. Reduktion unakzeptabler Risiken durch Schutzmaßnahmen oder Warnhinweise
4. Bewertung, ob durch die Maßnahmen neue Gefährdungen entstanden sind
5. Schlussbewertung des Produkts
6. Dokumentation der Risikoanalyse

Die erforderliche Risikobeherrschung muss den gesamten „Lebenszyklus“ eines Produktes abdecken: vom Design über die Herstellung und Prozesskontrolle bis hin zu Lagerung, Transport, Anwendung und Entsorgung. Risikobeherrschung ist dabei eine Aufgabe des Managements. Sie setzt die Einbindung der Risikoanalyse in eine Vielzahl von Geschäftsprozessen und die Managementkontrolle (Risikomanagement) dieser Prozesse voraus, so Dr. Krisam.

Dr. Frank Pitzer vom TÜV Product Service berichtete über die Anforderungen an die Sicherheit bei Medizinprodukten mit Bestandteilen von tierischem Gewebe. Größten Handlungsbedarf sieht er dabei bei Produkten, die komplett aus Gewebe tierischen Ursprungs bestehen (z. B. Herzklappen). Wichtig ist in jedem Fall die Abwägung des Nutzens im Verhältnis zum Risiko. Die besonderen Anforderungen für Medizinprodukte, die Bestandteile tierischen Ursprungs enthalten, regelt der harmonisierte Standard EN 12442. Er ist das wichtigste Werkzeug zur Risikoanalyse über potentielle Kontaminationen, Biokompatibilität, Toxizität oder die Sicherheit des Ausgangsmaterials. Als weiteres Instrumentarium zur Bewertung des von einem Produkt ausgehenden Risikos zieht die Benannte Stelle das "20-Punkte-Schema" des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) heran.

Eine Lösung für das Problem der Rückverfolgbarkeit von Produkten bei entstandenen Problemen präsentierte Dr. Bert Vogel von Centerpulse Orthopedics (ehemals Sulzer Orthopedics). Das SEDICO-Konzept des Unternehmens ermöglicht eine automatische Identifizierung und Verfolgung von Medizinprodukten, in diesem Fall von künstlichen Hüft- und Kniegelenken. Nach der Operation werden die Verpackungen der Produkte mit einem Handgerät gescannt. Die Daten - inklusive der Patientennummer - werden mit dem Einlegen des Scanners in eine Geräteschale automatisch an den Hersteller weiter geleitet. Parallel können die Daten in das Warenwirtschaftssystem des Krankenhauses integriert werden. Geschäftsprozesse werden damit in beide Richtungen elektronisch abgebildet. Wichtig für den Sicherheitsaspekt: Mit dem System ist nachvollziehbar, welcher Patient welche Implantat- und Lot-Nummer hat, da die Daten am Ort des Geschehens dokumentiert werden. Der Scanner kostet inklusive Installation und Schulung 2.200 Euro. In diesem Jahr sollen rund hundert Krankenhäuser mit dem System ausgestattet sein, so Dr. Vogel.

Über das Vorkommen und die Vermeidung von Nadelstichverletzungen informierte PD Dr. Nenad Kralj von der Universität Wuppertal. Verletzungen mit gebrauchten scharfen oder spitzen Instrumenten sind die größten Gefahrenquellen bei der Übertragung vom Hepatitis-B-, Hepatitis-C- oder HIV und stellen damit ein bedeutendes berufliches Risiko bei Beschäftigten im Gesundheitsdient dar, das aber zu wenig im öffentlichen Bewusstsein beachtet wird. Im stationären Pflegebereich stehen Verletzungen mit Hohlnadeln, im chirurgisch-invasiven Bereich mit Instrumenten im Vordergrund. Die medizinischen Handschuhe stellen eine sehr effektive Barriere gegen Erreger dar, werden aber bei Gebrauch sehr häufig beschädigt. Handschuhe sollten während operativer Eingriffe deshalb immer doppelt getragen, regelmäßig überprüft und bei Perforationen ausgetauscht werden. Eine Möglichkeit des technischen Infektionsschutzes stellt der Einsatz sicherer Instrumente vor allem im Bereich der stationären Pflege dar, beispielsweise retraktive Kanülen mit Schutzschildvorrichtungen am Spritzenkörper oder an der Kanüle. Diese Instrumente sind so konstruiert, dass nach Gebrauch die spitze oder scharfe Stelle des Instruments abgeschirmt wird.

Mehr Informationen zu dem Thema gibt es im Internet unter der Adresse www.nadelstichverletzung.de.

Die Qualitätssicherung bei der Aufbereitung im Krankenhaus war das Thema von Sigrid Krüger, selbständige Hygiene-Beraterin. Das Ziel aller Maßnahmen bei der Aufbereitung von Medizinprodukten ist der gesundheitliche Schutz für Patienten, Anwender und Dritte. Verankert sind diese Anforderungen u.a. in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung. Darin wird eine ordnungsgemäße Aufbereitung vermutet, wenn die Empfehlung des Robert-Koch-Instituts und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten beachtet wird. Das Papier gibt detaillierte Anleitungen für die praktische Umsetzung im Rahmen einer Qualitätssicherung. Besonderes Gewicht liegt auf der Reinigung, da, so die Meinung der Experten, nur rückstandsfreie Medizinprodukte sicher sterilisiert werden können. Darüber hinaus wird ein Qualitätsmanagement gefordert, dem eine Risikobewertung und Einstufung der Medizinprodukte zugrunde liegt. Ganz besonderer Beachtung bedarf die Gruppe „kritisch C“. Es wird so weit möglich eine maschinelle Reinigung und Desinfektion gefordert, da nur diese standardisiert und validiert werden kann.

Elke Vogt, Referentin für Verbraucherschutz und Medizintechnik beim BVMed, stellte Empfehlungen des Verbandes zum Umgang mit Medizinprodukte-Retouren vor. Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass Rückware aus medizinischen Einrichtungen kontaminiert ist, beinhalten Retouren eine potenzielle gesundheitliche Gefährdung. Wichtig ist deshalb der Schutz des Personals durch gezielte Anwendung von Arbeitsschutzvorschriften. Der entsprechende Leitfaden „Umgang mit potenziell kontaminierten Retouren“ kann beim BVMed angefordert werden (E-Mail: info@bvmed.de).

Eine neue Richtlinie der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) über die Entsorgung von Krankenhausabfällen stellte Markus Gleis vom Berliner Umweltbundesamt vor. Die gerade erst verabschiedete Richtlinie liefert einen aktuellen Ansatz für die ordnungsgemäße Abfallentsorgung von Einrichtungen des Gesundheitsdienstes. So müssen Abfälle wie Kanülen, Skalpelle und Gegenstände mit ähnlichem Risiko für Schnitt- oder Stichverletzungen in fest verschlossenen stich- und bruchfesten Einwegbehältnissen gesammelt, gelagert und transportiert werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed) Reinhardtstr. 29 b 10117 Berlin Telefon: 030/2462550 Telefax: 030/24625599

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