Pressemitteilung | k.A.

Mazedonien-Einsatz gefährlicher als im Kosovo

(Berlin) - Zum bevorstehenden Mazedonien-Einsatz der Bundeswehr äußerte sich der Vorsitzende des Deutschen BundeswehrVerbandes, Oberst Bernhard Gertz, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur und dem Westdeutschen Rundfunk:

"Ich habe noch keinen getroffen, der davon überzeugt ist, dass die NATO nach 30 Tagen wieder aus dem Land heraus ist", sagte der Verbandschef. "Man muss damit rechnen, dass nach 30 Tagen, in denen nach der jetzigen Planung die Waffen der albanischen Untergrundarmee UCK eingesammelt werden sollen, eine Entwicklung eintritt, die die NATO letztlich zwingen wird, länger im Land zu bleiben - und zwar mit stärkeren Kräften als die jetzt vorgesehenen 3500 Mann." Gertz sieht in diesem Fall nur die Möglichkeit, die deutschen Truppen aus Bosnien-Herzegowina abzuziehen und die Präsenz auf dem Balkan auf Kosovo und Mazedonien zu beschränken.

Nach Auffassung von Gertz wird die NATO "die Abwesenheit von Bürgerkrieg" auf Dauer sichern müssen. "Die Konfliktparteien wollen die NATO aus den unterschiedlichsten Gründen im Land behalten." Vor allem die UCK sehe in der NATO einen Stabilisierungsfaktor und eine Schutzmacht. "Ich denke, der Bundestag sollte davor nicht die Augen verschließen, wenn er in der kommenden Woche zunächst einmal über den 30-Tage-Einsatz diskutiert. Er sollte sich bewusst machen, welche Entwicklungstendenzen möglich sind."

"Wenn die Nato an dem Vorhaben festhält, nach 30 Tagen aus Mazedonien wieder herauszugehen bzw. bei Neubeginn von Bürgerkriegshandlungen das Land sofort zu verlassen, dann macht der bevorstehende jetzige Einsatz zum Einsammeln von Waffen keinen Sinn. Denn nach derzeitiger Auftragslage bedeutet dieses Einsammeln von Waffen die Entgegennahme von freiwillig abgegebenen Waffen. In Kenntnis der Tatsache und der Einschätzung des künftigen Nato-Kommandeurs, des dänischen Generals Gunnar Lange, dass die UCK-Rebellen nicht sämtliche Waffen abgeben werden, hat die Waffensammel-Aktion keinen soliden Wert. Denn wenn die UCK einen Teil der Waffen behält, wird sie auch in der Lage sein, den Konflikt fortzusetzen. Die Nato macht sich mit der Aussage, nach 30 Tagen wieder das Land zu verlassen, unglaubwürdig."

Trotzdem sprach sich Gertz dafür aus, dass die Bundeswehr an der Mission nach der ursprünglichen Planung teilnimmt. Er begründete dies damit, dass die Konfliktparteien in Mazedonien die Präsenz der Bündnisses zum Bestandteil des geschlossenen Friedensabkommens gemacht hätten, der das Schweigen der Waffen überhaupt ermöglicht habe.

Gertz bezeichnete ein sich abzeichnendes längerfristiges Engagement jedoch als ein "riesengroßes Problem" für die Bundeswehr. Das dann erforderliche NATO-Kontingent dürfte 30 000 Mann nicht unterschreiten. Auf die Bundeswehr könnte dann ein Anteil von 5 000 Soldaten entfallen. "Ein solches drittes größeres Szenario neben Bosnien-Herzegowina und Kosovo könnten wir nicht leisten." Es wäre eine zu große Belastung für die Soldaten, die in den Krisenreaktionskräften ihren Dienst leisten, und ihre Familien.

"Wir müssten überlegen, wo wir kürzer treten", meinte der Oberst. Da böte sich an, "sehr genau nachzuschauen", was die Bundeswehr in Bosnien für Aufgaben übernommen habe. Mit dem Aufbau von Häusern und Infrastruktur, der Übernahme von Verwaltungsfunktionen leistete die Armee dort vielfach zivile Aufgaben. Ähnlich wie die Niederländer sollte sich Deutschland auf Einsatzregionen konzentrieren.

Der Mazedonien-Einsatz wird nach Ansicht des Verbandsvorsitzenden auch "risikobelasteter" sein als im Kosovo. Im Gegensatz zu der Nachbarregion seien beide Konfliktparteien auch weiter präsent und großflächig im Land verteilt. "Bei beiden Parteien ist nicht nur Liebe gegenüber der NATO. Insgesamt könnte das Klima in dem Land für die NATO und ihre Soldaten sehr viel unangenehmer werden als das Klima im Kosovo."

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Bundeswehr-Verband e.V. (DBwV) Südstr. 123 53175 Bonn Telefon: 0228/38230 Telefax: 0228/3823220

NEWS TEILEN: