Maskenpflicht für Bewohner*innen von Pflegeheimen absurd und nicht zumutbar
(Berlin) _ Im seit dem 1. Oktober geltenden Infektionsschutzgesetz wurde eine Maskenpflicht für Bewohner*innen in den Gemeinschaftsräumen von Pflegeeinrichtungen verankert. Aus Sicht des Bundesverbands Pflegemanagement ist diese Regelung nicht zumutbar.
Seit mehr als zwei Jahren sind die Einrichtungen bestrebt, den Gesundheitsschutz der Bewohner*innen und ein weitgehend normales Sozialleben in Einklang zu bringen. Viele der Bewohner*innen haben stark unter der sozialen Isolation gelitten und benötigen mehr denn je ein wenig Normalität im Tagesablauf. Die Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes für die Pflegebewohner*innen kommt jetzt da die Pandemie langsam in die endemische Phase übergeht regelrecht zur Unzeit.
Mit der Vorgabe werden nach Ansicht des Bundesverbands Pflegemanagement nicht nur die Persönlichkeitsrechte der Menschen, die in einem Pflegeheim leben außer Acht gelassen, sondern insbesondere die Lebens- und Versorgungsqualität. So sind die Gemeinschaftsräume wesentlicher Teil normalitätsorientierter Pflege- und Betreuungskonzepte und entsprechen den erweitertem Privatbereich der Bewohner*innen. Die Regelung greift also unmittelbar in diesen Bereich ein.
Hinzu kommen die gesundheitlichen Einschränkungen der Heimbewohner*innen. Bis zu 75 Prozent leiden an Demenz und haben Probleme bei der sachgerechten Anwendung der Masken. Für Menschen mit pulmonalen Problemen oder Hörgeräten ist das Tragen der Masken absolut unzumutbar. Zudem schafft die Maske weiterhin die Distanz, unter der gerade die alten Menschen in Pflegeheimen ganz besonders gelitten haben.
"Nach über zwei Jahren Pandemie sollten wir in der Lage sein, intelligente, auf den Erfahrungswerten basierende Lösungen zu schaffen, statt weiter im Aktionismus zu verharren", ärgert sich Peter Bechtel, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Pflegemanagement. "Hier wird der Eindruck vermittelt, dass mit dieser Regelung Ausbrüche in Pflegeheimen verhindert werden können. Das entbehrt jeder Sinnhaftigkeit, denn beim Essen und Trinken kommen die gleichen Menschen naturgemäß ohne Maske zusammen", ergänzt Peter Koch, Vorstandsmitglied der Landesgruppe Baden-Württemberg und Geschäftsführer eines Altenhilfeträgers.
Die Einrichtungen selbst haben die Herausforderung die Regelung umzusetzen, auch wenn sie davon in den meisten Fällen nicht überzeugt sind. Halten sie sich nicht daran, geraten sie - wie schon bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht - mit den Behörden in Konflikt. Was am Ende auf der Strecke bleibt, ist ein weiteres Mal die Versorgungsqualität. Pflegende, die sich mit sinnbefreiten Regelungen herumschlagen müssen, leiden nicht nur persönlich, sondern haben bei ohnehin bestehendem Personalnotstand noch weniger Zeit für ihre eigentliche Aufgabe.
In der Realität sieht es so aus, dass Bewohner*innen und Angehörige über die gesetzliche Vorgabe informiert wurden, von Einrichtungen darauf hingewiesen werden, aber die Umsetzung nicht massiv eingefordert wird. Selbst die lokalen Behörden wissen um dieses Vorgehen, was zeigt, dass das Verständnis für die praxisfremden Regelungen, die ohne jegliche Beteiligung der Pflege, des Pflegemanagements oder der Patientenvertreter*innen getroffen werden, weiter schwindet und die Politikverdrossenheit steigt.
"Ich fühle mich an den Scheinriesen von Jim Knopf erinnert, großes Theater, nichts dahinter. Viele Menschen beschäftigt und wieder einmal die Branche mit Nebenschauplätzen beschäftigt, ohne die Grundprobleme unseres Pflegesystems anzugehen", resümiert Peter Bechtel.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Pflegemanagement e.V.
Sabrina Roßius, Geschäftsstellenleiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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