Markenartikelindustrie erzielt 2002 einen stabilen Umsatz / Krise des Konsums ist Hauptproblem der Marken / Lindenberg fordert konkrete Reformen für die Planungssicherheit der Bürger
(Frankfurt am Main) - Die deutsche Markenartikelindustrie hat 2002 einen Umsatz von 337 Mrd. Euro erwirtschaftet und damit ihr Umsatzniveau gehalten. Dieses Umsatzvolumen entspricht nach Angaben des Markenverbandes, der die Branchenbilanz auf seiner Jahrespressekonferenz am 17. Juni in Frankfurt vorstellte, einem geringfügigen nominalen Rückgang von 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Exportgeschäft stiegen die Markenwarenumsätze im Vergleich zu 2001 um 2,1 Prozent auf 146 Mrd. Euro (Auslandsanteil: 43,3 Prozent). Im Inland gingen die Umsätze um 2,5 Prozent auf 191 Mrd. Euro zurück (Inlandsanteil: 56,7 Prozent).
Vor dem Hintergrund der massiven Konsumflaute und der Stagnation beim privaten Verbrauch können wir mit diesem Ergebnis zufrieden sein, sagte Johann C. Lindenberg. Der Vorsitzende des Markenverbandes und Vorsitzende der Geschäftsführung von Unilever Deutschland forderte die Politik mit Blick auf den verunsicherten und besorgten Bürger dazu auf, die verwirrenden Reformdiskussionen in konkrete kurz- und langfristige Reformmaßnahmen umzusetzen, um endlich Planungssicherheit für den Bürger zu erreichen. Gleichzeitig müsse beim Einkommen mehr Netto vom Brutto übrigbleiben. Es gelte, so Lindenberg, Steuern und Abgaben über den Abbau staatlicher Aktivitäten und Ausgaben fühlbar zu senken.
Denn den schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen in Deutschland konnten sich auch die Markenartikler nicht ganz entziehen. Durch den Stillstand beim privaten Verbrauch, der rund 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes umfasst, hat sich der Wettbewerbsdruck bei den Markenprodukten des täglichen Bedarfs, aber auch bei den langlebigen Gebrauchsgütern, enorm erhöht. Als Gegenbewegung zum kaufmüden und preisfixierten Konsumenten sind die Discounter und die Eigenprodukte des Handels auf dem Vormarsch. Die sog. Private Labels erreichen mittlerweile einen Marktanteil von durchschnittlich rund 30 Prozent (Vollsortimenter: 8 Prozent; Soft-Discounter: 40 Prozent; Hard-Discounter wie Aldi: über 90 Prozent). Ein Großteil der Mitgliedsfirmen des Markenverbandes (78,9 Prozent) gehen derzeit davon aus, dass der Markanteil der Private Labels vor allem bei weiterhin negativem Konjunkturverlauf weiter steigen wird, so ein Ergebnis aus der Frühjahrsumfrage des Verbandes.
Die Krise des Konsums und das deutsche Phänomen der Preisfixierung
Kurzfristig sei aber eher der verunsicherte und besorgte Verbraucher, der sich zu Recht um seine wirtschaftliche Situation und seinen Arbeitsplatz sorgt, das größte Problem für die Markenhersteller, so Lindenberg. Wir haben also keine Krise der Marke wir haben eine Krise des Konsums, betonte der Vorsitzende des Markenverbandes. Weil der deutsche Verbraucher ein höheres Sicherheitsbedürfnis hat, auf wirtschaftliche Krisensituationen stärker reagiert und der Preis schon traditionell eine stärkere Rolle spielt als bei Konsumenten in
anderen Ländern, wird die Kaufbereitschaft zusätzlich gebremst. Mittlerweile hat sich der Verbraucher hierzulande teilweise zum Schnäppchenjäger entwickelt, der beim Gang durch die Regale mit fast schon deutscher Gründlichkeit das günstigste Angebot ansteuert, sagte Lindenberg. Von dem deutschen Phänomen der Preisfixierung, so Lindenberg, seien vor allem die weniger gut positionierten B- und C-Marken, also die Produkte der mittleren Kategorie betroffen. Die A-Marken oder Brand Captain`s stünden dagegen unangefochten im Markt und hätten sogar zum Teil Marktanteile dazugewonnen.
Handel muß seine Performance verbessern
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung appellierte Lindenberg an den Handel, seine Performance bei der Produktpräsentation in Richtung Erlebnis-kauf zu verbessern statt immer nur den Preis als Marketinginstrument zu strapa-zieren. Die Spirale an preisorientierter Werbung unterspüle die Wertschätzung der Marke beim Konsumenten und sei langfristig weder für die Marken selbst noch für den Handel eine wertschöpfende Strategie. Doch auch die Markenartikelindustrie selbst muß ihre Stärken, also Qualität, Innovationskraft und Sicherheit, noch schneller und besser umsetzen, sagte der Vorsitzende des Markenverbandes. Das Produktangebot müsse noch stärker differenziert, Trends müssten noch früher erkannt werden.
Ausblick 2003: Gedämpfter Optimismus
Obwohl sich Konjunktur und Konsumklima im laufenden Geschäftsjahr nochmals verschlechtert haben, gibt der Markenverband eine zumindest gedämpft optimistische Prognose ab. Ein Grund: Die Teuro-Diskussion, die zu Beginn 2002 die Verbraucher zusätzlich in ihrem Kaufverhalten verunsichert hatte, obwohl es bei Markenprodukten nachweislich keine Preiserhöhungen gab, spielt 2003 keine große Rolle mehr. So rechnen knapp 53 Prozent der Mitgliedsunternehmen laut Frühjahrsumfrage des Markenverbandes allen Problemen bei der privaten Nachfrage zum Trotz im Inland mit einem wachsenden Markenartikelumsatz.
Status des Marke und seine volkswirtschaftliche Bedeutung
Die Wertschätzung des Verbrauchers dem Markenartikel gegenüber ist nach wie vor hoch das belegen alle aktuellen Studien. Diese positiven Rezeptionswerte der Marke werden aber derzeit nicht mehr so konsequent in reales Kaufverhalten übersetzt. Die Gründe dafür liegen nach Analyse des Markenverbandes hauptsächlich bei externen Umfeldfaktoren wie Konjunktur, Konsumflaute, erhöhter Sparquote und Verunsicherung der Verbraucher. Auch an der Bedeutung der Markenartikelwirtschaft als der größten und wichtigsten Querschnittsbranche der deutschen Volkswirtschaft hat sich nichts geändert: Ihr Anteil an der gesamten industriellen Produktion in Deutschland liegt bei rund 25 Prozent. Die Konsumgütermärkte werden wertmäßig zu annähernd 80 Prozent von der Marke dominiert. Die Markenartikelindustrie stellt etwa 1,5 Mio. Arbeitsplätze direkt zur Verfügung dazu kommen indirekte Arbeitsplatzeffekte in verbundenen Branchen wie Rohstofflieferanten, Handel, Werbe- und Medienwirtschaft.
Quelle und Kontaktadresse:
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